Corona-Lage in Lübeck

Nach Omikron-Fällen in Disko A1: Kritik an Arbeit des Gesundheitsamts

Nach Omikron-Fällen in Disko A1: Kritik an Arbeit des Gesundheitsamts

Nach Omikron-Fällen: Kritik am Gesundheitsamt

SHZ
Lübeck
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80 bis 90 Prozent der Infizierten in Lübeck haben sich mit der Omikron-Variante angesteckt. Da machen die Party-Gäste des A1 keine Ausnahme. Foto: Sophia Kembowski/dpa/shz.de

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Überlastet? CDU, SPD und Grüne reagieren auf die Arbeit der Behörde. Die Stadt gibt indes weiteren Einblick in die Auswertung der Tests.

Hat die Stadt zu spät reagiert? Nachdem sich Ende Dezember mindestens rund ein Dutzend Partygäste der Diskothek A1 mit der Corona-Variante Omikron infiziert hatten, gibt es nun Kritik an der Arbeit des Lübecker Gesundheitsamts.

Die Behörde komme mit den Aufgaben nicht mehr hinterher. „Bürger berichten, dass der Versuch einer Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt sowohl per Mail als auch per Telefon in den meisten Fällen erfolglos bleibt“, sagte Oliver Prieur, Fraktionsvorsitzender der CDU. Aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens beim Gesundheitsamt fordern die Lübecker Christdemokraten mehr Unterstützung für die Mitarbeiter, genauer: eine personelle Aufstockung, „um den Verlauf der Pandemie wieder unter Kontrolle zu bekommen und die Anliegen der Bürger zu bearbeiten“.

Kritik an den Corona-Maßnahmen kommt auch von den Grünen: Die Fraktion zeigte sich besorgt und enttäuscht über das Corona-Management der Hansestadt vor, während und nach den Feiertagen. Die Grünen sehen vor allem Verfehlungen in der ungenügenden Besetzung und Erreichbarkeit des Gesundheitsamtes, dem Aussetzen von Fallzahlenmeldungen und den zu späten Reaktionen auf Corona-Ausbrüche in Lübeck. Dazu sagte der Vize-Fraktionsvorsitzende Dr. Axel Flasbarth: „Die Verwaltung ist gefordert, die seit fast zwei Jahren etablierten Corona-Prozesse konsequent anzuwenden. Dies ist leider in Lübeck nur ungenügend geschehen. Wir sehen das vor allem am Beispiel der Diskothek A1. Dass die Stadt allerdings erst am 3. Januar – also acht Tage später – die Quarantäne für die Besucher der Diskothek angeordnet hat, kritisieren wir scharf.“

Stadt: Lage konnte erst am 3. Januar beurteilt werden

Die Hansestadt selbst reagierte eher schmallippig zu der Kritik. Am 30. und 31. Dezember seien im Gesundheitsamt erste Anrufe von Besuchern eingegangen, die über einen positiven Selbsttest berichteten. „Die gemäß Allgemeinverfügung erforderliche Bestätigung durch PCR erfolgte erst am Wochenende des 1. und 2. Januar. Erst am 3. Januar konnte die Lage zusammenfassend beurteilt und ausgewertet werden“, berichtete Stadtsprecherin Nicole Dorel.

Weiterhin wird darauf verwiesen, dass die Partys in Trittau bereits am 24. und 25. Dezember stattgefunden hätten, also ein bis zwei Tage früher als in Lübeck. „Die Meldung erfolgte somit durch beide Gesundheitsämter im vergleichbaren zeitlichen Abstand“, so Dorel.

SPD äußert Verständnis

Schützenhilfe erhielt die Stadt indes von der Lübecker SPD. Die Gesundheitsämter müssten das ausbaden, was ihnen die schwarz-grün-gelbe Ampelregierung eingebrockt habe, bemängelte der SPD-Kreisvorsitzende Jörn Puhle. „Auch in Lübeck führt das wie überall kurzfristig zu einer Überlastung der Gesundheitsämter. Deshalb hat auch der Sozialsenator Sven Schindler vorbildlich seinen Urlaub abgebrochen, um die Kollegen zu unterstützen – in Richtung CDU stellt sich dagegen die Frage: Warum macht der zuständige Sicherheits-Senator Ludger Hinsen einfach weiter mit seinem Urlaub und unterstützt nicht mit?“, so Puhle.

Mitarbeiter-Bestand wird aufgestockt

Wie viele Mitarbeiter gerade mit der Kontaktverfolgung beschäftigt sind, konnte die Stadt nicht sagen. „Da es sich hier um einen sehr dynamischen Personaleinsatz handelt, können wir diese Angaben leider nicht liefern ohne das ,Bild' zu verzerren. Aktuell läuft die Aufstockung, so dass täglich Mitarbeiter dazukommen“, sagte Dorel. Die zusätzliche Unterstützung komme aus der Verwaltung und zusätzlich wurde bei der Bundeswehr ein Hilfegesuch beantragt. Gearbeitet werde im Zweischichtbetrieb täglich von 7 bis 20.30 Uhr. Aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens, könne es aber zu zeitlichen Verzögerungen kommen, so Dorel.

80 bis 90 Prozent sind Omikron-Fälle

Unterdessen wird an der Auswertung weiterer Tests gearbeitet. Wie viele zusätzliche Fälle inzwischen zu den bereits elf durch ein Labor bestätigten Infizierten hinzugekommen sind, konnte die Stadt jedoch auf sh:z-Nachfrage jedoch nicht sagen. Zum Vergleich: Die Stormarner Behörden gehen zurzeit davon aus, dass unter den 2000 Gästen, die am 1. und 2. Weihnachtstag im Fun-Parc in Trittau gefeiert haben, sich eine zwei- bis dreistellige Anzahl mit Corona infiziert hat.

Im Fall der Diskothek A1 in Lübeck, wo in der Nacht vom 26. auf den 27. Dezember gefeiert wurde, geht die Hansestadt von rund 600 Gästen aus – von einem Gast ist bislang bekannt, dass er auch im Fun-Park gewesen ist. Die Kontakte aller Lübecker Party-Besucher werden jetzt nachverfolgt. Nicht nur durch die Fälle aus dem A1 sei es nach den Weihnachtsfeiertagen in der Hansestadt zu dem erwarteten Anstieg der Infektionszahlen gekommen. In Lübeck lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Mittwoch bei 292,3 (bundesweit 258,6). Derzeit werden in Lübecker Proben zu 80 bis 90 Prozent die Omikron-Variante gefunden. „Somit muss auch im Fall des A1 davon ausgegangen werden, dass es sich um die Omikron-Variante handelt“, sagte Stadtsprecherin Dorel.

14 Tage Quarantäne sind Pflicht

Die Diskothek ist bereits seit dem 27. Dezember geschlossen. Betriebsleiter Steven Werner wies am Mittwoch im Internet darauf hin, das „mindestens eine Corona infizierte Person bei uns im Musikpark“ war.

Unter den Besuchern haben nun sicherlich viele ein mulmiges Gefühl, zumal viele erst jetzt von der Gefahr einer Infektion erfahren. „Jeder, der während einer Pandemie Clubs besucht, egal ob geimpft, genesen oder getestet, geht bewusst das Risiko ein, sich anzustecken und das Virus zu verbreiten“, schrieb Antonia Bormann bei Facebook – und erntete viel Unverständnis für ihren Beitrag von anderen Nutzern der Plattform.

Für jeden Besucher der Party am 26. Dezember gilt jetzt eine Quarantäne-Pflicht. Die 14 Tage währende Isolation gelte bis zum 9. Januar, teilte die Stadt mit.

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