B.1.1.529

Neue Corona-Variante in Südafrika: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Neue Corona-Variante in Südafrika: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Neue Corona-Variante: Die wichtigsten Fragen und Antworten

SHZ
Johannesburg
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In Südafrika ist eine neue Variante des Coronavirus entdeckt worden – Wissenschaftler sind besorgt. Foto: imago images/Sascha Steinach/shz.de

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Eine neue Variante des Coronavirus ist in Südafrika entdeckt worden. Eine Wissenschaftlerin bezeichnet sie als „die besorgniserregendste, die wir je gesehen haben“. Was bislang über B.1.1.529 bekannt ist – und was nicht.

Beim Lesen dieser Nachricht kommt das Gefühl auf, in einer Zeitschleife gefangen zu sein: In Südafrika ist eine neue Corona-Variante entdeckt worden, Forscher sind besorgt, Deutschland und andere Staaten haben bereits Reisebeschränkungen angekündigt.

Tatsächlich machte die sogenannte Beta-Variante (B.1.351) aus Südafrika im Dezember 2020 Schlagzeilen. Knapp ein Jahr später warnen zahlreiche Forscher wieder nun vor einer neuen Supervariante des Coronavirus, die in Südafrika vermutlich zu rasant steigende Infektionszahlen führt.

Jetzt geht es um die Variante B.1.1.529. Experten befürchten, dass sie wegen ungewöhnlich vieler Mutationen hoch ansteckend sein könnte und zudem den Schutzschild der Impfstoffe leichter durchdringen könnte. Wir klären die wichtigsten Fragen:

Was ist in Südafrika los?

Am Donnerstag hat das südafrikanische Institut für Ansteckende Krankheiten NICD mitgeteilt, es seien in Südafrika 22 Fälle der neuen Variante B.1.1.529 nachgewiesen worden. Mit mehr Fällen sei im Zuge der laufenden Genomanalysen zu rechnen. „Obwohl die Datenlage noch beschränkt ist, machen unsere Experten mit allen Überwachungssystemen Überstunden, um die neue Variante und die damit möglicherweise verbundenen Implikationen zu verstehen.“

Die Zahl der täglich gemeldeten Infektionen in Südafrika stieg am Mittwoch auf mehr als 1200. Anfang des Monats waren es noch rund 100 Neuansteckungen. Bislang hat sich die neue Variante laut Experten vor allem unter jungen Menschen ausgebreitet.

Südafrika ist mit rund 2,95 Millionen Corona-Fällen und mehr als 89.600 Toten das am schwersten betroffene Land in Afrika. Die Impfkampagne ist dort nur schleppend angelaufen, 41 Prozent der Bürger haben bislang eine Dosis erhalten, 35 Prozent sind vollständig geimpft.

Was ist über die neue Variante bekannt?

Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, sagte am Freitagmorgen bei einer Pressekonferenz: „Wir sind tatsächlich in sehr großer Sorge“. Es müsse noch untersucht werden, ob die steigenden Fallzahlen in Südafrika wirklich mit diesem Virustyp zusammenhängen. „Das kann man einfach natürlich so schnell noch nicht beantworten“, sagte Wieler.

Wieler erklärte, weshalb die bisherigen Erkenntnisse so beunruhigend seien: „Das ist eine Variante, die sehr viele Mutationen trägt, insbesondere in diesem Spike-Protein.“ Das Spike-Protein ist der Teil des Virus, mit dem es an menschliche Zellen andockt. Deshalb sind auch viele Impfstoffe gegen ebendieses Spike-Protein gerichtet. Laut Wieler gibt es einige Mutationen an Stellen, an die neutralisierende und therapeutische Antikörper binden.

Zudem habe B.1.1.529 Mutationen in der Nähe der sogenannte Furin Cleavage Site, die eine Rolle bei der Aufnahme des Virus in menschliche Zellen spielt. „Das spricht dafür, dass es eine erhöhte Transmission sein könnte.“ Bei weiteren Mutationen sei noch nicht klar, was sie biologisch bedeuten.

Wieso sind Wissenschaftler jetzt so besorgt?

Laut internationalen Wissenschaftlern weist die neue Variante mindestens zehn Mutationen auf – bei der Delta-Variante sind es zum Vergleich nur zwei, bei Beta drei. „Was uns Sorgen bereitet, ist, dass diese Variante nicht nur eine erhöhte Übertragbarkeit haben könnte, sich also effizienter ausbreitet, sondern auch in der Lage sein könnte, Teile des Immunsystems und den Schutz, den wir in unserem Immunsystem haben, zu umgehen“, sagte der Experte Richard Lessells.

Ein britischer Experte warnte am Freitag, dass die Corona-Impfstoffe weniger effektiv gegen die neue Variante sein dürfte. Es sei „fast sicher“, dass die derzeit verfügbaren Vakzine eine geringere Wirksamkeit bei B.1.1.529 hätten, sagte James Naismith, Professor für Strukturbiologie an der Universität Oxford, in der Radiosendung BBC 4 Today.

Die Wissenschaftlerin Susan Hopkins vom Imperial College in London bezeichnete die neue Variante als „die besorgniserregendste, die wir je gesehen haben“. Die in Südafrika bislang festgestellte Übertragungsrate (R-Wert) liege bei 2. Das ähnele den Werten zu Beginn der Pandemie, so Hopkins im BBC-Radio. Noch seien mehr Daten notwendig, um zu einer abschließenden Bewertung zu kommen.

Besteht die Gefahr, dass meine Impfung nicht mehr wirkt?

„Da die Impfstoffe gegen alle bisherigen Varianten effizient sind, gehe ich davon aus, dass auch gegen diese Variante Impfschutz besteht“, sagte Richard Neher der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Neher ist Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel. „Allerdings ist es durchaus vorstellbar, dass es vermehrt zu Durchbruchsinfektionen kommt, sodass eine dritte Dosis umso wichtiger wird.“ Auch Immunologe Watzl geht nicht davon aus, dass die Impfung sich als nutzlos erweist. „Es kann sein, dass die Schutzwirkung abnimmt, aber wir sind nicht schutzlos“, sagte Neher.

Der Mainzer Impfstoffhersteller Biontech hat als Reaktion auf das Bekanntwerden der Variante neue Untersuchungen gestartet. Die Daten aus nun laufenden Labortests würden Aufschluss geben, ob eine Anpassung des Impfstoffs erforderlich werde, wenn sich diese Variante international verbreite. Man rechne spätestens in zwei Wochen mit Erkenntnissen.

Wo ist die Variante bisher nachgewiesen?

Stand Freitagnachmittag ist B.1.1.529 in folgenden Ländern entdeckt worden:

  • in Südafrika
  • in Botswana
  • in Hongkong
  • in Israel
  • in Belgien

RKI-Chef Wieler sagte am Freitagmorgen, dass die Variante bisher noch nicht in Deutschland entdeckt worden sei. „Bis halb 10 ist mir nicht bekannt, dass in Europa oder in Deutschland diese Variante bislang gefunden wurde“, sagte Wieler. Zugleich betonte er: „Wir sind tatsächlich in sehr großer Sorge.“

Was sagt der deutsche Gesundheitsminister?

Auch der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte sich am Freitag zur neuen Virus-Variante. Spahn sagte, die Variante habe eine hohe Zahl von Mutationen, die zumindest erstmal auch Anlass zur Sorge sind, teilte Spahn mit. Wie ansteckend sie ist, wie gut der Impfschutz gegen sie wirkt und ob sie abweichende Krankheitsverläufe nach sich zieht – all dies sei Gegenstand laufender Untersuchungen: „Die entsprechenden Tests finden statt.“

„Unser Ziel muss sein, den Eintrag dieser Variante so weit es geht zu vermeiden. Das ist das Letzte, was wir jetzt in unserer momentanen Lage brauchen können“, sagte Spahn.

mit dpa/afp

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