World Voyager im Hafen

Nur noch Ökoschiffe? Flensburg stellt Kreuzfahrt-Tourismus auf den Prüfstand

Nur noch Ökoschiffe? Flensburg stellt Kreuzfahrt-Tourismus auf den Prüfstand

Flensburg stellt Kreuzfahrt-Tourismus auf den Prüfstand

SHZ
Flensburg
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Leserin Marina König hat mit einem Drohnenfoto die Einfahrt der World Voyager in den Flensburger Hafen festgehalten. Foto: Marina König / SHZ

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Das erste Mal seit dem Lockdown hat wieder ein Kreuzfahrtschiff in Flensburg festgemacht. Der Besuch entfacht eine Grundsatzdebatte.

Es war kurz vor 8 Uhr am Mittwochmorgen, als das Kreuzfahrtschiff World Voyager rückwärts in den Hafen manövrierte: Das erste Mal seit Ende des Corona-Lockdowns, dass wieder ein größeres Passagierschiff am Flensburger Hafen festmachte. „Im September haben wir bereits zwei weitere Anmeldungen von Kreuzfahrtschiffen“, sagt Schiffsmakler Hans-Heinrich Callesen, der mit der Agentur Brink & Wölffel den Hafenbetrieb abwickelt. Doch wie viele es in ferner Zukunft in Flensburg überhaupt noch sein werden, ist ungewiss. Denn Gorm Casper, Chef der Tourismusagentur Flensburger Förde, will den Kreuzfahrttourismus an der Förde revolutionieren.

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Oder wie er vorsichtiger sagen würde; „bilanzieren“, welchen Nutzen er Flensburg bringt – und welchen möglichen Schaden. „Wir bekommen sehr oft die Kritik zu hören, dass die Kreuzfahrer nicht ökologisch sind“, sagt er. „Das muss man beachten.“ Deswegen möchte Casper der Politik nach der Sommerpause ein Papier vorlegen, auf dessen Basis eine Entscheidung gefällt werden kann, wie sich der Kreuzfahrttourismus künftig entwickeln soll.


Beispielsweise mit einer anderen Bewerbung des Anlegeplatzes: „Man könnte zukünftig den Fokus darauf legen, Kreuzfahrer herzubekommen, die einen ökologischen Antrieb haben“, sagt Casper.

Erst vor wenigen Monaten hatte Eckernförde den drastischen Schritt gewagt und Kreuzfahrtschiffe gänzlich aus der Bucht verbannt. Ob es auch in Flensburg soweit kommt, ist noch fraglich. „Das soll kein Schnellschuss sein, Kreuzfahrer zu verbieten“, sagt der Tourismuschef. Er will eine ergebnisoffene Debatte anregen, macht aber auch klar: „Man muss auch schauen, wo der ökonomische Vorteil ist“, sagt er. Eine Landstromanlage zu errichten, koste mehrere Millionen Euro. Zudem seien viele Kreuzfahrt-Betriebe noch nicht so weit und nur wenige hätten umweltfreundlich betriebene Schiffe in ihrer Flotte.

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Mit den Kreuzfahrtschiffen würden zwar viele Gäste nach Flensburg kommen, aber: „Wenn 2000 Leute auf einmal wie aus einer Kechtupflasche in die Stadt gespült werden, erzeugt das häufig ein negatives Gefühl von Überfüllung“, sagt Casper. „Allerdings“, räumt er ein, „reden wir bei Kreuzfahrern auch vom Multiplikator-Effekt. Und der ist Gold wert.“

Genau darauf pocht auch Hans-Heinrich Callesen, der sich entrüstet über ein mögliches Kreuzfahrtverbot äußert. „Das kann ich nicht nachvollziehen“, sagt er. „Die Stadt Flensburg will doch Geld verdienen.“ Am Kreuzfahrttourismus würde nicht nur die Stadt, sondern auch am Betrieb beteiligte Unternehmen und nicht zuletzt seine Agentur verdienen – Unternehmen, die in Flensburg schließlich Steuern zahlten, sagt Callesen. Aus seiner Sicht ist der Hafen für den Tourismus ein entscheidender Faktor: „Flensburg wird als Destination für die Kreuzfahrer immer wichtiger“, sagt er.

Moderne umweltfreundliche Technik

Auch die Schiffstechnik entwickele sich schließlich immer weiter. „Ein Großteil der Abgase wird rausgewaschen, da wird viel gemacht“, so Callesen. Die Schiffe, die kämen, sehe er „absolut nicht als umweltschädlich für Flensburg an.“

Die positiven Effekte, wie etwa die Kreuzfahrttouristen als Multiplikatoren für das Urlaubsziel Flensburg, müsse man aber in Relation sehen, betont Casper. Etwa im Verhältnis zu den Touristen, die man auch ohne Kreuzfahrt bereits in der Stadt habe und die ebenfalls als Multiplikatoren dienen würden.

In den nächsten Jahren soll der Wirtschaftshafen für die Sanierung des Gebietes Hafen-Ost ans Westufer ziehen. Auf der Ostseite soll eigentlich nach bisherigem Stand der Planung ein Liegeplatz für Kreuzfahrtschiffe erhalten bleiben – doch ob es hier Sinn ergebe, eine entsprechend teure Landstromanlage vorzuhalten, müsse man ebenfalls untersuchen, sagt Casper. Für ihn lautet die Grundsatzfrage: „Wie viel Gewicht will man dem Kreuzfahrttourismus geben?“ Nach der Sommerpause soll darüber die Politik diskutieren.

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