Corona-Hotspot Flensburg

Oberbürgermeisterin Simone Lange: „Das Infektionsgeschehen ist wieder recht diffus“

Oberbürgermeisterin: „Das Infektionsgeschehen ist wieder recht diffus“

„Das Infektionsgeschehen ist wieder recht diffus“

SHZ
Flensburg
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„Das erhöhte Fallgeschehen ist in seinem Ursprung zu wesentlichen Teilen auf das zunehmende Reisegeschehen zurückzuführen“, sagt Oberbürgermeisterin Simone Lange. Foto: Michael Staudt/shz.de

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Im Interview äußert sich Simone Lange zum Infektionsgeschehen und zu einer möglichen Verschärfung der Corona-Maßnahmen. Sie erklärt zudem, warum die Stadt Flensburg die Namen von Schulen mit Corona-Fällen nicht nennt.

Binnen weniger Tage hat sich Flensburg zum Corona-Hotspot in Deutschland entwickelt und hatte zeitweilig sogar bundesweit den höchsten Inzidenzwert. Im Interview mit unserem Reporter Julian Heldt erklärt Oberbürgermeisterin Simone Lange, warum die Pandemielage eine andere als vor einem halben Jahr ist, sich die Kontaktnachverfolgung schwieriger gestaltet und Namen von Schulen mit Corona-Fällen nicht genannt werden.

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Frau Lange, seit mehreren Tagen gehört Flensburg zu den Städten mit dem höchsten Inzidenzwert in Deutschland. Anfang Juli lag dieser noch bei 0. Wie erklären Sie das aktuell erhöhte Fallgeschehen?
Lange: Das erhöhte Fallgeschehen ist in seinem Ursprung zu wesentlichen Teilen auf das zunehmende Reisegeschehen zurückzuführen. Gerade zu Beginn des Anstiegs war der Anteil der Reiserückkehrer dominierend. In der Folge sind nun auch weitere Infektionen im Umfeld der Betroffenen zu verzeichnen gewesen. Inzwischen ist die Infektionslage mit diesem Ausgangspunkt wieder recht diffus. Der allgemeine Trend mit einer deutlichen Zunahme des Infektionsgeschehens ist im Übrigen in den Bundesländern zu verzeichnen, deren Ferien relativ früh begonnen haben.

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Welche Maßnahmen ergreift die Stadt Flensburg, um die Infektionszahlen nicht weiter ansteigen zu lassen?
Die Stadt Flensburg setzt auf die bewährten Instrumente. Allerdings ist die Pandemielage eine andere als noch vor einem halben Jahr. Den steigenden Zahlen stehen bisher kaum schwere Verläufe gegenüber. Hier sind wir in enger Abstimmung mit den Krankenhäusern, damit wir auf mögliche Veränderungen schnell reagieren können. Aus unserer Sicht ist die aktuelle Situation darauf zurückzuführen, dass inzwischen auch in Flensburg und im Flensburger Einzugsgebiet viele Menschen geimpft sind. Außerdem stecken sich derzeit vor allem jüngere Menschen an, bei denen das Risiko für schwere Verläufe deutlich geringer ist als bei älteren Menschen, die in der zweiten und dritten Phase von Corona stark betroffen waren.

Was ist noch anders?
Bemerkenswert ist, dass die Zahl der Kontakte der jetzt betroffenen Gruppe um ein Vielfaches höher ist als in den vorherigen Phasen. Maßnahmen wie Kontaktverfolgung und Quarantäneanordnung müssen deshalb dieser Situation gerecht werden. Aufgabe wird es sein, einen Weg zu finden, der uns auch langfristig gut durch die Pandemie kommen lässt, die ja noch lange nicht vorbei ist. Hier wird gemeinsam mit dem Land derzeit eine Strategie erarbeitet. Wir werben weiter dafür, das bestehende Impfangebot wahrzunehmen, da dies den besten Weg gegen Infektionen beziehungsweise schwere Verläufe darstellt. Die Anordnung von rigideren Maßnahmen wie etwa Einschränkungen im öffentlichen Leben würde im Übrigen auch eine Notlage voraussetzen, wie etwa eine Gefährdung der Handlungsfähigkeit in den Krankenhäusern durch zunehmend schwere Fälle.


Die Stadt Flensburg veröffentlicht aktuell lediglich die reinen Fallzahlen. Informationen zum Infektionsursprung in den einzelnen Fällen werden nicht gemacht beziehungsweise erst auf Nachfrage von Medien. Auch im Umgang mit Corona-Fällen an Schulen sind andere Kreise deutlich transparenter. So veröffentlicht etwa der Kreis Schleswig-Flensburg regelmäßige Reportings, in denen betroffene Schulen aufgelistet werden. Warum setzt die Stadt Flensburg hier nicht auf mehr Transparenz, um die Bürger bestmöglich über das aktuelle Fallgeschehen zu informieren?
Die Aufgabe der Stadt ist es, über die aktuelle Entwicklung zu informieren. Dies tun wir mit der Veröffentlichung der jeweiligen Zahlen und mit der Einordnung dieser in den Gesamtzusammenhang. Eine Veröffentlichung ist aus unserer Sicht immer dann notwendig, wenn diese etwas zur Aufklärung über das Infektionsgeschehen beitragen.

Warum ist dies bei den Schulen nicht der Fall?
Da nicht die jeweilige Schule betroffen ist, sondern einzelne Schülerinnen und Schüler, deren Infektion außerhalb der Schulen liegt. Die Nennung von Schulen suggeriert, dass es ein Infektionsgeschehen mit Ausgangspunkt an Schulen gibt, was nicht der Fall ist. Die einzelnen betroffenen Personen sind selbstverständlich informiert. Es ist im Übrigen auch Aufgabe der Stadt, auch in der derzeitig schwierigen Situation die Funktionalität des städtischen Lebens, auch des Schulbetriebs zu berücksichtigen. Dazu gehört aus unserer Sicht eine Informationspolitik, die nicht durch verkürzte Informationen zur Verunsicherung der Menschen beiträgt.


Ab 11. Oktober werden die sogenannten Bürgertests kostenpflichtig. In Flensburg gibt es aktuell ein breit ausgebautes Testnetz von privaten Anbietern, was dann wahrscheinlich deutlich kleiner werden wird. Plant die Stadt für diesen Fall eigene Infrastrukturen zu schaffen?
Das großangelegte Testen war ein wichtiger Baustein in der Bekämpfung der Corona-Pandemie in der ersten Jahreshälfte. Deswegen haben wir den Vorschlag des Bundesgesundheitsministers sofort aufgegriffen, als dieser ein kostenloses Testnetz in Aussicht gestellt hat. Der Bund hat nun ein neues Verfahren in Aussicht gestellt, dass auch in Flensburg greifen wird. Wichtig ist, dass auch bei den geänderten Rahmenbedingungen ein in der Fläche ausreichendes Testangebot besteht, auch wenn dieses zum Teil kostenpflichtig wäre.

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