Mobilität

Parken kostet bald fast überall in St. Peter-Ording Geld

Parken kostet bald fast überall in St. Peter-Ording Geld

Parken kostet bald fast überall in St. Peter-Ording Geld

Kay Müller/shz.de
St. Peter-Ording
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Im Einsatz: Karin Gerkens und Holger Schau. Foto: Michael Staudt/shz.de

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Karin Gerkens ist vermutlich bei einigen Urlaubern in St. Peter-Ording nicht besonders beliebt, denn sie verteilt die Knöllchen. Warum die Mitarbeiterin in der Verkehrsüberwachung ihren Job trotzdem liebt und die Gemeinde bald mit noch mehr Einnahmen rechnen kann.

Das schlechte Gewissen ist sofort da. „Wir stehen hier nur, weil wir einen Kaffee trinken wollen“, erklärt der Mann aus Lüneburg und schwenkt seine Kaffeetasse. Neben ihm im Auto auf dem Parkplatz am Ordinger Strand sitzt seine Frau und hebt bestätigend die Kaffeekanne. Das Paar hat gerade den Aufnäher mit dem Logo des Amtes Eiderstedt am Ärmel von Karin Gerkens Jacke gesehen – und ahnt, was Leuten wie ihnen blüht, die ihr keinen Parkschein vorweisen können.

„Bei Ihnen ist es aber teuer.“ Solche Sprüche hören Karin Gerkens und ihr Kollege Holger Schau auf ihrer Tour durch den Ort häufiger. Denn auf den meisten Parkplätzen in dem Nordseebad werden drei Euro die Stunde an Parkgebühren fällig. So wie am Strandläuferweg, von dem aus Autofahrer schnell den Deich, den Ortskern und die Strandpromenade erreichen. „Ich will nur mit meinen Kindern auf den Spielplatz“, sagt Marieke Sievert aus Holle bei Hildesheim, die zu Besuch bei Verwandten in St. Peter ist. „Doch neun Euro für drei Stunden – das finde ich ganz schön happig.“ Jetzt hat die Mutter nur einen Parkschein für zwei Stunden gelöst.

„Am Teuersten ist es, wenn man keinen Parkschein löst“, sagt Karin Gerkens auf ihrer Tour durch den Ort, der im Sommer auf ein Vielfaches der ursprünglichen rund 4000 Einwohner anwächst. Was ein Vergehen kostet, kann sie schnell herunter rappeln: Parken auf dem Gehweg = 55 Euro, mit Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer = 70 Euro und ein Punkt. Ist die Parkzeit abgelaufen, kostet das 25 Euro, hat man gar keinen Parkschein = 20 Euro. „Wir richten uns nach dem bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog“, sagt Gerkens. Und seit mit dem die Verwarngelder angehoben worden seien, registriere sie auch weniger Verstöße. Rund 95 Prozent der Verkehrsteilnehmer im Nordseebad verhielten sich richtig.

Doch eines fällt Gerkens auf, die schon 1994 mit dem Job in St. Peter angefangen hat. „Es sind vor allem die Fahrer teurerer Fahrzeuge, die sich öfter nicht an die Regeln halten.“ Einmal habe sie einen Porsche-Fahrer beobachtet, der das Geld für den Parkschein schon in der Hand hatte, dann aber schimpfend abgedreht habe, als er die Preise gesehen hat.

Das Geld aus den Gebühren und den Strafmandaten fließt in die Gemeindekasse. Im vergangenen Jahr hat St. Peter-Ording rund 370.000 Euro aus Parkgebühren und etwa 250.000 Euro aus Buß- und Verwarngeldern eingenommen. Diese Summer wird laut Sven Jacobsen vom Amt Eiderstedt vor allem für Verkehrsprojekte in der Gemeinde benötigt. „Zudem verschlingt auch die Unterhaltung und Bewirtschaftung der öffentlichen Verkehrsflächen von Jahr zu Jahr mehr Geld, weshalb es den Kommunen aus finanzieller Sicht schwer möglich ist, die Parkräume kostenfrei vorzuhalten.“

Laut Jacobsen sind die Gebühren nicht besonders hoch – im Vergleich zu anderen Kommunen. „Der Festlegung liegt ein gemeindeweites Konzept zugrunde, wonach die Gebührensätze je nach Entfernung zum Zentrum oder zum Strand gestaffelt sind.“ Das Verkehrskonzept werde in den kommenden Jahren viel Geld kosten, deswegen wird ab dem kommenden Jahr fast der gesamte Parkraum in dem Nordseebad bewirtschaftet. Schon jetzt ist in vielen Seitenstraßen das Parken nur eingeschränkt möglich. Zu viele Gäste hätten wild geparkt, sagt Karin Gerkens. Andere Verkehrsteilnehmer könnten so nur noch schwer durchkommen.

Noch gibt es in dem Ort Flächen, auf denen Autofahrer umsonst parken können – etwa der Marktplatz im Dorf. Doch ab kommendem Jahr wird auch der bewirtschaftet. Für manche Familie könnte das Parken dann zum Luxus werden. Ordnungsamtsleiter Sven Jacobsen sagt, dass die zusätzlichen Einnahmen aus den Gebühren etwa zur Verbesserung der Radinfrastruktur genutzt werden sollen. „Gleichzeitig werden über die Gebühren bei innerörtlichen Fahrten Anreize geschaffen, um das Auto doch stehenzulassen.“

Denn dass der Ort immer voller wird, sehen die Verkehrsüberwacher jeden Tag. „Es gibt zwar immer mehr und immer größere Autos, der Platz ist aber der gleiche geblieben“, sagt Holger Schau, der erst seit einer Woche in der Verkehrsüberwachung tätig ist. Weil er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in seinem Job als medizinischer Bademeister tätig sein kann, hat er bei der Amtsverwaltung angefangen. „Der neue Job ist gut, ich bin viel draußen, habe Bewegung und Kontakt mit den Leuten.“

Der sei vor allem positiv, sagt Karin Gerkens, die immer Orts- und Gezeitenpläne dabei hat, um Touristen zu helfen, die sie um Rat fragen. „Ich will ja auch informieren.“ Zwar seien manche Parksünder aggressiv, aber persönliche Beleidigungen seien die Ausnahme. „Zettel-Hexe hat mal einer gesagt.“

Doch die zückt nicht immer gleich das Handy und den kleinen Drucker, aus dem sie die Knöllchen ziehen kann. „Wenn jemand zum Parkscheinautomaten geht, gehe ich davon aus, dass er ein Ticket kauft.“ Und auch wenn es Notfälle gibt, weil jemand wegen eines kranken Kindes halten musste oder sie einfach mal nett um Verzeihung bittet, weil die Parkzeit kurz überschritten wurde, lässt sie Gnade vor Recht ergehen.

Denn eines bleibt, auch wenn das Parken in St. Peter-Ording bald fast überall Geld kosten wird: der Ermessensspielraum von Karin Gerkens und Holger Schau. So wie bei dem Pärchen aus Lüneburg, das mit Blick auf die Nordsee schnell einen Kaffee getrunken hat. Als Karin Gerkens sich umdreht, winken ihr die beiden nochmal zu. Doch die Verkehrsüberwacherin ist da längst unterwegs zum nächsten Falschparker.

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