Sylter Anekdoten

Eine Pianistin im Wattenmeer und Kartenspielen mit Udo Lindenberg

Eine Pianistin im Wattenmeer und Kartenspielen mit Udo Lindenberg

Anekdoten aus Sylt

SHZ
Sylt
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Im Lister Wattenmeer griff eine Hobby-Pianistin kräftig in die Tasten. Foto: Archiv Deppe /SHZ

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Wenn einer eine Reise tut, dann kann er bekanntlich was erzählen. Dies gilt auch für so manchen Sylt-Urlauber, der Ungewöhnliches erleben oder erdulden musste.

Angenommen, Sie stehen an einem schönen Sommertag sehr zeitig auf, um einen ausgedehnten Morgenspaziergang am Wattenmeer zu unternehmen. Es liegt schon eine gute Strecke hinter Ihnen, als Ihnen der Wind plötzlich Musik zuträgt. Sie gehen noch ein Stück weiter, da erblicken Sie draußen im freiliegenden Watt eine Dame in festlicher Abendrobe, die auf einem Flügel spielt. Würden Sie Ihren Sinnen trauen? Oder an eine Fata Morgana glauben?

Konzertsaal im Wattenmeer

Im August 1994 hat sich eben diese Szene tatsächlich abgespielt. Seinen Ursprung hatte das ungewöhnliche Ereignis in der Leseraktion einer großen deutschen Zeitschrift. Unter dem Titel „Träume werden wahr“ hatte die Zeitschrift versprochen, außergewöhnliche Wünsche zu erfüllen. Einen solchen hatte eine Leserin, die sich als Konzertsaal das Wattenmeer und als Publikum einen Schwarm Möwen erwählt hatte. Und so schleppten ein paar kräftige Gemeindearbeiter an einem schönen Augusttag um 5 Uhr morgens einen Flügel ins Lister Watt. Die Dame griff begeistert in die Tasten – erst die einsetzende Flut zwang die Pianistin dazu, von der Bühne abzutreten.

61 Stunden Telefonverkehr

Die nächste Episode verdient die Überschrift: Teurer Fernverkehr. Sieben Tage lang verbrachte ein Gast aus Baden-Württemberg Ende der 1990er Jahre seinen Urlaub auf Sylt – von der Insel selbst hat er in dieser Zeit jedoch nicht viel gesehen: Der Mann, der sich unter falschem Namen in einer Wenningstedter Pension einquartiert hatte, hinterließ nämlich nicht nur Mietschulden in Höhe von knapp tausend Mark, sondern auch eine saftige Telefonrechnung: Rund 13.000 Mark hatte der Mann vertelefoniert, wobei er kostspielige Erotik-Hotlines unter der Vorwahl 0190 bevorzugte.

Die Gesamtdauer der Telefonate betrug 61 Stunden – somit hatte der Mann an jedem Tag mehr als acht Stunden am Telefon gesessen. Bevor dem triebhaften Gast die gesalzene Rechnung präsentiert werden konnte, machte sich der Zechpreller schnell aus dem Staub. Erst später konnte die Kripo die Identität des 35-jährigen Telefon-Neurotikers ermitteln.

Enttäuschter Moderator

Heinz Schenk hatte Durst. Es war nämlich stickend heiß im Westerländer Kursaal, wo der Fernseh-Wirt vom „Blauen Bock“ eine Veranstaltung moderieren sollte. Dankbar nahm er daher das Angebot eines Mitarbeiters der Kurverwaltung an, für eine Erfrischung zu sorgen. Worauf dieser das Fenster öffnete.


Getäuscht: Kartenspielen mit Udo Lindenberg

Ein Sylter Unternehmer erinnerte sich an diese Episode: „Eines Tages rief mich ein Freund aus Kampen an: 'Hast du Lust auf eine Runde Skat? Udo Lindenberg spielt übrigens auch mit.' Ich natürlich nix wie hin. Wir kloppten ordentlich Karten, und Udo Lindenberg erzählte unermüdlich von seinen künftigen Projekten. Spannend. Ein paar Tage später erfuhr ich dann: Man hatte ihn verhaftet. Der Mann hatte sich dank seiner frappierenden Ähnlichkeit als Udo Lindenberg ausgegeben und unter diesem Namen als Mietbetrüger in mehreren Sylter Hotels gewohnt.“


In der Westerländer Elisabethstraße erstreckt sich der kleine Friedhof der Heimatlosen. Nur die Zeitpunkte der Beerdigungen und der Strände, an denen man die Toten fand, sind auf den namenlosen Kreuzen vermerkt. Nun hätte man meinen können, dass diese Beerdigungen in aller Stille stattgefunden hätten. Weit gefehlt. Für die Sommerfrischler war es gleichsam ein Event, einem solchen Begräbnis beizuwohnen. Anno 1900 schrieb ein Gast in sein Tagebuch: „Gestern ist eine Leiche bei Rantum an die Insel getrieben. Heut' Nachmittag war das Begräbnis auf dem Friedhof der Heimatlosen. Die Leiche hatte während der Nacht in einem Schuppen gelegen. Sie wurde auf einem rasselnden Bauernwagen an den Friedhof geschafft, wo eine Grube gegraben war.

Ein paar Hundert neugierige Menschen hatten sich versammelt: Herren in Strandschuhen, weißen Anzügen und bunten Mützen. Damen in Tenniskostümen, hellen Hüten und roten Sonnenschirmen. Darüber ein jubelnder Sommertag mit strahlendem Himmel. Wer es aus der Ferne sah, hätte meinen können, dass es sich um irgendein Fest im Freien handle. Einige Fotografen waren auch anwesend, die das Begräbnis im Bilde festhielten und am nächsten Tage für fünfzig Pfennig verkaufen wollten.“

Wanted: Weitere Sylt-Anekdoten

Sie sind Sylter oder Sylt-Urlauber? Und auch Sie haben eine kuriose Begebenheit erlebt – etwa am Strand, im Hotel, im Zug oder ganz woanders? Dann lassen Sie es unseren Autor Frank Deppe für seine weiteren Folgen dieser unterhaltsamen Serie wissen. Er freut sich über Ihre Mail unter der Adresse sylt-medien@web.de.

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