Landgericht Flensburg

Prozess gegen Drogendealer aus Steinbergkirche: Widersprüchliche Aussagen vom Kurier

Prozess gegen Drogendealer aus Steinbergkirche

Prozess gegen Drogendealer aus Steinbergkirche

SHZ
Flensburg
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Der Angeklagte aus Steinbergkirche soll mit Cannabis mehr als 630.000 Euro verdient haben. Foto: Oliver Berg/dpa/shz.de

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Als einer der letzten Zeugen sagte am Dienstag der Richter aus, der den Kurierfahrer verurteilt hatte. Deutlich wurde, dass der Drogenfahrer in seinem eigenen Prozess und in seiner Zeugenaussage vor zwei Wochen sich in elementaren Dingen widerspricht.

Richter Jörn Fehrs musste am Dienstag im Landgericht Flensburg seine Robe gegen den Zeugenstand eintauschen. Im Prozess gegen einen Drogendealer aus Steinbergkirche war seine Aussage gefragt. Bereits vor geraumer Zeit hatte Fehrs den Kurier des Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die teilweise noch nicht rechtskräftig ist.


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Um genau dieses Verfahren ging es nun vor der I. Großen Strafkammer des Landgerichts. Und wie sich herausstellte, hatte der Drogenkurier in seinem eigenen Prozess einige Dinge ganz anders erzählt als in seiner Zeugenaussage im Prozess gegen seinen ehemaligen Geschäftspartner aus Steinbergkirche.

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„Wir haben Anhaltspunkte dafür, dass es der gute Mann mit der Wahrheit nicht so genau genommen hat“, fasste es Verteidiger Jan Smollich zusammen. Seinem Mandaten wird vorgeworfen, mit dem Verkauf von Cannabis mehr als 630.000 Euro verdient zu haben.

Wer schlug wem die Kurierfahrten vor?

Fehrs berichtete vor dem Landgericht, dass der Kurier damals ausgesagt hatte, der heutige Angeklagte hätte ihm die Drogenbeschaffungsfahrten nach Hamburg vorgeschlagen. Ein Widerspruch zu der Aussage des Kuriers vor zwei Wochen. Hier hatte dieser erklärt, dass er selbst die Kurierfahrten vorgeschlagen habe und der Angeklagte ihm hiervon zunächst sogar abriet.

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Laut Fehrs soll der Kurier im Zeitraum seiner Drogenfahrten zwischen November 2018 und März 2019 selbst Marihuana und Amphetamine konsumiert haben.

Wie viel gab es mindestens?

Dieser habe berichtet, für seine Fahrten vom Angeklagten zwischen 750 und 900 Euro bekommen zu haben. Auch in diesem Punkt unterscheiden sich die Zahlen zu jenen, die der Kurier in seiner Aussage am 27. August geschildert hatte. Hier hatte er erzählt, dass es teilweise auch nur 350 Euro pro Fahrt gab.

Auch bei der Anzahl der Drogenfahrten nach Hamburg gab es Widersprüche. In seinem eigenen Verfahren habe der Kurier von „mindestens acht bis zehn Fahrten“ gesprochen, so Fehrs. In der Aussage gegen den Angeklagten war von mindestens fünf Fahrten die Rede.

Kommunikation über selbstlöschende Chats

Fest steht dagegen, dass der Drogendealer aus Steinbergkirche und sein Kurier über verschlüsselte Chats miteinander kommunizierten. Die Nachrichten wurden in einem Messengerdienst geschrieben, der dann wiederum einen Link generierte, der anschließend über WhatsApp nur einmal aufgerufen werden konnte.

Nach der Abholung in Hamburg wurden die Drogen entweder in der Wohnung eines Mittelmanns gebunkert, der nahe eines Kinderheims in Esgrus wohnte oder beim Kurier selbst. Fehrs erklärte, dass die Fahrten laut des Angeklagten wöchentlich beziehungsweise alle zehn Tage stattgefunden hätten.

Neuer Beweisantrag

Nachdem Fehrs von seinem Richterkollegen Mathias Eggers aus dem Zeugenstand entlassen wurde, zauberte Anwalt Smollich noch einen Beweisantrag aus dem Hut. Demnach soll sein Mandat am 5. Januar 2021 zwar bei einer Drogenbeschaffungsfahrt nach Hamburg dabei gewesen sein, von dieser jedoch nichts gewusst haben.

Ein Kumpel habe ihn auf seinem Weg in die Hansestadt mitgenommen und dann bei Freunden rausgeworfen. Dass der Kumpel anschließend Drogen besorgte (5,5 Kilo Marihuana und 100 Gramm Kokain), soll der Angeklagte nicht gewusst haben.

Nächster Verhandlungstag am 20. September

Laut Smollich ist der Mann zu einer Aussage bereit. Ob dieser bereits beim Fortsetzungstermin am 20. September um 13 Uhr vor dem Landgericht Flensburg aussagen wird, ist derzeit noch unklar. Anschließend könnte die Beweisaufnahme geschlossen werden. Mit den Plädoyers und einem Urteil ist noch in diesem Herbst zu rechnen.

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