Nordfriesland

Rentnerin in Mildstedt streitet mit Tierschutzverein über eingeschläferte Tauben

Rentnerin in Mildstedt streitet mit Tierschutzverein über eingeschläferte Tauben

Streit über eingeschläferte Tauben

Annika Jensen/shz.de
Mildstedt
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Ringeltauben auf einem Ast. (Symbolbild) Foto: www.imago-images.de/shz.de

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Renate Junk kümmerte sich 14 Jahre um eine verletzte Ringeltaube und um eine verletzte Türkentaube. Der Tierschutzverein Kaninchenhilfe Nordfriesland wirft ihr Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und das Jagdgesetz vor. Was war passiert?

Ging es ihnen gut oder nicht? Das ist die entscheidende Frage in einer Geschichte, an deren Ende zwei tote Tauben stehen. Alles fing an, als Renate Junk vor 14 Jahren im Abstand von wenigen Monaten zwei Taubenküken bei sich aufnahm. Die heute 80-Jährige hatte die Tiere entdeckt, nachdem sie aus dem Nest gefallen waren, so erzählt es die Mildstedterin gegenüber shz.de.

„Es waren eine Ringeltaube und eine Türkentaube“, sagt sie. Die Ringeltaube sei als Küken von einer Katze angegriffen worden. „Deswegen hat ihr ein Auge gefehlt.“ Flugunfähig seien beide Vögel gewesen. Die Ringeltaube habe einen schiefgewachsenen Schnabel gehabt, der regelmäßig habe geschnitten werden müssen. „Und viermal am Tag musste ich sie füttern. Dazu war sie nicht allein in der Lage.“

Das habe Renate Junk auf ihrem Küchentisch getan. „Ich habe mich mit ihr hingesetzt und sie ist fröhlich gehüpft, hat sich verbeugt und gegurrt. Das war so süß.“ Hin und wieder habe sie mit den Tauben gekuschelt. Die meiste Zeit haben die Tiere in jeweils einem Hamsterkäfig gelebt. „Es ging ihnen gut bei mir. Das hat auch meine Tierärztin bestätigt.“

Vor einigen Tagen musste Junk wegen einer Beschwerde am Bein ins Krankenhaus. Sie hörte sich um, wo sie die Tiere in Pflege geben konnte. Und fand so zur Kaninchenhilfe Nordfriesland. Eine Vertreterin holte die Tiere ab. Die beiden schlossen einen Betreuungsvertrag. „Den konnte ich aber gar nicht lesen, weil ich grauen Star habe“, so Renate Junk. „Die Frau sagte mir, dass sie mit den Tieren zuerst zum Tierarzt geht. Darin habe ich kein Problem gesehen. Warum auch? Die Tiere waren gesund. Wenige Tage vorher hatte sich meine Tierärztin die Tauben noch angesehen.“ Die Vertreterin der Kaninchenhilfe teilte Junk zudem mit, dass sie mit der Wildtierhilfe Nordfriesland in Breklum vereinbaren konnte, die Tauben dorthin zu bringen.

Doch offenbar kamen sie dort nie an. Als Junk aus dem Krankenhaus wieder nach Hause kam, waren die Tauben eingeschläfert. „Ohne, dass ich vorher um Erlaubnis gebeten oder auch nur informiert worden wäre“, empört sich Renate Junk. Was war geschehen?

Tierschützer sind sich einig: Tiere müssen erlöst werden

Eine Vertreterin der Kaninchenhilfe erzählt gegenüber shz.de die Geschichte so: „Ich habe die Tauben bei Frau Junk abgeholt, bin mit ihnen zu unserer Vereinstieräztin gefahren und für uns stand sehr schnell fest, dass die Tiere eingeschläfert werden müssen.“ Auch die Mitarbeiter der Wildtierhilfe in Breklum seien nach Rücksprache der Meinung gewesen, dass diese Tiere erlöst werden müssten.

Sie seien in einem desolaten Zustand gewesen, so die Frau von der Kaninchenhilfe. Schon die Zettel, die Junk für sie zur Betreuung geschrieben hatte, seien für die Frau von der Kaninchenhilfe ein Eingeständnis gewesen, dass es den Tieren nicht gut ging. Auf einem Zettel stand, zu welchen Uhrzeiten die Ringeltaube gefüttert werden muss, weil sie ja nicht mehr in der Lage war, selbstständig zu fressen. Auf dem anderen Zettel stand: „Die Türkentaube fällt manchmal auf die Seite und muss wieder aufgerichtet werden, da sie sonst stirbt.“

Tierschützerin: Frau Junk verstieß gegen Jagdrecht und Tierschutzrecht

„Frau Junk hat mit der Aufnahme der Tauben vor 14 Jahren gegen das Jagdrecht verstoßen“, so die Tierschützerin. „Ringel- und Türkentauben sind Wildtiere. Und ja, man darf, wenn man Wildtiere offenkundig verletzt auffindet, eine Erstversorgung vornehmen, aber man muss gleichzeitig dem Jagdpächter Bescheid geben.“ Das habe Junk nicht getan. „Außerdem dürfen Wildtiere nur versorgt werden, wenn die Aussicht besteht, dass sie wieder ausgewildert werden können. Das war nicht der Fall. Das heißt, die Tauben hätten schon damals von ihrem Leid erlöst werden müssen und davor bewahrt werden müssen, ein leidvolles Leben führen zu müssen.“

Die Frau von der Kaninchenhilfe wirft allen Personen, die daran beteiligt gewesen seien, dass die Tauben 14 Jahre lang unter derartigen Bedingungen hätten leben müssen, schwere Versäumnisse vor. „Die Behörden wussten Bescheid, Frau Junks Tierärztin wusste Bescheid, ihr Betreuer wusste von den Umständen. Sie hat klar gegen das Tierschutzgesetz verstoßen, indem sie die Tiere unter tierschutzwidrigen Bedingungen gehalten hat.“ Die Tauben seien in jeweils einem Kleintierkäfig gehalten worden, „obwohl sie Schwarmtiere sind.“

Und warum hat sie Frau Junk nicht wenigstens darüber informiert, dass die Tauben eingeschläfert werden? „Ja, man kann uns vorwerfen, dass wir sie nicht informiert hatten. Aber zum einen musste sie ins Krankenhaus und wir befürchteten, dass sie das verschieben würde. Und zum anderen war sie später im Krankenhaus nicht mehr erreichbar.“

Renate Junk widerspricht der Aussage, dass die Tiere in einem schlechten Zustand gewesen sein sollen, vehement. „Sie waren beide alt. Und dass sie bei mir so alt wurden, halte ich für ein gutes Zeichen.“ Tauben werden im Durchschnitt bis zu zehn Jahre alt. Junk hat von ihrer Tierärztin eine schriftliche Bestätigung erbeten, dass es den Tieren gut ging. Darin heißt es am Ende: „Zum Zeitpunkt meiner Untersuchung war eine Euthanasie der Tiere nicht angezeigt.“

„Falls sie in einem schlechten Zustand waren, müssen sie den in der Obhut der Kaninchenhilfe angenommen haben“, ist Junk überzeugt. „Ich weiß nicht, was sie mit den Tieren gemacht haben.“ Die Tauben waren zwei Stunden bei der Kaninchenhilfe. Die Vertreterin war sofort zur Tierärztin gefahren, nachdem sie die Tiere bei Junk abgeholt hatte.

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