Windenergie

Schleswig-Holstein braucht viel mehr Fläche für Windräder

Schleswig-Holstein braucht viel mehr Fläche für Windräder

Schleswig-Holstein braucht viel mehr Fläche für Windräder

Dirk Fisser/shz.de
Kiel
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Deutschland will die Windenergie deutlich ausbauen. Deswegen müssen in den Bundesländern deutlich mehr Fläche für Windkraft ausgewiesen werden - auch im Norden. Nur wo? Foto: Karl-Josef Hildenbrand

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Tausende Windräder drehen sich im Norden von Deutschland. Aber das reicht noch nicht, um die Energieziele der Bundesregierung zu erfüllen. Was muss noch geschehen? Viel mehr Fläche ausgewiesen werden!

Im Norden weht der Wind, im Norden drehen sich die Windräder. Zusammengenommen sind 11.580 Anlagen bislang in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern am Netz. Doch das reicht nicht. Die Bundesregierung will die erneuerbaren Energien und damit auch die Windkraft massiv ausbauen.

So viel Fläche für Windenergie

Bürokratie, Umwelt- und Denkmalschutz standen dem bislang häufig im Weg. Das soll sich bald ändern. Am 1. Februar tritt das Wind-an-Gesetz in Kraft, und ab da tickt die Uhr für die Bundesländer: Sie müssen einen gewissen Prozentsatz ihrer Landesfläche für Windkraft ausweisen. Hier soll es dann unkomplizierter als bislang möglich sein, Windräder zu errichten.

Jedes Bundesland hat eigene Vorgaben erhalten: Die Stadtstaaten Hamburg und Bremen müssen 0,5 Prozent ausweisen, die norddeutschen Flächenländer deutlich mehr: Niedersachsen muss 2,2 Prozent erreichen, Mecklenburg-Vorpommern 2,1 und Schleswig-Holstein 2.

Das bedeutet: Auch wenn Nordländer Windkraft-Rankings regelmäßig anführen, müssen sie noch kräftig zulegen. Wir zeigen, wo es noch fehlt und was gemacht werden muss:

SCHLESWIG-HOLSTEIN

Beim Blick auf die bloßen Zahlen könnte sich Schleswig-Holstein eigentlich zurücklehnen. Der Windkraft-Ausbau im nördlichsten Bundesland läuft vergleichsweise gut. Und auch das Flächenziel aus dem Wind-an-Land-Gesetz scheint bereits jetzt umgesetzt: 2 Prozent der Landesfläche sollen ausgewiesen werden, 2,03 Prozent sind ausgewiesen.

Doch die Sache hat einen Haken: Die Bundesregierung kalkuliert Flächen anders, als Schleswig-Holstein es bislang getan hat. Konkret geht es um die teils riesigen Rotoren. Ein Sprecher des Umweltministeriums in Kiel erklärt: „Schleswig-Holstein hat die Vorranggebiete in den Regionalplänen allerdings nach der im Land geltenden „Rotor-In-Regelung“ ausgewiesen. Das bedeutet, dass das Rotorblatt nicht über die ausgewiesenen Flächen hinausragen darf.”

Land setzt Flächenziele um

Der Bund rechnet die Rotoren indes heraus, sodass mehr Windräder auf weniger Fläche passen. Schleswig-Holstein muss nachbessern - und zwar kräftig. Stand jetzt käme das Bundesland laut Landesregierung in Kiel auf einen Flächenanteil von gut 1,3 Prozent. Bis 2032 müssen daraus 2 Prozent werden. So will es das Gesetz.

Immerhin: Das umzusetzen, ist ein wenig einfacher als in Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern. Denn nicht Kreise oder Regionen müssen die planerischen Ziele durchsetzen. Das Land steht selbst in der Verantwortung für die Regionalplanung.

Flächen für Windkraft sollen frühzeitig stehen

Aus dem in diesen Prozess ebenfalls eingebundenen Innenministerium heißt es dazu: „Interne Vorabstimmungen zwischen den zuständigen Ministerien und Vorüberlegungen für die Anpassung des zukünftigen Plankonzeptes laufen bereits. Ziel ist es, die Planung noch in dieser Legislaturperiode fertigzustellen.“ Man wolle die Zwei-Prozent-Vorgabe frühzeitig erreichen. 

Wie hoch der Flächenanteil für Windkraft in den einzelnen Landkreise derzeit ist, kann Landesregierung auf Nachfrage nicht benennen. Ein Blick auf die Verteilung der bereits installierten Windräder macht aber deutlich, wo die bisherigen Schwerpunkte lagen: vor allem an der Ost- und ein wenig an der Westküste, wohingegen das Landesinnere stellenweise große Freiflächen aufweist.

Das Landesamt für Umwelt zählte - Stand 3. Januar - 821 Windräder im Kreis Dithmarschen und 820 in Nordfriesland. Es folgen mit deutlichem Abstand Schleswig-Flensburg mit 428 Anlagen und Ostholstein mit 308.

NIEDERSACHSEN

Schon jetzt sind in Niedersachsen mit 6306 Anlagen die meisten Windräder am Netz. Der neuen rot-grünen Landesregierung reicht das aber nicht, sie will mehr und das Land zum deutschen Windkraft-Streber machen:

Die Koalition in Hannover hat sich darauf verständigt, die Flächenziele der Bundesregierung noch einmal deutlich zu übertreffen. Während das Gesetz 2,2 Prozent bis 2036 fordert, will Rot-Grün das Ziel bereits 2026 erreichen - also in drei Jahren. Bislang sind nach Angaben des Umweltministeriums lediglich 1,1 Prozent der Landesfläche entsprechend ausgewiesen.

Für die Behörden in den Kommunen bedeutet das einen echten Kraftakt. Denn das Ziel des Landes müssen letztlich sie umsetzen: Die Landkreise, die Region Hannover sowie der Zweckverband Braunschweig müssen die Flächen entsprechend benennen. Ähnlich wie die Bundesregierung es mit den Ländern gemacht hat, will auch die Landesregierung den Kreisen dabei Vorgaben in einem Gesetz machen.

Wo bleiben die Ziele für Niedersachsen?

Wo die einzelnen Regionen dabei derzeit stehen, weiß das Land nicht. Aus dem Umweltministerium heißt es: „Hierzu liegen dem Land keine aktuellen Zahlen vor.” In den Kreisverwaltungen wartet man zunehmend ungeduldig auf Signale aus Hannover.

Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages, sagt: „Wir warten händeringend auf die schon für November 2022 angekündigten Flächenziele pro Landkreis und die zugrunde liegende Potenzialflächenanalyse.” Das Ministerium teilt mit, man rechne noch. Meyer warnt: „Wir brauchen die Zahlen, sonst werden die politisch immer ehrgeizigeren Ziele nicht erreichbar sein.“

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Unter den norddeutschen Bundesländern ist Mecklenburg-Vorpommern dasjenige mit dem größten Nachholbedarf. In dem nordostdeutschen Flächenland drehen sich mit 1852 Windrädern vergleichsweise wenige auf den 23.300 Quadratkilometern Landesfläche. Dabei ist es keinesfalls so, dass niemand bauen möchte.

Severin Singe, Sprecher des Windkraft-Entwicklers „UKA - Umweltgerechte Kraftanlagen” sagt: „Über 800 Windenergieanlagen stecken in MV in der Genehmigungspipeline fest. Gerade einmal acht neue Anlagen gingen im ersten Halbjahr 2022 in MV ans Netz.” Zum Vergleich: In Niedersachsen waren es 30, in Schleswig-Holstein sogar 72.

Der Windkraft-Stau beschäftigt die Landesregierung in Schwerin schon seit geraumer Zeit. Umweltminister Till Backhaus (SPD) verspricht zwar regelmäßig Besserung. Doch bis der Stau sich auflöst, wird noch Zeit ins Land gehen.

UKA-Sprecher Singe verweist darauf, dass das für Entwickler erhebliche Probleme mit sich bringt: Dauert die Bearbeitung eines Windkraft-Bauantrags Jahre, sind im Zweifelsfall Gutachten überholt und müssen neu eingeholt werden. Das kostet Geld.

Flächen in Mecklenburg-Vorpommern ungleich verteilt

Und dann wäre da noch das Flächenproblem: In Mecklenburg-Vorpommern müssen deutlich mehr Flächen für Windkraft ausgewiesen werden. Dafür sei nicht die Landesregierung zuständig, heißt es aus Schwerin, sondern vier regionale Planungsverbände. „Jeder [...] soll 2,1 Prozent seiner Flächen für die Windenergienutzung zur Verfügung stellen”, teilt eine Ministeriumssprecherin mit.

Das wird für die einen schwerer als für die anderen: Am weitesten ist die Region West-Mecklenburg, in deren Mitte die Landeshauptstadt Schwerin liegt. Für den ersten Platz reichen gerade einmal 1,1 Prozent ausgewiesene Fläche. Es folgen die Regionen Rostock und Vorpommern mit 0,75 Prozent. Schlusslicht im Nordosten: die Mecklenburgische Seenplatte. Stand der Ausweisung: 0,59 Prozent.

In Kürze, heißt es von der Landesregierung, werde ein Erlass herausgegeben „zur Festlegung landesweit einheitlicher, verbindlicher Kriterien für Windenergiegebiete”. Viel Zeit bleibt nicht mehr, um die bundesweiten Ziele zu erreichen.

Immerhin: Das umzusetzen, ist ein wenig einfacher als in Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern. Denn nicht Kreise oder Regionen müssen die planerischen Ziele durchsetzen. Das Land steht selbst in der Verantwortung für die Regionalplanung.

Aus dem in diesen Prozess ebenfalls eingebundenen Innenministerium heißt es dazu: „Interne Vorabstimmungen zwischen den zuständigen Ministerien und Vorüberlegungen für die Anpassung des zukünftigen Plankonzeptes laufen bereits. Ziel ist es, die Planung noch in dieser Legislaturperiode fertigzustellen.“ Man wolle die Zwei-Prozent-Vorgabe frühzeitig erreichen. 

Wie hoch der Flächenanteil für Windkraft in den einzelnen Landkreise derzeit ist, kann Landesregierung auf Nachfrage nicht benennen. Ein Blick auf die Verteilung der bereits installierten Windräder macht aber deutlich, wo die bisherigen Schwerpunkte lagen: vor allem an der Ost- und ein wenig an der Westküste, wohingegen das Landesinnere stellenweise große Freiflächen aufweist.

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