Einzelhandel im Dorf

So hält sich die Bäckerei Hansen auf dem Land

So hält sich die Bäckerei Hansen auf dem Land

So hält sich die Bäckerei Hansen auf dem Land

Lisa Bohlander/shz.de
Süderschmedeby
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Lydia Wehnert ist der gute Geist der Bäckerei Hansen in Süderschmedeby. Foto: Lisa Bohlander/shz.de

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Seit 1898 gibt es die Bäckerei und Konditorei Hansen in Süderschmedeby. Feuer, neue Eigentümer, verschwundene Kaufmannsläden: Das hat die Filiale schon alles erlebt.

Wenn es eine Konstante gibt beim Bäcker in Süderschmedeby, dann ist es Lydia Wehnert. Die Bäckereifachverkäuferin wirbelt hinter dem Tresen, tütet Brötchen ein, schneidet Brot, huscht in den Hinterraum und nimmt frische Ware an. Keinen Krümel findet man auf dem Tresen, auch in der Auslage und an der Brotschneidemaschine ist Wehnert stets mit ihrem Handbesen hinterher.

Bäcker in Süderschmedeby: Inhaber ist seit 2020 Dennis Fandrey

Seit November 2000, also fast 23 Jahre, arbeitet Wehnert in der Bäckerei und Konditorei Hansen in Süderschmedeby. „Das ist der Mittelpunkt des Dorfes. Hier trifft man sich und hier sind alle auf Du und Du“, sagt die 54-Jährige. Seit 2020 gehört die Bäckerei Dennis Fandrey, der sie mit seiner damaligen Frau übernahm. Seine Ex-Frau ist nicht mehr im Geschäft, dafür helfen seine Mutter, seine ehemalige Schwägerin, Wehnert und 30 weitere Mitarbeiter. Dazu gehören die Filialen in Eggebek, Oeversee, Langstedt und Großenwiehe.

Die Bäckerei hat einige Eigentümer hinter sich. 1970 übernahm Hans Andreas Steffensen das Geschäft, erinnert sich seine Frau Anke Steffensen. Bis zum Feuer Ende der 90er Jahre.  Ein technischer Defekt hatte den verheerenden Brand ausgelöst, der Backstube und Verkaufsraum komplett zerstörte. Zumindest letzterer wurde wieder aufgebaut, mittlerweile ist die Backstube in Langstedt.

Nach dem Brand übernahm die Bäckerei Schattner aus Oeversee die Filiale – zeitgleich fing Lydia Wehnert an. Am Anfang unterstützte Anke Steffensen die junge Mutter: Die erste Stunde stand sie für die junge Mutter im Laden, bis der Kindergarten öffnete. Fandreys Vorgängerin war von 2006 an Eigentümerin.

Ein ganz normaler Vormittag in Süderschmedeby

Den ganzen Vormittag über – von 6.30 bis 11 Uhr ist jeden Tag geöffnet – kommen Kunden aus Süderschmedeby und Umgebung vorbei. Eine ältere Dame aus Langstedt etwa hält zweimal die Woche auf dem Weg an und holt Brötchen. „Ich komme her, seit ich denken kann – früher noch bei Hans. Das ist eine tolle Sache.” Ein Schichtarbeiter holt sein Frühstück, ein weiterer Süderschmedebyer auf dem Weg zur Arbeit steht an. „Der Bäcker ist ja alles, was Süderschmedeby hat“, sagt er und blickt auf die Namen auf den Fächern des örtlichen Sparclubs, an der Wand hinter der Tür. „Mehr gibt’s hier ja nicht.“

Vor Jahrzehnten gab es hier einen Kaufmann mit einer Bäckerei – damals hatte das kleine Dorf gleich zwei davon. Mittlerweile gibt es beides nicht mehr, auch der Kaufmann in Stenderup ist lange Geschichte. Die nächste Bäckereifiliale ist in Tarp.

„So ist das hier – ruhig und beschaulich“, sagt die quirlige Wehnert. Außer zum Kunsthandwerkermarkt, der jedes Jahr an Pfingsten in Süderschmedeby stattfindet. „Dann ist hier wirklich mal was los“ – was Wehnert auch am Umsatz merke. Früher hat ein regelmäßiger Flohmarkt dem Laden Laufkundschaft beschert, auch stand einst ein Werbeschild am Tarper Kreisel. Kundschaft von der A7 komme aber selten. „Mit den Jahren ist es ruhiger geworden.“ Dabei geht die Bäckerei auch mit der Zeit und bietet Kartenzahlung an – ein Viertel der Zahlungen liefen darüber.

Hohe Energiekosten, Mindestlohn: Fandrey plant trotzdem keine Preiserhöhung

Fandrey zufolge komme die Bäckerei über die Runden. Doch Energiepreise und der erhöhte Mindestlohn seien Herausforderungen. Die Brötchenpreise hat der 44-Jährige dennoch kaum erhöht – von 45 auf 50 Cent sei der Preis eines einfachen Herdbrötchens gestiegen. „Eigentlich müssten wir die Preise um 20 Cent anheben, um unseren Marktplatz zu verteidigen“, sagt Fandrey. „Aber dann kommt kein Kunde mehr.” Nur die Produktpalette, die habe er schon reduziert.

Die bunten Schmetterlinge im Schaufenster drehen sich leicht, ein Kunde nach dem nächsten kommt herein, man grüßt sich mit Vornamen. In der Ecke, neben einer alten Kaffeemühle und kleinen Backförmchen, rollt eine kniehohe mechanische Bäckerpuppe immer wieder mit dem Nudelholz unsichtbaren Teig aus. So geht es seit über einem Jahrhundert in Süderschmedeby – wenn es nach Fandrey und Wehnert geht, noch einige Jahre mehr.

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Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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