Trauer in Rendsburg

„Spoida“-Bestatter zur Arbeit mit Corona-Toten – Vorsicht, infektiös!

„Spoida“-Bestatter zur Arbeit mit Corona-Toten – Vorsicht, infektiös!

„Spoida“-Bestatter zur Arbeit mit Corona-Toten

SHZ
Rendsburg
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Für die Bestatter Bastian Stephan und Ariane Mallog vom Rendsburger Traditionsunternehmen „Spoida“ hat sich der Arbeitsalltag durch Corona enorm verändert. Foto: Aljoscha Leptin/Spoida Bestattungen/shz.de

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Im Umgang mit verstorbenen Corona-Patienten gelten viele Sonderregelungen, um mögliche Ansteckungen zu verhindern. Eine Einschränkung trifft Angehörige besonders hart.

81 Corona-Todesopfer gab es seit Beginn der Pandemie im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Doch was passiert, nachdem der Tod festgestellt wurde – werden sie genau wie andere Verstorbene bestattet? Nein, erklärt Bastian Stephan, Bestattungsfachkraft beim Traditionsunternehmen „Spoida“ in Rendsburg. Die Bestattung von Corona-Verstorbenen unterscheide sich massiv von anderen Fällen. Es gelten eine Reihe von Sonderregelungen, die auch Probleme mit sich bringen. „Corona hat in die Bestatter-Branche einen riesigen Krater gerissen“, sagt er.

Bestatter holen die Leichen in der Regel an dem Ort ab, an dem der Mensch gestorben ist. Zu 60 Prozent werden Krankenhäuser angefahren, zu 20 Prozent Pflegeheime und ebenfalls in 20 Prozent der Fälle werden Privatadressen angesteuert, berichtet Stephan. Bei Corona-Verstorbenen ist dies anders. Sie versterben beinahe ausschließlich im Krankenhaus. Von dort holen die Bestatter den Verstorbenen dann aus der Pathologie ab, erklärt Stephan.

Die Krankenhaus-Mitarbeiter haben den Corona-Verstorbenen dann bereits in einen Leichensack, einen sogenannten Bodybag, gesteckt. Das ist bei Verstorbenen, die mit Corona infiziert waren, Pflicht. Die Bestatter nehmen den Verstorbenen in dem Leichensack entgegen und überlassen der Klinik dafür einen frischen Bodybag.

Bestatter rücken in voller Schutzmontur an

Wenn die Bestatter einen Corona-Verstorbenen abholen, tragen sie volle Schutzmontur: Einen Plastikoverall, zwei Paar Handschuhe übereinander, zwei Paar Überziehschuhe und FFP2- oder FFP3-Maske. „Man hat ein mulmiges Gefühl“, sagt Stephan über diese Einsätze. Die Sorge vor einer Infektion sei immer im Hinterkopf. Bislang gab es aber weder bei ihm noch bei einem Kollegen einen Positiv-Test nach Kontakt mit einem Corona-Verstorbenen.

Wie infektiös sind Covid-Patienten?

Wie infektiös sind verstorbene Covid-Patienten überhaupt? Das Robert-Koch-Institut erklärt hierzu auf seiner Website, dass es keine belastbaren Daten dazu gebe, wie viel Ansteckungsgefahr von den Verstorbenen ausgeht. Daher müsse ein Corona-Verstorbener als infektiös behandelt werden. „Niemand weiß etwas Genaues“, sagt auch Bastian Stephan. Er habe das Gerücht gehört, dass ein Corona-Infizierter auch neun Tage nach dem Tod noch ansteckend sei und dass die Viren auch im Kühlraum überleben würden.

Im Normalfall transportieren Bestatter Tote mit einer Trage. Bei Corona-Verstorbenen gilt jedoch die Regel, dass sie sofort in einen Sarg müssen. Bastian Stephan und seine Kollegen legen den Toten in dem Leichensack also noch im Krankenhaus in den Sarg. Bevor dies geschieht, müssen die Bestatter mit den Angehörigen abklären, welchen Sarg sie haben wollen. Hintergrund: Ein Sarg kann in der Regel nicht vernünftig desinfiziert werden, das heißt, Mehrfachbenutzung ist ausgeschlossen, erklärt Stephan.

Wichtige Rituale fallen weg

Sobald der Bodybag geschlossen ist, darf er nicht mehr geöffnet werden. Damit fallen wichtige Rituale weg. Normalerweise wird ein Verstorbener zunächst gewaschen, dann desinfiziert und ein weiteres Mal gewaschen. Anschließend bekommt er seine Kleidung angezogen und kann auf Wunsch der Familie sogar noch geschminkt werden. Anschließend haben Angehörige die Möglichkeit, sich am offenen Sarg noch einmal zu verabschieden. Sie können die Hand des Toten noch einmal halten, sein Gesicht anfassen oder küssen, berichtet Stephan.

All das fällt bei verstorbenen Corona-Verstorbenen weg. Sobald der Verstorbene im Leichensack ist, darf der Bodybag nicht mehr geöffnet werden. Das heißt, die Angehörigen haben keine Chance, ihn noch einmal zu sehen. Teilweise haben sie den Toten auch in den Monaten zuvor nicht sehen können, wenn er isoliert im Krankenhaus behandelt wurde, erklärt Stephan. Er habe einen Fall gehabt, in dem eine Person ihren an Corona verstorbenen Ehepartner schon ein Dreivierteljahr vor dessen Tod nicht mehr sehen konnte.

Dadurch, dass keine Verabschiedung am offenen Sarg möglich ist, fehlt für die Betroffenen ein wichtiger Teil der Trauerarbeit, so Stephan. Ein Verstorbener, der Corona hatte, kommt mit seiner Krankenhauskleidung in den Leichensack. Auf Wunsch der Angehörigen legen er und seine Kollegen die eigene Kleidung des Toten auf den Bodybag, zudem betten sie ihn auf einem Kissen. Sehen können die Angehörigen aber auch das nicht: Die Bestatter dürfen für sie den Sarg nicht öffnen.

Alternativen zum Abschied am offenen Sarg

Den Angehörigen versuche man Alternativen zum persönlichen Abschied am offenen Sarg zu geben, erklärt die Bestattungsfachkraft. So gibt es beispielsweise die Möglichkeit, ein Bild des Verstorbenen neben den Sarg zu stellen. Angehörige können bei Spoida zudem Briefe und Fotos abgeben, die dann mit in den Sarg gelegt werden.

Bestattung mit Bodybag

Und was passiert nach dem Abschiednehmen? Corona-Verstorbene können sowohl feuer- als auch erdbestattet werden. Pflicht ist, dass sie im Bodybag bleiben: Sowohl beim Verbrennen als auch bei der Erdbestattung, so Stephan. Im Falle einer Feuerbestattung gibt es – wie bei allen anderen Verstorbenen auch – zuvor eine Untersuchung durch den Amtsarzt, um auszuschließen, dass ein Mord vertuscht wird. Der Leichensack besteht aus biologisch abbaubaren Materialien, erklärt der Experte.

Warnhinweis auf dem Sarg

Um die Mitarbeiter im Krematorium und auf dem Friedhof zu warnen, wird auf dem Sarg ein Zettel angetackert, auf dem in roter Schrift steht „Warnhinweis: Infektiös“. Falls beispielsweise ein Friedhofsmitarbeiter den Sarg versehentlich beschädigt, weiß er auf diese Weise, dass er sich womöglich infiziert haben könnte, erklärt Stephan.

Wie viele Corona-Verstorbene bei Spoida bislang bestattet wurden, will er mit Verweis auf das Firmengeheimnis nicht verraten. Allerdings habe es durch die Pandemie keinen sprunghaften Anstieg der Arbeitsbelastung gegeben. Stephan führt dies darauf zurück, dass es viele Bestatter in der Region gibt.

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