Urlaub auf Sylt Winter 2022/2023

Steigende Preise durch Energiekrise: Wird Sylt jetzt noch elitärer?

Steigende Preise durch Energiekrise: Wird Sylt jetzt noch elitärer?

Steigende Preise durch Energiekrise: Wird Sylt elitärer?

Lea Sarah Pischel
Sylt
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Die Sylter Natur, wie hier rund um das Quermarkenfeuer in Kampen, ist beliebt. Wer auf der Insel übernachtet, muss jetzt allerdings vielerorts mehr zahlen. Foto: Pischel/shz.de

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Die Preise für Energie und Lebensmittel steigen: Das ist auch auf Sylt spürbar. Die Kosten für Hotelzimmer, essen gehen sowie saunieren sind teurer geworden und die Weihnachtsbeleuchtung bleibt auf der größten deutschen Nordseeinsel vielerort...

Alles wird teurer – auch auf Sylt, der Insel, die bundesweit nicht gerade als preiswerteste Destination bekannt ist. Massiv gestiegene Energiekosten zwingen auch Hotelbetreiber und Restaurantbesitzer auf der größten deutschen Nordseeinsel dazu, die Preise anzuheben, um bestehen zu können. Das sorgt schon jetzt mancherorts für weniger Gäste – und wirkt sich auch auf die Klientel aus, die auf Sylt urlaubt.

Sylt: Teure Fischbrötchen schrecken Gäste ab

Bei Gosch kosten Fischbrötchen und andere Speisen jetzt mehr, das schreckt einige Gäste ab. Es kämen deutlich weniger Menschen, als sonst zu dieser Zeit, sagt Michael Lorenzen, Prokurist des Fischimperiums „Gosch“ auf Sylt. Das könnte sich laut Lorenzen jetzt noch steigern: „Die Gefahr ist relativ groß, dass es zum Jahreswechsel noch weniger wird.“

Grund dafür sei unter anderem, dass viele Gäste angesichts der unsicheren Preisentwicklung – auch bezogen auf die eigene Stromrechnung – vorsichtig sind und sparen. Neben den gestiegenen Gas- und Strompreisen spielt auch für die Gastronomen auf der Nordseeinsel die Preisexplosion bei Lebensmitteln eine Rolle.

In seinem Hotel Landhaus Stricker verlangt Holger Bodendorf seit September eine Energiepauschale von 10 Euro: Insulaner und Urlauber, die das zugehörige Sternerestaurant Bodendorf‘s in Tinnum besuchen, müssen nicht zahlen. Beim Pool bleibt hier alles wie immer: Schließlich würden sie ein Luxushotel buchen, hätten also auch entsprechende Erwartungen. „Da kann ich den Pool nicht einfach runtertemperieren“, begründet Bodendorf die Entscheidung.

Beim Kampener Italiener „Il Ristorante“ bleibt bisher alles beim Alten: „Ich habe keinen Unterschied gemerkt. Unsere Gäste kämpfen hier um die Plätze. Es ist voll“, sagt Inhaber Antonio Kabbani auf Nachfrage von shz.de. Die Preise bei ihm sind für Sylt eher moderat: Schmetterlingsnudeln mit Hackfleischsoße kosten 17,50 Euro – Fischgerichte starten ab 28 Euro.

Auch in den Hotels müssen Gäste jetzt mehr zahlen: Steigende Preise für Energie und Gas treiben einige Hoteliers auf Sylt dazu, die Preise für Übernachtungen in ihren Häusern deutlich anzuheben. „Die Preise werden allgemein steigen, das lässt sich nicht vermeiden – daran werden wir alle nicht vorbeikommen“, sagte Dirk Erdmann, Dehoga-Vorsitzender auf Sylt. Der Einkauf, Energiekosten, Mitarbeiter-Gehälter sowie die Inflation seien hier demnach die preistreibenden Faktoren.

Auch er hatte die Preise für Übernachtung in seinem Hotel Rungholt in Kampen im Frühjahr 2022 angehoben. Hinzu komme für die Gäste jetzt eine „kleine Energiekostenpauschale“, sagt Erdmann.

In seinem Hotel spart der Hotelier an verschiedenen Stellen, um Energie zu sparen. Die Zimmer werden statt auf 25 Grad jetzt nur noch auf 22 Grad geheizt; die Temperatur im Schwimmbad sei gesenkt worden und seit rund fünf Monaten schaltet Erdmann die Saunen in seinem Hotel nur noch abends ein, die Gäste müssen sich anmelden, wenn sie saunieren wollen. Die LED-Beleuchtung im Haus werde über Zeitschaltuhren gesteuert.

Die Urlauber werden jetzt auch weniger Essen gehen, vermutete der Sylter Hotelier zuletzt im Gespräch mit shz.de. In einem gewissen Preissegment spiele das aber keine Rolle. So wie bisher bei den Buchungen in seinem Hotel, bei denen er allerdings im kommenden Jahr einen Abwärtstrend erwartet: „Das Rungholt ist über den Jahreswechsel normal (gut) gebucht, für das Jahr 2023 rechnen wir mit einem kleinen Minus.“

Sylt: Ändert sich jetzt die Urlauber-Klientel?

Die gestiegenen Preise treffen nicht alle Einkommens-Schichten gleichermaßen: „Das, was weniger attraktiv und älter ist, fällt hinten runter, weil es eher von der Klientel gebucht wird, die am härtesten von der Krise getroffen wird und jetzt das Geld eher zusammenhalten muss“, sagt Ole König, geschäftsführender Gesellschafter von König Sylt, Appartements.

Seit rund einem Jahr betreibt er in Westerland zudem das „I love Sylt Hotel Terminus“ – ein Zimmer kostet hier ab 200 Euro pro Nacht. „Für das Strandhotel, das ja eher einer niedrigeren Preisklasse entspricht, kann ich sagen, dass es schlechter gebucht ist als in den Vorjahren.“ Im zugehörigen Hotel-Restaurant Hummerkoje könne er bisher keinen Trend hin zum Gästeschwund erkennen.

Sylt: Freie Betten im Luxus-Segment – Reiche müssen nicht sparen

Das wird auch bei den Ferienwohnungen deutlich: Dass sich Urlauber angesichts von Inflation, steigender Lebensunterhaltungs,- und energiekosten bei den Buchungen zurückhalten, spürt Jörn Clausen, von der Appartementvermittlung Clausen in List, bei einem Teil seiner Kunden deutlich. „Bei den Wohnungen im mittleren und unteren Preissegment haben wir noch Lücken zwischen Weihnachten und Silvester“, sagte zuletzt. Im gehobenen Preissegment sei diese Zurückhaltung bisher nicht zu spüren.

Dass in den höheren Preiskategorien bisher nicht gespart wird, bestätigt auch Jens Brandt, Inhaber von „Sylter Luxus Domizile“: „Wir sind komplett ausgebucht über Weihnachten und Silvester, es ist genau wie jedes Jahr“, sagt der Bremer Unternehmer. Im sogenannten Luxus-Segment, dem Bereich, in dem er Unterkünfte mit insgesamt rund 90 Betten anbietet, seien mangelnde Buchungen demnach kein Problem. In anderen Preissegmenten könnte das anders aussehen, sagt er.

Sylt: Auch Jugendherbergen werden teurer

Die steigenden Kosten für Energie und Lebensmittel treffen auch die Schullandheime. Der Winter werde daher eine Herausforderung, sagt Lea Thomas, Leiterin von Puan Klent auf Sylt. Zwar reisen Ende Oktober die letzten Gäste ab und erst im März die ersten an, aber die Gemäuer müssen auch geheizt werden, wenn niemand hier schläft. „16 Grad brauchen wir in den Häusern, sonst fängt das alles an zu schimmeln“, erläutert Thomas.

Die steigenden Preise für Energie haben Lea Thomas deshalb dazu bewogen, die Preise um rund fünf Euro pro Person und Tag anzupassen. Die Buchungslage scheint unter der Preiserhöhung bislang zumindest nicht gelitten zu haben. „Wir können auf eine sehr erfolgreiche Saison 2022 zurückblicken und auch die nächste Saison ist, was Schulklassen und Gruppenreisen angeht, fast ausgebucht“, sagt die Puan Klent-Leiterin Lea Thomas. 

Auch, wer sich an dunklen Winternachmittagen gern in Schwimmbad oder Sauna aufwärmt, muss dafür auf Sylt jetzt mehr zahlen – und die Öffnungszeiten vorher genau prüfen: Die Sauna im Schwimmbad „Sylter Welle“ öffnet erst mittags und die Wellenmaschine wird seltener gestartet, sagte Peter Douven, Geschäftsführer des Insel Sylt Tourismus-Service (ISTS) auf Nachfrage von shz.de. Die Eintrittspreise ins Schwimmbad waren schon im Sommer für Erwachsene um zwei Euro erhöht worden– für die Sauna werden jetzt drei Euro mehr fällig.

Sylt: Können sich das bald nur noch die Superreichen leisten?

Ob und wie sich die Klientel auf Sylt angesichts der steigenden Preise langfristig verändert, ist bisher unklar. Dafür, dass die Gäste weiterhin nach Sylt reisen, sollten die Gastgeber größtmögliche Transparenz schaffen – denn das sorge für Verständnis bei den Urlaubern, sagte Sylt Marketing GmbH (SMG)-Chef Moritz Luft zuletzt im Gespräch mit shz.de.

„So dynamisch wie jetzt war die Preiskalkulation bisher nicht“, sagt Luft. Die SMG habe demnach zuletzt juristisch geprüft, in welchem Maße die Gastgeber auf Sylt ihre Preise anpassen können, damit es rechtlich sicher ist. „Letztlich passt sich der Preis der Nachfrage an.“ Das trifft vielleicht besonders und gerade auf Sylt zu.

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