Kolumne Fördeschnack

Suche zum Cold Case Maria Wenzel in Flensburg: Warum sich das Stöbern lohnt

Suche zum Cold Case Maria Wenzel in Flensburg: Warum sich das Stöbern lohnt

Cold Case: Warum sich das Stöbern lohnt

SHZ
Flensburg
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Eine Recherche im Zeitungsarchiv kann Schätze bergen, zum Beispiel wenn man Artikel von Januar 1972 überfliegt, als Maria Wenzel in der Apenrader Straße in Flensburg ermordet wurde. Foto: Marcus Dewanger/Uli Nobis/shz.de

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Unsere Autorin hat bei der Archivsuche im Cold Case der ermordeten Maria Wenzel erstaunliche Fundstücke aufgetan und auf der grünen Wiese Wahlkampfspuren entdeckt.

Der Fördeschnack ist eine wöchentliche Rubrik, die Themen rund um Flensburg aufgreift. In dieser werden aktuelle Ereignisse und Probleme glossierend kommentiert.

Nanu? Wird das ein Mais-Experiment mit besonders zivilisationsresistenten Pflanzen? Dort, wo manchmal der Zirkus steht auf der Wiese in Harrislee? Oder eine Pop-up-Bienenwiese? Aus der Ferne betrachtet wackeln weiße Schildchen an Stäben, aus der Nähe erscheinen aufgesprühte Kreuze auf dem Erdboden, die allgegenwärtige Abstände markieren. SSW, FDP, SPD, CDU, Grüne und noch ein paar. Ah, BTW!

Im Kürzel liegt die Wurzel: Ein Schilderwald zur BTW, zur BundesTagsWahl im Herbst wird hier angepflanzt. By the way: Harrislee ist da ein bisschen später dran als Flensburg, aber gewählt wird überall am selben Sonntag. Versprochen.

Schon wieder ein Kannibalisierungsversuch

Der Wahlkampf auf der grünen Wiese kommt also mancherorts noch unscheinbar daher und ohne Personenkult aus. Anderswo gehen die Wahlkämpfer derweil on Tour, raus, ins Grüne. Fürs ZDF-Sommerinterview ging Robert Habeck, Direktkandidat im Wahlkreis 1, sogar bis fast an die Grenze.

Nach Wassersleben, Ortsteil von Harrislee, kurz vor dem Grenzübergang Schusterkate. Und wie begrüßt er dynamischen Schrittes Shakuntala Banerjee? Mit den Worten: „Willkommen in Flensburg!“ Skandal für die stolze Gemeinde und ihre Bewohner, die sich seit jeher der Kannibalisierungsversuche der Nachbarin erwehren müssen!

Die Journalistin korrigiert den Habeck sofort, noch bevor der Schlagabtausch beginnt. Streng genommen, sei das nicht Flensburg, sagt sie vor malerischer Marina-Kulisse. Der Grüne gibt ihr natürlich recht, später nicht mehr so oft. Kritik hagelt es von allen Seiten auf alle beide, ist ja klar und besonders im Netz. Und alle Seiten wehren sich entweder gegen den Vorwurf schlechter journalistischer Manieren oder Inhaltsarmut.


Flensburg oder Harrislee, Hauptsache am Meer. Dass auch die eigene Zunft nicht überall geographisch sattelfest ist, wird hiermit selbstkritisch eingeräumt.

Keine geringere als die FAZ hat Mitte Juli den genannten Bundestagsdirektkandidaten im Bilde gezeigt, und dabei hätte sie es besser belassen. Habeck steht auf einem Deich, natürlich wolkenverhangen, richtet seinen Blick in die Weite, dafür eignet sich so ein Nordfriesland ausgezeichnet… Und was steht unter dem Foto? „… Robert Habeck am Mittwoch auf Husum…“ Drollig.

Abtauchen ins Archiv lohnt sich!

Dennoch lohnt der Blick in alte Zeitungen jederzeit und unbedingt; das Abtauchen ins Archiv kann manchmal so spannend sein, dass das Auftauchen schwerfällt. Der traurige Cold Case der im Januar 1972 ermordeten Flensburgerin Maria Wenzel offenbart nicht nur einen Namensfehler in manchem Bericht (Marie statt Maria) - wer sich irrte, bleibt offen.

Weiterlesen: Im Mord der Flensburgerin Maria Wenzel verfolgte die Polizei damals 250 Spuren

Das Abschweifen in benachbarte Artikel des Flensburger Blattes aus jener Zeit liefert auch Mosaiksteinchen (heute: Pixel) zu einem Bild von damals, die entweder ehrfürchtig werden lassen oder erstaunlicherweise ins Heute passen, natürlich im neuen Kontext. Beispiel für Ehrfurcht beim Stöbern 1972: Eine Zeile kündete von der „ersten Runde um die Ostverträge“ im Bundesrat. Und eine andere verkündete für Dänemark mit Margrethe II. nach 600 Jahren die erste Frau auf dem Thron.


Merkwürdige Koinzidenzen klingen durch bei der Überschrift „Verärgerung in London“, dem „Maskenzwang“ und der Zeile „Nicht hinter jeder Maske steckt ein Narr“. Und geradezu unheimlich weitsichtig, dann schon aus dem Jahr 1982, ist die prominent platzierte Frage, die der Verein Küstenschutz stellte: „Was wird von Sylt im Jahr 2050 übrig sein?“.

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