Dirk Ketelsen in Reußenköge

Vom Biobauern zum Windkraftplaner: So geht Klimaschutz in Nordfriesland

Vom Biobauern zum Windkraftplaner: So geht Klimaschutz in Nordfriesland

So geht Klimaschutz in Nordfriesland

Birger Bahlo/shz.de
Nordfriesland
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Dirk Ketelsen ist leidenschaftlicher Pilot. Er hatte schon immer Klimaschutz im Blick und will noch emissionsfreies Fliegen erleben. Foto: Breezer Aircraft/shz.de

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Die Unternehmen mit dem Dirkshof in Reußenköge als Mittelpunkt stehen für aktiven Arten- und Klimaschutz. Eine Rolle spielt dabei ein Passiv-Radar.

Auch in Nordfriesland wird immer öfter über Gemeinwohlökonomie gesprochen. Unter anderem die IHK wirbt für das Thema. Gemeint ist damit, ökologische, ökonomische und soziale Ziele unter einen Hut zu bringen. Geld soll nicht länger Selbstzweck sein, sondern dem Wohle aller dienen.

Dirkshof als Wegbereiter der Bürgerwindparks

Dirk Ketelsen, Inhaber und Geschäftsführer des Dirkshofs in der Gemeinde Reußenköge, fühle sich diesen Zielen bis heute verpflichtet, erzählt Dagmar Behrend. Sie arbeitet im Marketing des Dirkshofs, der als Keimzelle eines heute weitverzweigten Unternehmens gilt. Er habe als überzeugter Biobauer begonnen, dann ab 1989 mit einer der ersten Windkraftanlagen Strom aus Wind geerntet und will nun offenbar auch noch die Luftfahrt revolutionieren. Er möchte sie emissionsfrei machen. Dagmar Behrend fasst das zusammen:

Sie erinnert daran, dass in Nordfriesland der soziale Grundgedanke von Bürgerwindparks entstanden sei und der Dirkshof einer der Wegbereiter gewesen wäre. Viele Anwohner der Region seien mittlerweile an den umweltfreundlichen Kraftwerken beteiligt, was vor allem der Akzeptanz in der Bevölkerung diene. Längst ist die Planung und der Betrieb von Windparks ein Schwerpunkt im Dirkshof. Und die Flächen ringsherum aus der Zeit des Bio-Anbaus verpachtet an Menschen, die ebenso sorgsam mit Mutter Erde umgehen.

Rote Warnlichter gehen nur bei Bedarf an

All das gibt Dagmar Behrend im Gespräch mit shz.de nur als Rückblick auf die Wurzeln des Unternehmens vorweg, denn sie und ihr Kollege Marvin Friedrichsen wollen auf ein anderes Thema zu sprechen kommen: die „bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung“ (BNK) von Windkraftanlagen.

Bis Ende 2023 muss die funktionieren, erklärt Friedrichsen, weil die Installation ab dann auch der Deutschen Flugsicherung nachgewiesen werden müsse. Er ist Mitinhaber und Geschäftsführer der Firma Parasol, die solche Technik inzwischen weit entwickelt hat. Passend dazu findet das Gespräch bei Breezer Aircraft in Bredstedt statt, wo Flugzeuge gebaut werden.

Auch hier liege der Ursprung bei Dirk Ketelsen. Den Dirkshof krönt ein markanter Ausguck auf die Landschaft ringsum. Der heute 70-Jährige habe sich, erzählt Behrend, gefragt, wie sich das viele Menschen störende Dauerblinken der Windkraftanlagen eindämmen ließe, mit dem Piloten gewarnt werden.

Dank Parasols Passiv-Radar-System würden Windenergieanlagen nun nur noch dann blinken, sobald sich ein Flugobjekt den Anlagen auf 4000 Meter nähere oder in einer Höhe von 600 Metern drüber fliege. In Reußenköge würden mit einer Anlage 450 Quadratkilometer erfasst. 133 Kraftwerke seien bereits vertraglich angeschlossen. Weitere Anlagen seien in Bissel im Oldenburger Land installiert, deckten dort mehrere Windparks ab.

Die Technik sei gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik entwickelt worden, berichtet Marvin Friedrichsen. Sie erzeuge keine eigenen Strahlungen, sondern nutze vorhandene Fernseh- oder Mobilfunk-Signale, die sich im jeweiligen Luftraum ausmessen lassen. Herannahende Flugzeuge oder andere Flugobjekte reflektieren solche Wellen, die die Anlagen empfangen können.

Friedrichsen ist sich sicher, dass damit die Akzeptanz in der Bevölkerung für die regenerative und grüne Stromgewinnung gesteigert werde.

Und nun auch noch Artenschutz

Dann spricht er auch noch über Artenschutz, denn allen im Dirkshof ist klar, dass Windkraftanlagen auch Vögel gefährden. Das Passiv-Radar von Parasol werde dahin entwickelt, dass es sogar heranfliegende Tiere erspähen kann, seien es Fledermäuse, Möwen oder Rotmilane. Ziel sei, dann sofort die Windräder anzuhalten. Friedrichsen erinnert daran, dass Niederländer draußen auf der Nordsee schon ihre Offshore-Anlagen wegen Vogelzügen gestoppt hätten. So nehmen die Erfindungen und Entwicklungen im Dirkshof und den angegliederten Unternehmen offenbar kein Ende.

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