Gelinger Bucht

Von Schließung bedroht: Demo für Erhalt aller Grundschulen

Von Schließung bedroht: Demo für Erhalt aller Grundschulen

Von Schließung bedroht: Demo für Erhalt aller Grundschulen

Jörg Kasischke/shz.de
Sterup
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Kinder und Eltern demonstrieren für ihre Grundschulen in Steinbergkirche und Kieholm.  „Kurze Beine, kurze Wege“ steht auf dem Transparent. Foto: Jörg Kasischke/shz.de

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Die Grundschulen Kieholm und Steinbergkirche sind derzeit von der Schließung bedroht. Dagegen wehren sich Eltern und Kinder: Grundschulen seien wichtig für das soziale Miteinander der ganzen Gemeinde.

Mit einer Demo haben sich Kinder und Eltern gegen die aktuelle Schulplanung ausgesprochen. Zwei der vier Grundschulen im Amt Geltinger Bucht sollen innerhalb der nächsten Jahre geschlossen werden. Betroffen sind derzeit die Grundschulen in Steinbergkirche und Kieholm. Zudem soll an einem der verbleibenden Standorte – Sterup oder Gelting – ein Neubau entstehen. Hintergrund der Planungen ist unter anderem der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026 für jedes Grundschulkind.

Handlungsgrundlage ist der Schulentwicklungsplan (SEP), mit dessen Erarbeitung der Amtsausschuss als Schulträger im Dezember 2020 den Schulausschuss beauftragt hatte. Wie sehr die Bürgerinnen und Bürger, vor allem aber die Eltern im Amt Geltinger Bucht, die derzeitige Diskussion um die vier Grundschulstandorte bewegt, haben sie in den letzten zwölf Monaten in vielen Einlassungen, Aktionen und Protesten sowie mit der Gründung der „Bürgerinitiative (BI) unsere Grundschulen“ deutlich gemacht.

Jetzt organisierte die BI am Dienstag eine Demo in Sterup. Dort, wo anschließend der zuständige Schulausschuss des Amtes in der Turnhalle tagte. Gut 60 Erwachsene und Kinder nahmen an der Demo teil.

Wegbrechen von sozialem Miteinander

In der Kundgebung forderte BI-Sprecher Henning Jürgensen transparente Verfahren zur Weiterentwicklung der Bildungslandschaft. „Denn entgegen dem Schulgesetz, den Maßgaben von Landesrechnungshof SH (LRSH) und dem Schulentwicklungsplan Schleswig-Flensburg wurden Eltern und Elternvertretungen der Schulen nicht beteiligt. Erst auf massiven Druck durch Eltern und Bürger, wurden vorweggenommene Beschlüsse abgeändert und eine erste Beteiligung zugelassen“, so Jürgensen.

Schließung von Schulen bedeute für die Gemeinden ein Wegbrechen von sozialem Miteinander, mit negativen Folgen für Vereine und Institutionen. „Kurze Beine – kurze Wege“ gäbe es dann so nicht mehr, betonte der BI-Sprecher.

„Zeitpunkt, Entscheidungen zu treffen“

Wie erwartet, nahm der Schulentwicklungsplan in der anschließenden Sitzung des Schulausschusses viel Zeit in Anspruch. Wobei sich sowohl Befürworter als auch Gegner der Standortreduzierungen an die Spielregeln hielten und ihre kontroversen Argumente auf überwiegend sachlicher Ebene austauschten. Auch dank einer souveränen Moderation durch den stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Stefan Meyer.

„Warum sollen die Standortschließungen unbedingt noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden, bevor sich die Zusammensetzungen der Gremien nach der Kommunalwahl im Mai 2023 ändern werden“, wollte Kerin Czerwonka aus Steinbergkirche wissen. Dazu antwortete Stefan Meyer: „Seit über drei Jahren beschäftigt sich der Schulträger mit diesem Thema. Alles hierzu ist abgearbeitet, alles was wir wissen müssen, liegt vor. Es kommen keine neuen Erkenntnisse mehr hinzu. Deshalb ist jetzt der Zeitpunkt, Entscheidungen zu treffen.“

Ergebnisse der Eltern-Befragung ignoriert?

Lars Kablau (Steinbergkirche) kritisierte, dass ein eingebrachter Fragen-Katalog teilweise mit Gegenfragen statt mit konkreten Antworten beantwortet wurde. Das sei kein respektvoller Umgang mit den Menschen und ihren Sorgen. Außerdem wollte er wissen, warum die Eltern-Befragung des Amtes plötzlich keine Rolle mehr spielt. „In den Ergebnissen der Fragebögen ist aufgeführt, dass 89 Prozent eine Zusammenarbeit zwischen Kita und Grundschule vor Ort wichtig oder sogar sehr wichtig finden. 76,72 Prozent haben sich für einen Erhalt der vier Standorte ausgesprochen. Nicht einmal zehn Prozent haben für ein Abweichen von den vier Standorten votiert“, so Kablau.

Dazu sagte Stefan Meyer: „Wir haben für die Eltern-Befragung knapp 800 Fragebögen verteilt. Davon haben wir ungefähr 55 Prozent zurückbekommen. Die 76,72 Prozent beziehen sich somit nur auf die 55 Prozent, die geantwortet haben. Wenn man dann noch die Antworten von Eltern abzieht, die nicht im Amtsbereich wohnen, kommen wir auf eine noch geringere Quote. Das gehört auch zur Wahrheit.“

Damit gab sich Lars Kablau nicht zufrieden: „Wenn Sie sich darauf beziehen, dass nur 55 Prozent mitgemacht haben, stellen wir denn jetzt auch Bundestagswahlen oder Gemeinderatswahlen infrage? Da haben wir auch keine 100 Prozent.“

Neubauten werden nicht festgelegt

Beschlossen wurde, im Schulentwicklungsplan auszuschließen, dass bereits die Anzahl an Neubauten und bestimmte Standorte für die Neubauten identifiziert werden. BI-Sprecher Henning Jürgensen spricht von einem Teilerfolg. „Weil es vorerst auf einen Neubau, ohne Schließung einer Schule abzielt. Das ist begrüßenswert und von den politischen Vertretern, die unsere Ansicht teilen, auf jeden Fall der beste Kompromiss, der hätte ausgehandelt werden können“, so Jürgensen. „Aber solange es keine Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in diesem Prozess gibt, solange es keine transparenten Daten mit einer vernünftigen Güterabwägung gibt, werden wir nicht müde, darum zu kämpfen, unsere Grundschulen am Leben zu halten.“

Im nächsten Schritt geht der SEP jetzt zur Anhörung in die Schulkonferenzen der vier Grundschulen, an die Schulverwaltung beim Kreis Schleswig-Flensburg und an die Schulrätin, die auch den Kreisschulelternbeirat beteiligt. Die Stellungnahmen gehen dann in den Amtsausschuss, der unter Berücksichtigung der Anhörung final eine Entscheidung trifft.

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