Forschung

Warming Stripes zeigen den Klimawandel in Nord- und Ostsee

Warming Stripes zeigen den Klimawandel in Nord- und Ostsee

Warming Stripes zeigen den Klimawandel in Nord- und Ostsee

Ina Reinhart/shz.de
Schleswig-Holstein
Zuletzt aktualisiert um:
Die Warming Stripes der Nordsee zeigen die Abweichungen des Jahresmittels der Oberflächentemperaturen der Nordsee von 1969 bis 2022 verglichen mit dem langjährigen Mittel von 1971 bis 2000. Foto: Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Wärmestreifen des britischen Forschers Ed Hawkins sind eine Art Strichcodes des Klimawandels. Höhere Temperaturen zeigen bereits Folgen.

Die Farbe Rot wird mit Wärme, aber auch mit Gefahr verbunden. Bei den „Warming Stripes“, den Wärmestreifen, zeigt sie beides. Die Streifen bilden plakativ ab, wie sich Jahr für Jahr die Temperaturen in den Meeren verändern. Dabei stehen Blautöne für kühlere und Rottöne für wärmere Temperaturen, gemessen am langjährigen Mittel von 1971 bis 2000.

Für die Nordsee hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) Wärmestreifen der Nordsee erstellt, die zeigen, wie sich die Oberflächentemperatur des Meeres seit 1968 entwickelt, seit das BSH die Daten wöchentlich erhebt. In den vergangenen 20 Jahren gibt es immer mehr rote bis dunkelrote Streifen, die Durchschnittstemperaturen der Nordsee steigen. Das hat Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt.

„Wenn das Wasser wärmer wird, verändern sich die Lebenszyklen in der Nordsee“, erklärt Michael Kruse, Leiter der Nationalparkverwaltung Wattenmeer. Wenn zum Beispiel die Heringe wegen wärmerer Temperaturen früher laichen, haben die Seeschwalben ein Problem. Denn ihre Küken sind auf die Sprotten, also die jungen Heringe, angewiesen.

Diese Abhängigkeiten gelten für viele Arten, zum Beispiel für den Knutt und die Kleine Wattschnecke oder auch für die vielen Vögel, die sich von Garnelen ernähren, die mit steigenden Temperaturen in tiefere Schichten abwandern.

Wie sich die Erwärmung auf die Tier- und Pflanzenwelt auswirken kann, ist in der Ostsee bereits zu beobachten. Sie sei ein Indikator, den Forschende weltweit nutzen, erklärt Dagmar Struß, Meeresexpertin beim schleswig-holsteinischen Naturschutzbund: „Die Ostsee, die sich als Binnen- und Schelfmeer schneller erwärmt als andere Meere, zeigt anhand der Brotfischarten, wie man es nicht macht. Der Dorsch hat mit größter Wahrscheinlichkeit seinen Kipppunkt bereits überschritten, der Ostsee-Hering ist nahe dran.“ Dabei träfe der Klimawandel auf ein bereits durch Überfischung und Überdüngung angegriffenes und somit geschwächtes System, sagt die Naturschützerin.

Der Meeresspiegel ist bereits gestiegen

Doch nicht nur im Wasser zeigt die Klimaerwärmung ihre Spuren, und nicht nur in Nord- und Ostsee stehen die Zeichen auf Rot. Die globalen Wärmestreifen zeigen, dass weltweit die Wassertemperaturen gestiegen sind. Dass durch das Abschmelzen riesiger Eisflächen auch in der Nordsee der Meeresspiegel steigt, sei bereits messbar, sagt Michael Kruse. Das Land baut Deiche, um die Lebensräume des Menschen zu schützen.

Doch auch die Natur braucht Hilfe. Dagmar Struß fordert dringend, den Meeresschutz auszuweiten, denn: „Nur gesunde und artenreiche Meere sind in der Lage, die enormen Ökosystemleistungen und ihre stabilisierende Wirkung auf das Klima aufrechtzuerhalten, damit sich die Abwärtsspirale nicht mit immer größerer Geschwindigkeit weiterdreht.“

Mehr lesen