Klinikum Itzehoe

Warum Chefarzt Georg Hillebrand schon vor der Stiko-Empfehlung Kinder impft

Warum Chefarzt Georg Hillebrand schon Kinder impft

Warum Chefarzt Georg Hillebrand schon Kinder impft

SHZ
Itzehoe
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Kinder gegen Covid zu impfen, ist in den USA und Israel längst gang und gäbe. Auch am Klinikum Itzehoe werden schon vor der offiziellen Zulassung einer Kindervakzine in Europa Kinder geimpft. Foto: Symbolfoto: Laci Perenyi via www.imago-images.de/shz.de

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Offiziell gibt es in Deutschland noch keinen Corona-Impfstoff für Kinder. Der Mediziner am Itzehoer Krankenhaus vertraut auf Erfahrungen aus den USA.

Da hat Georg Hillebrand eine ganz klare Meinung: „Wenn Schulen und soziale Angebote offen bleiben sollen, dann muss man den Kindern auch Schutz anbieten“, sagt der Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Itzehoe. Deshalb werden im Itzehoer Krankenhaus schon jetzt Kinder gegen Corona geimpft. Denn auch wenn die Erkrankung bei vielen Kindern harmlos verlaufe, müsse ein Prozent der infizierten Kinder in Krankenhäusern behandelt werden. „Das ist nicht wenig“, warnt der Mediziner. Und beim Thema Long-Covid „mehren sich die Hinweise, dass man das auch bei Kindern ernst nehmen muss“.


Aktuell teilt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BKJV) unterdessen mit, dass die Impfstoffsicherheit bei Fünf- bis Elfjährigen noch nicht ausreichend geprüft worden sei – und bedauert, dass schon im Vorwege, wie zum Beispiel am Klinikum Itzehoe, kleine Kinder geimpft werden.

Hillebrand aber registriert eine große Nachfrage von Eltern. Viele von ihnen haben Kinder in Risikogruppen. Aber das alleine ist für ihn noch kein Grund, vorzeitig zu impfen. In Amerika sei der Impfstoff aber bereits seit Monaten zugelassen, die dortige Vereinigung der Kinderärzte spreche eine dringende Impfempfehlung aus. „Die USA haben auf dem Gebiet bereits riesige Impferfahrung, auch Israel ist uns voraus“, argumentiert Hillebrand. Mehr als 4,5 Millionen Kinder seien in den Vereinigten Staaten bereits geimpft worden. Das sei eine riesige, verlässliche Basis. Hillebrand: „Das Meldesystem funktioniert. Es hat keine Berichte über unerwünschte Wirkungen gegeben.“


Inzwischen sei die Zulassung des Kinderimpfstoffs nur noch eine Formalie, sagt Hillebrand. Die EU-Kommission muss der Zulassung zustimmen, was nach der Empfehlung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) quasi bevorsteht. Dass die Ständige Impfkommission (Stiko) noch keine Empfehlung ausgesprochen hat, stört den Chefarzt wenig. „Die Stiko ist eher durch sehr zurückhaltende Haltung aufgefallen. Ich glaube, dass es deshalb in anderen Ländern besser läuft“, ist Hillebrand überzeugt: „Diese Verzögerung hat uns in der pandemischen Lage nicht gut getan.“

Anfragen aus ganz Deutschland

Dass die Nachfrage nach Impfterminen groß sein würde, war dem Klinik-Team klar, zumal Hillebrand bundesweit im Fernsehen war. „Von der Realität waren wir dann aber doch überrascht. Das Telefon lief ununterbrochen, das Mail-Postfach lief über, es kamen Anfragen aus ganz Deutschland“, berichtet der Arzt. Impflinge aus Berlin und Nordrhein-Westfahlen kamen nach Itzehoe. Hillebrand: „Die Not ist groß.“ Eine Anfrage aus Holland habe sich nicht verfestigt.

Termine schnell vergriffen

Aktuell gibt es keine freien Impftermine auf der Klinik-Homepage. „Alle paar Tage gehen wir die Kalender durch und gucken, welche Slots wir anbieten können“, so Hillebrand. Wenn neue Termine veröffentlich werden, seien die in der Regel binnen weniger Minuten vergriffen. Er sieht aber Licht am Horizont, denn ab 13. Dezember soll der Kinderimpfstoff ausgeliefert werden. „Das wird Entspannung ins System bringen“, ist er überzeugt: „Ich bin ja auch nicht der einzige Arzt, der das anbietet.“

Off-Label-Use

Die Kinderimpfungen am Klinikum Itzehoe sind bislang sogenannter Off-Label-Use – eine Verwendung außerhalb dessen, was auf dem Aufkleber steht. Für Hillebrand ist das nichts besonderes. „Viele Medizin-Hersteller scheuen das Zulassungsverfahren für Kinder. Das ist ein Grundproblem in der Kinderheilkunde“, führt er aus: „Deshalb muss man das häufiger machen.“ In der Praxis bedeutet das: Kindern wird ein Drittel der Erwachsenen-Dosis gespritzt, also nur 0,1 Milliliter statt 0,3. Diese geringe Menge auch wirklich in den Muskel zu bekommen, erfordere Übung. „Aber für eine Kinderklinik ist das kein Problem“, versichert Hillebrand. Der Kinder-Impfstoff werde weniger Wirkstoff enthalten, von dem müssten dann 0,2 ml gespritzt werden. „Dann ist es ein bisschen einfacher“, so der Kinderarzt.

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