Im Labyrinthgarten

Warum es in Flensburg eine Klagemauer gibt und was sie mit Ostern zu tun hat

Warum es in Flensburg eine Klagemauer gibt

Warum es in Flensburg eine Klagemauer gibt

SHZ
Flensburg
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Die Flensburger Klagemauer wird bereits vor der offiziellen Einweihung von Menschen genutzt. Foto: Anja Funk-Klebe

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Wer möchte, kann bei der Einweihung der Klagemauer am Gründonnerstag auf Jürgensby dabei sein. Und die Atmosphäre im erweiterten Sinnes- und Seelengarten miterleben.

Die Klagemauer in der Altstadt von Jerusalem ist eine zentrale religiöse Stätte des Judentums. Menschen stecken Zettel mit Wünschen und Gebeten in die Ritzen zwischen den Steinen.

Flensburg hat jetzt auch eine Klagemauer – und sie ist angelehnt an den Ort in Israel. Aber auch an die Klagemauer im Kloster Arenberg, sagt Anja Funk-Klebe. Sie war gerade in Koblenz und erklärt, wofür die Mauer aus Steinen dort dient: „Die Menschen haben über das Aufschreiben ihrer Gedanken, Wünsche und leidvollen Gefühle, die Möglichkeit, diese zu verwandeln.“

 

Indem sie ihre Eindrücke zu Papier bringen, erläutert die Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche, lösen sie sich von ihnen. Auf diese Weise finde eine „verarbeitende Handlung statt“. Im Kloster in Rheinland-Pfalz werden diese Zettel dann sogar im Osterfeuer verbrannt, fährt Funk-Klebe fort.

 

Ritual der Verabschiedung

Das Leidvolle und auch die Wünsche würden so dem Kosmos, Gott, anvertraut. Die Seele, erläutert die Expertin, könne so entlastet werden, sich befreit fühlen. Anja Funk-Klebe hält diesen Vorgang für ein „wunderbares Ritual der Verabschiedung“.

Die Klagemauer in Flensburg ergänzt das Ensemble aus Quellstein und Labyrinth-Garten am Gemeindehaus von St. Jürgen in der Jürgensgaarderstraße 1. Auch diese beiden Bestandteile bergen eine Symbolik: Der Irrgarten stehe für die Umwege im Leben, die dennoch zur Quelle des Lebens führen, heißt es.

Für Pastor Stefan Henrich ist der Labyrinth-Garten „ein schöner Andachtsort unter freiem Himmel, der Ruhe bietet und die Möglichkeit zu sich selber und zu Gott zu kommen.“ Er selbst habe die wohltuende Atmosphäre empfunden, als er am Quellstein ein Seelsorge-Gespräch führte, berichtet der Pastor.

 

Die Klagemauer wie auch ein Waldsofa, eine Sitzgruppe und ein Stehpult werden am Gründonnerstag um 18 Uhr mit einer Andacht im Seelen- und Sinnesgarten auf Jürgensby eingeweiht. Die Feier des Abendmahls im Gemeindehaus bilde den festlichen Abschluss des Projekts. Neben Wein und Brot werde ein kleiner Imbiss gereicht, wofür die Gemeinde um Anmeldung per Telefon 0461-24219 bittet.

Klagemauer wird bereits mit Zetteln bestückt

Die Klagemauer wurde vom Verein SeeleSole errichtet mit Mitteln des Stadtteilfonds „Wir im Quartier“. Das Projekt „SeeleSole“ der gebürtigen Rheinländerin Anja Funk-Klebe diene dazu in einer Welt mit immer weniger tragfähigen Beziehungen sowohl den einzelnen Menschen wie auch die Gemeinschaft zu stärken.

Funk-Klebe ebenso wie Pastor Henrich waren überrascht davon zu sehen, dass noch bevor die Menschen in Flensburg von der Funktion der Klagemauer bewusst Kenntnis hatten, bereits immer wieder Zettel beschrieben und darin verborgen haben.

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