Schleswig-Holstein

Warum immer mehr Bürger in SH Schreckschusswaffen & Co tragen wollen

Warum immer mehr Bürger in SH Schreckschusswaffen & Co tragen wollen

Warum immer mehrn SH Schreckschusswaffen wollen

Inga Gercke
Schleswig-Holstein
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Für den Kauf einer Schreckschusswaffe braucht es, außer die Volljährigkeit, keine Voraussetzungen. Ohne den Kleinen Waffenschein dürfen sie allerdings nicht in der Öffentlichkeit mitgeführt werden. Foto: Inga Gercke

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Um Schreckschusswaffen in der Öffentlichkeit mitzuführen, braucht man einen Kleinen Waffenschein. Den kann man aber einfach so beantragen. Besondere Eignungen braucht es dafür nicht.

Peter Hansen möchte anonym bleiben, zeigt aber stolz seine Schreckschusswaffe. Benutzt habe er sie noch nie, versichert er. „Irgendwie fühle ich mich in den letzten Jahren einfach nicht mehr so sicher. Messerangriff hier, Schießerei da. Also habe ich mir 2020 einen Kleinen Waffenschein geholt“, sagt er.

Heißt: Hansen darf seine Waffe nun auch in der Öffentlichkeit mit sich führen. Für den Kauf brauchte er keinen Schein. „Bis jetzt liegt die aber nur in meinem Kleiderschrank, ich nehme sie also nicht einfach so mit raus“, sagt der 38-jährige Flensburger. „Aber wer weiß, vielleicht irgendwann einmal.“ 

Immer mehr Kleine Waffenscheine in SH im Umlauf

Peter Hansen ist einer der 36.411 Schleswig-Holsteinern, die einen Kleinen Waffenschein besitzen. Zwar nimmt die Zahl der Neuanträge ab, trotzdem sind, weil keiner seinen Schein freiwillig abgibt, immer mehr Kleine Waffenscheine im Umlauf. „Ich würde meinen Schein auch nicht wieder abgeben“, so Hansen. „Ich fühle mich damit einfach sicherer.“

Polizei warnt vor Eskalation bei Einsätzen

Eine trügerische Sicherheit, wie Torsten Jäger, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagt. „Menschen erkaufen sich so eine Scheinsicherheit“, sagt er. Für Polizisten würden dadurch Einsätze immer schwieriger. „Eine Schreckschusswaffe von einer scharfen Waffe zu unterscheiden, ist bei einer unübersichtlichen Lage schwierig – selbst für Profis.“ In Gefahrensituationen müssen sich Polizisten auch selbst verteidigen können, der Griff zur eigenen Waffe dadurch eventuell schneller. Generell steige die Gefahr einer Eskalation erheblich, so Jäger.

Die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigte Verschärfung des Waffengesetzes begrüßt er. Faesers Plan: Schon für den Kauf einer Schreckschusswaffe soll ein Kleiner Waffenschein vorliegen. Noch muss man lediglich 18 Jahre alt sein, um sich eine Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen kaufen zu können.

Gesetzte schärfer kontrollieren

Anders sieht das Uwe Gluschitz. Er ist Waffenrechtsexperte beim Norddeutschen Schützenbund. Wenn ein Sportschütze sich eine neue Waffe zulegen will, braucht es seine Unterschrift. Diese Waffen sind allerdings scharf, anders als Schreckschusswaffen. „Solche Diskussionen tauchen immer wieder dann auf, wenn solche schrecklichen Taten passieren“, sagt er. „Wie jetzt in Hamburg.“

Im März schoss dort ein Mann im Gebäude der Zeugen Jehovas um sich. Acht Menschen starben. „Natürlich ist das furchtbar“, so Gluschitz. Dennoch seien die Waffengesetze in Deutschland ausreichend. „Die müssten nur stärker kontrolliert werden.“ Zum Beispiel, ob jemand seine Waffe auch vorschriftsmäßig zu Hause verschlossen habe, so Gluschitz. „Den Faktor Mensch kann man aber nicht kontrollieren. Da helfen auch keine strengeren Gesetze.“ 

Allerdings: Zwei Wochen vor der Tat in Hamburg wurde der mutmaßliche Täter unangekündigt von zwei Beamten der Waffenbehörde aufgesucht. Es habe keine relevanten Beanstandungen gegeben, hießt es in einer Stellungnahme der Polizei. Trotzdem tötete der Mann sieben Menschen und sich selbst.

Psychologisches Gutachten nur von U25-Jährigen

In Deutschland müssen Personen, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, für die erstmalige Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe auf eigene Kosten ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über die geistige Eignung vorzulegen.

Wer seinen Schein erst danach macht, muss kein Gutachten vorlegen. Bundesinnenministerin Faeser will, dass künftig bei jedem Antragssteller für eine Waffenbesitzkarte überprüft wird, ob dieser „psychologisch geeignet“ ist.

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