Autorin in Flensburg

Warum Janine Adomeit drei Anläufe für ihren ersten Roman brauchte

Warum Janine Adomeit drei Anläufe für ihren ersten Roman brauchte

Warum Janine Adomeit drei Anläufe für ihren ersten Roman brauchte

SHZ
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Janine Adomeit hat ihren ersten Roman veröffentlicht und einen Debüt-Preis dafür erhalten. Foto: Staudt Foto: 90037

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Ihr Debüt „Vom Versuch, einen silbernen Aal zu fangen“ hat einen Literaturpreis gewonnen. Der Roman der Wahl-Flensburgerin spielt unweit des Ahrtals und erzählt vom Scheitern und Aufstehen.

Janine Adomeit wohnt gleich neben der Dänischen Zentralbibliothek. Der perfekte Kiez für eine kreative Autorin. „Seit ich acht oder neun bin, gehört Schreiben zu mir“, sagt die Autorin. Lange Zeit, erzählt die 38-Jährige, wollte sie Journalistin werden, absolvierte ein Volontariat, arbeitete als Freie.

Doch sie wollte lieber Bücher schreiben, erzählt sie. „Den Traum muss man finanzieren“, weiß sie auch. Deshalb habe sie grundsätzliche Fragen für sich beantwortet und Prioritäten gesetzt. Fragen wie „Was bin ich bereit, aufzugeben?“ und „Möchtest Du Karriere in der Werbung machen?“ In dem Moment, in dem sie erkannte, wie wichtig ihr das Schreiben ist, sagt die Schriftstellerin, habe sie nach einem Job gesucht, der ihr das ermöglicht.


Janine Adomeit arbeitet als Texterin in Teilzeit und als Schriftstellerin vermutlich auf Lebenszeit. Die Zeit zum Schreiben müsse man verteidigen, das sei keine Tätigkeit, die man nebenher ausübt. Dabei, so gibt sie zu, „sitze ich auch manchmal da – und denke.“

Was für andere ein Verzicht wäre – kein Auto, kleine Wohnung – stellt für sie keinen dar. Die Entscheidung habe sie „seitdem nie bereut“, unterstreicht sie beim Gespräch im Café in der Norderstraße, einen Katzensprung von ihrer Wohnung entfernt.

„Wir kamen hier an und hatten das Gefühl: Wir sind zu Hause“, erinnert sich die gebürtige Kölnerin daran, als sie und ihr dänischer Mann vor vier Jahren nach Flensburg zogen. Zur Schule ging sie in Bergheim. Die beiden haben sich in München beim Germanistik-Studium kennen gelernt und sich gefragt: „Wo können eine Deutsche und ein Däne gut leben?“


Die Stadt kannte Adomeit nur vom Durchreisen, aber ein Wochenende an der Förde überzeugte das Paar. „Es ist richtig schön hier“, waren sich die beiden einig. Ihr erstes Kind, das in diesen Tagen zur Welt kommt, wird Flensburg als Geburtsort haben.

Ihr Zuhause teilt sie mit vielen Büchern, weil sie das Cover, die Haptik schätzt. „Ich glaube schon, dass alle Menschen Geschichten brauchen“, sagt Janine Adomeit, die sich als großen Fan englischer Literatur bezeichnet. Bücher können als „sozialer Klebstoff“ wirken, trösten, ja heilen, sind in Adomeits Augen „Stützen im Leben“. Jedes Buch, das sie liest, mache sie zu ihrem eigenen, darin bestünde die Magie literarischer Texte und die Stärke gegenüber Filmen zum Beispiel.

Debüt des Jahres des Literaturwerks Rheinland-Pfalz-Saar

Im Spätsommer 2021 hat Janine Adomeit ihren Debüt-Roman bei DTV veröffentlicht. „Vom Versuch, einen silbernen Aal zu fangen“, heißt er und wurde mit dem Literaturpreis „Debüt des Jahres des Literaturwerks Rheinland-Pfalz-Saar“ ausgezeichnet.

Der Erstling der Flensburgerin hat die Jury unter anderem sprachlich beeindruckt, steht in der Begründung, weil sie „in authentischer Weise die Zerbrechlichkeit von Lebensträumen anhand von tragischen Lebensläufen und skurrilen Figuren auf eine tragikomische und psychologisch tiefgründige Weise“ darstelle.

Erzählfreude und liebevoll-ironischer Blick

Die Juroren bemerkten ebenso die „Erzählfreude“ Adomeits wie auch ihre „Lust am liebevoll-ironischen Blick“ auf die Menschen „einer verlorenen Stadt“. Villrath heißt der fiktive Kurort im Rheinland in der Nähe des Ahrtals, in dem eine Heilquelle, die berühmte Marienquelle, nach einem Erdbeben versiegt ist, beschreibt die Autorin. Die Touristen bleiben aus. Und alles ändert sich.


Im Buch geht es ums „Scheitern und ums Aufstehen“, erläutert Adomeit und geht der Frage auf den Grund, was wäre, wenn man die Zeit zurück drehen könnte. Es gebe diesen Spruch, dass man nicht zweimal in denselben Fluss steigen kann, sagt sie und verrät zwar nicht das Ende, aber so viel, dass da etwas passiere...

Die Seiten lesen sich so weg, die Sätze sind trotzdem sauber formuliert, oft so knackig und witzig verknüpft, dass man sich das Lachen nicht verkneifen kann. Ein Beispiel vom Anfang: „Bärbel lächelte nur. Abwechselnd beobachtete sie Rolf und Hotte, zog in Zeitlupe den linken, abspenstig gewordenen BH-Träger zurück über ihre Schulter und ließ los. Es schnalzte. Das Brustfleisch im Ausschnitt zitterte. Der Hund in Bärbels Schoß nieste. „Vera“, sagte sie, „wir haben ein Wunder. Gibt’s keinen Sekt?“.


Scheitern, findet Janine Adomeit, gehöre auch zum Schreiben unbedingt dazu. Von ihrem Erstling gibt es drei Versionen; die ursprüngliche Idee ist sogar zehn Jahre alt. „Es ist ein Marathon, so ein Roman“, hat sie erfahren und stellt das wissenschaftliche Schreiben gegenüber. Das Strukturierte daran habe sie geliebt. Beim Roman hingegen „kannst du alles machen und bist auch sehr allein“.

Adomeit beschreibt Schreiben als Handwerk. Die ausgebildete Redakteurin hat sich in Schreibwerkstätten fortgebildet und immer noch Neues gelernt. Sie beobachtet, dass es helfe, über Texte anderer zu sprechen, und selbst zu lesen. Dazu gehört, dass man Kritik aushalten muss und nicht persönlich nehmen sollte. Jetzt arbeitet sie an ihrem zweiten Buch, verrät sie. Es wird in Flensburg spielen.

Mehr lesen