Schleswig-Holstein

Warum Landrat Florian Lorenzen den Brandbrief an Ministerin Touré unterzeichnet hat

Landrat unterzeichnet Brandbrief an Ministerin

Landrat unterzeichnet Brandbrief an Ministerin

Hagen Wohlfahrt/shz.de
Kiel
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Die frühere Kaserne in Seeth ist eine Landesunterkunft für Flüchtlinge. Foto: Frank Molter/shz.de

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Die Lage sei dramatisch, schildern Kommunalpolitiker und -verbände aus Schleswig-Holstein die aktuelle Flüchtlingssituation in den Städten und Gemeinden. Wie ist das in Nordfriesland?

Wie alle anderen Landräte und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte hat auch Nordfrieslands Kreis-Chef Florian Lorenzen (CDU) das Schreiben an Sozial- und Integrationsministerin Aminata Touré (Bündnis 90/Die Grünen) unterzeichnet.

Zwar bestehe die Bereitschaft, Geflüchtete unterzubringen, unverändert fort, heißt es unter anderem in dem Schreiben. Man sehe aber, „dass der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Akzeptanz für die Aufnahme von Geflüchteten schwinden, wenn sich die Entwicklung der letzten Monate unverändert fortsetzt“. Der Problemdruck bei der Unterbringung, Versorgung und Integration von geflüchteten Menschen vor Ort wachse stetig.

Landrat Florian Lorenzen habe unterzeichnet, weil der Text die Problemlage auch im Kreis Nordfriesland zutreffend beschreibe und die Landesregierung jetzt entsprechend tätig werden müsse, hieß es am Dienstag auf Anfrage von shz.de aus dem Kreishaus. „Das Land hat uns 80 Geflüchtete angekündigt, die in drei Wochen ankommen werden. Mit Stand heute können wir aber nur 30 Personen unterbringen“, erklärte Kreissprecher Hans-Martin Slopianka.

Land weist Flüchtlinge stur nach Quote zu

Seit einiger Zeit frage das Land die Aufnahmekapazitäten im Kreis Nordfriesland ab, aber nur die Gesamtzahl der Plätze. „Manche Wohnungen können jedoch nur von Familien genutzt werden, andere sind für Einzelpersonen geeignet. Manche Flüchtlinge müssen behindertengerecht untergebracht werden, andere haben Verwandte an einem bestimmten Ort“, geht Slopianka ins Detail. Das Land weise aber unabhängig von solchen Besonderheiten nach Quote zu. „Haben wir zum Beispiel neun Plätze für eine Großfamilie gemeldet, heißt das nicht, dass wir dort auch neun Einzelpersonen unterbringen können und umgekehrt.“ Der Kreis schlägt ein „Belegungsmanagement“ vor, so ähnlich, wie es das auf Kreisebene bereits gebe.

Ganz aktuelle Daten über die Zahl der Geflüchteten im Kreis Nordfriesland lagen am Dienstag nicht vor. Mitte Juni aber lebten hier knapp 9700 Geflüchtete, darunter gut 1700 Ukrainer. Alle Flüchtlinge sind nach Angaben des Kreises in Wohnungen untergebracht, mit einer Ausnahme: Es gibt eine Sammelunterkunft, die das Amt Mittleres Nordfriesland und der Kreis gemeinsam betreiben. Dort wohnen zurzeit etwa 70 Personen.

Die Bürgermeister der kleineren Städte und Gemeinden im Land gehören nicht zu den Unterzeichnern. Einschätzungen der Flüchtlingssituation etwa in Husum und Niebüll waren am Dienstagnachmittag in den dortigen Rathäusern nicht zu bekommen.

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