Zeitreise in die 60er

Wedels Ernst Barlach Museum zeigt Beatles-Ausstellung „Come Together“

Wedels Ernst Barlach Museum zeigt Beatles-Ausstellung „Come Together“

Wedels Ernst Barlach Museum zeigt Beatles-Ausstellung

SHZ
Wedel
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Die Beatles im Ernst Barlach Kunstmuseum in Wedel. Foto: Inge Jacobshagen/shz.de

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Multiperspektivisch und multimedial widmet sich Museumsleiter Jürgen Doppelstein der kulturhistorisch bedeutendsten Band des 20. Jahrhunderts. Beatlemania und Fanhysterie inklusive.

„Das ist Beatles total“, sagt Jürgen Doppelstein, Leiter des Ernst Barlach Kunstmuseums in Wedel, sichtlich zufrieden. Und wirklich, wenn man die neue Ausstellung im Haus an der Mühlenstraße 1 betritt, ist es wie eine Explosion. Ein lustvoller Flash, der einen in die Zeit der 1960er Jahre katapultiert – und sofort alle Sinne ankurbelt.

John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr

Gleich im Eingang laufen die grellen Bilder von „Come Together“, dem titelgebenden Song der Ausstellung, über vier große Leinwände. Gegenüber lebensgroß die Fab Four John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr in violettem Neonlicht.


In den ersten Ausstellungsraum wird man geradezu reingesogen. Hier hängen über alle Wände verteilt viele eher kleinformatige Schwarz-Weiß-Bilder. Kunstfotografien neben Schnappschüssen und Pressefotos. Dazu in der Vitrine in der Mitte des Raums Objekte, Memorabilien wie etwa ein angekokelter Vertrag, Titelblätter von Journalen, Eintrittskarten, Autogrammkarten und abgegriffene Cover.


„Ich habe versucht, dem Phänomen der Beatles auf die Spur zu kommen“, erläutert Kurator Doppelstein. Für ihn sind die Beatles das größte kulturhistorische Phänomen des 20. Jahrhunderts. „Doch, das kann man so sagen“, bekräftigt er nach kurzer Überlegung und nickt bestätigend mit dem Kopf. „Sie sind und bleiben jung.“


Doppelstein erzählt die Geschichte der Beatles anhand ihrer Alben. Von „Please Please Me“ über „A Hard Day's Night“, „Revolver“ und „Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band“, das erste Konzeptalbum der Geschichte, bis zum letzten Album „Let It Be“. Lange Streifen hängen dafür zwischen den vielen Fotos. Oben ist jeweils das Plattencover zu sehen, darunter ein umfangreicher Hintergrundtext, der die Covergestaltung erläutert, die musikalische Entwicklung der Songs beschreibt, ihre Entstehungsgeschichte aufzeichnet, nachvollzieht, wie und in welchem Studio das Album aufgenommen wurde, und auch dessen Resonanz und Erfolg nachgeht. Alles angereichert mit Original-Zitaten der Musiker.


Zudem ist natürlich in jedem Ausstellungsraum auch ein Bildschirm zu finden, über den die Songs laufen – in Zimmerlautstärke, ohne, dass man sich erst einmal mühsam einen Kopfhörer aufsetzen muss. Videoclips sind auf den Bildschirmen zu sehen, Filmmitschnitte aus den Konzerten der Beatles, Slideshows von ihren Auftritten in der Öffentlichkeit und den hysterischen Reaktionen der Fans. Beatlemania pur. Multiperspektivisch und multimedial, absolut Lust machend und den Betrachter selbst in Euphorie versetzend.


„Die Geschichte der Band wird neu akzentuiert und durch zahlreiche Music-Clips von ihrer musikalischen Seite her beleuchtet. Zudem werden die persönlichen und charakterlichen Eigenheiten der vier Musiker in den Blick genommen. Und schließlich wird gezeigt, inwiefern die Band von einem ökonomisch motivierten und neuartigen Management profitieren konnte, das es der Gruppe überhaupt erst ermöglicht hat, sich weltweit einer so großen Masse von Menschen zu präsentieren.“, schreibt Doppelstein im seiner Ankündigung.


Anlass der Ausstellung für den Kurator: 60 Jahre Beatles in der Besetzung mit Ringo Starr, „so, wie wir sie kennen“. „Die Beatles haben nur acht Jahre in der Formation gespielt“, macht Doppelstein deutlich. In dieser kurzen Zeit lösten die Vier eine unvergleichliche Massenbegeisterung aus, setzten eine weltweite Jugendbewegung in Gang und führten fortdauernd die Hitparaden der westlichen Welt an. „Die Beatles sind mit weit mehr als einer Milliarde verkauften Tonträgern die erfolgreichste Band der Musikgeschichte und haben nahezu alle Genres der Pop- und Rockkultur nachhaltig beeinflusst“, stellt Doppelstein klar.


Dennoch fängt für ihn die Geschichte der Band in Hamburg an. In Kaiserkeller, Indra, Star-Club und der Großen Freiheit saß noch Pete Best hinterm Schlagzeug, und Stuart Sutcliffe ergänzte die Gitarren von John, Paul und George mit seinem Bass. Dokumentiert ist der besondere Spirit der Zeit in den aus einer Mischung von Authentizität und künstlerischem Anspruch bestehenden, beeindruckenden Fotos von Astrid Kirchherr und Jürgen Vollmer, den die beiden Fotografen damals einfingen.


Mit Fotograf und Covergestalter Robert Freemann, der besonders Dopplungen und Mehrfachbelichtungen liebte, sowie Manager Brian Epstein, der für die millionenfache Vermarktung der Band sorgte, traten zwei Personen ins Leben der Gruppe, „ohne die die Beatles, so wie wir sie kennen, nicht möglich wären“, so Doppelstein.


„Die Beatles liebten Auftritte und Verkleidungen“, erzählt der Museumsleiter begeistert. Die fing auch Fotograf Robert Whitaker kongenial ein. Nicht zu vergessen ist darüber hinaus der Master Mind und Produzent der Gruppe: George Martin. Die Beatles seien genial im Erfinden von eingängigen Melodien und Texten gewesen. „Aber erst George Martin hat die Songs zu den Musikprodukten gemacht, die sich weltweit vermarkten ließen“, analysiert der Kurator.


„In der medialen Präsenz sind sie unsterblich“, schwärmt Doppelstein. Das zeigt ein Raum im Obergeschoss besonders eindringlich. An den Wänden hier großformatig die hysterischen Fans in Schwarz-Weiß. Davor zwei Bildschirme. Über den auf dem Boden flimmern die diversen Auftritte der Beatles, dahinter aufgestellt ein größerer Bildschirm mit den Reaktionen der Fans. Und der Betrachter: mittendrin. Ein absolut gelungenes Raumkonzept.


Das Rooftop Concert ist das letzte Livekonzert der Beatles. Am 30. Januar 1969 stiegen die Vier aufs Dach von Apple Corps in London und spielten unter anderem Songs aus ihrem Album „Let It Be“. Dem letzten, so eigenen Album, ist im Untergeschoss des Barlach Kunstmuseums gleich ein ganzer Raum gewidmet.


Zu recht. Denn den Ausschnitten aus den von Regisseur Peter Jackson (Herr der Ringe) remasterten Aufnahmen des Films, der das Konzert von gegenüberliegenden Hausdächern und von der Straße aus dokumentiert, könnte man stundenlang zuschauen.


Wieso aber gerade „Come Together“ als Titel für die Ausstellung? „Es ist für mich jetzt das Thema“, erklärt Doppelstein. „Wir kommen wieder zusammen. Auch als Aufforderung. Wir versammeln uns wieder – hoffentlich, auch nach Corona.“

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