Altlasten in Nord- und Ostsee

Weltkriegsmunition im Meer – Umweltminister will Bergung 2023 starten

Weltkriegsmunition im Meer – Umweltminister will Bergung 2023 starten

Munition im Meer – Bergung soll 2023 starten

SHZ
Kiel
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Auf dem Grund der Meere in Norddeutschland schlummert noch immer Munition aus den Weltkriegen – und die wird langsam zur Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt. Foto: Jana Ulrich Foto: Jana Ulrich/shz.de

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Jan Philipp Albrecht (Grüne) verlangt für die Beseitigung von Kampfmitteln 100 Millionen Euro Starthilfe vom Staat.

Das Motto ist klar. „Je länger wir mit der Bergung der Munition aus dem Meer warten, desto mehr geht kaputt“, sagt Jens Greinert, Professor am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Er ist seit Dienstag einer von 650 Gästen bei der ersten „Kiel Munition Clearance Week“, die noch bis zum Wochenende läuft. Auf der Konferenz wollen Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik besprechen, wie sie mit der Bergung von militärischen Altlasten vom Meeresgrund beginnen können.

Erste Konferenz dieser Art in Kiel

Umweltminister Jan Philipp Albrecht kommt mit konkreten Forderungen. 100 Millionen Euro müsse der Staat für den Bau einer Pilotplattform zur Verfügung stellen, damit spätestens in eineinhalb bis zwei Jahren mit der Bergung und Beseitigung von Granaten, Bomben und Torpedos begonnen werden kann. „Das muss zügig nach der Bundestagswahl passieren“, fordert der Grünen-Politiker. Die Länder könnten einen Pilotversuch nicht allein finanzieren, deshalb müsse der Bund den Großteil der Kosten tragen.

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Seit Jahren gibt es Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern, wer die Bergung der allein in der deutschen Nord- und Ostsee geschätzten 1,6 Millionen Tonnen Munition bezahlen soll. Laut Experten wird das Milliarden verschlingen – wie viel genau, könne man erst sagen, wenn das Pilotprojekt zur Bergung angelaufen sei, sagt Albrecht. Er fordert eine fortlaufende Finanzierung, um in einigen Jahren Munition großflächig räumen zu können. Wenn es eine Nachfrage gebe, könne die Wirtschaft die Technik liefern, sagt dazu der Initiator der Konferenz, Jann Wendt.

Weiterlesen: Munition in Nord- und Ostsee: Das giftige Erbe des Krieges


„Wir könnten sofort mit dem Bau einer Plattform beginnen“, sagt der Sprecher von Thyssen Krupp Marinesystems in Kiel, Eugen Witte. In spätestens zwei Jahren könne sein Konzern eine solche Plattform bauen. Jens Greinert ist vorsichtiger. Er glaubt, dass eine solche Anlage in drei bis fünf Jahren bereit sein könnte.

Albrecht fordert zudem, dass ein erstes Gebiet in den Gewässern Schleswig-Holsteins benannt werden soll, in dem die Plattform erprobt werden kann. Welches ehemalige Versenkungsgebiet das sein soll, müssten Experten benennen. Es gehe nicht darum einfach loszufahren, sondern man müsse dort starten, wo das Problem für Mensch und Umwelt am größten ist, so Albrecht.

Gefahr steigt

„Wir wissen, dass überall in der Ostsee TNT vorkommt“, sagt Greinert. In Muscheln, die in Versenkungsgebieten ausgesetzt wurden, fanden Wissenschaftler größere Konzentrationen. Fische, die dort schwammen, hatten häufiger Leberkrebs als Artgenossen in anderen Regionen. „Die Umwelteinflüsse nehmen zu“, meint Greinert, denn der Zustand der über 75 Jahre alten Munitionskörper werde schlechter: „Deswegen werden wir die Kosten niedriger halten je eher wir mit der Beseitigung anfangen.“

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Hannah Dobiaschowski
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