Flensburg

Wer übernimmt die Papierfabrik in der Husumer Straße?

Wer übernimmt die Papierfabrik in der Husumer Straße?

Wer übernimmt die Papierfabrik in der Husumer Straße?

Sebastian Iwersen/shz.de
Flensburg
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Unklarheit auch zum Jahresende: Was ab dem kommenden Jahr in dem Papierwerk produziert wird, ist bislang nicht bekannt. Foto: Sebastian Iwersen/shz.de

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Die Uhr tickt: In wenigen Tagen wird sich der japanische Mitsubishi-Konzern aus Flensburg zurückziehen und noch immer gibt es offenbar keine Lösung für das Werk.

Noch weht die blau-weiße Fahne des japanischen Mitsubishi-Konzerns über dem Papierwerk in der Husumer Straße. Doch wie lange das noch so sein wird, weiß auch wenige Tage vor dem angekündigten Rückzug des Konzerns vom Standort Flensburg niemand.

Seit mehr als vier Monaten schwebt die Ungewissheit über den 195 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Papierwerks. Übernimmt ein Investor das Werk? Werden alle Menschen dort ihren Arbeitsplatz behalten? Das dürften die dringendsten Fragen der Belegschaft sein, die seit dem Spätsommer hängt.

Der japanische Mitsubishi-Konzern hatte im August überraschend angekündigt, sich vom Standort Flensburg „zurückzuziehen“. Was dieses „zurückziehen“ bedeuten sollte, war anfangs mehr als unklar. Schnell machten Gerüchte einer Schließung des Werkes die Runde, doch kurze Zeit später beschwichtigte der Betriebsratsvorsitzende Jan Wollatz schon und sprach eher von einem Verkauf des Werkes.

Darüber hinausgehende Informationen sind auch mehr als vier Monate nach dem Paukenschlag an der Husumer Straße noch spärlich. Nach wie vor soll der japanische Konzern mit mehreren möglichen Investoren verhandeln.

„Doch was und für wen wir ab dem kommenden Jahr produzieren werden, das wissen wir selbst noch nicht“, sagt einer der vielen Mitarbeiter des Papierwerks gegenüber unserer Redaktion.

Nach seinen Worten gäbe es positive Signale, dass ein Verkauf an einen der Investoren gelingen könnte. „Seitdem hat sich die Stimmung ein wenig entspannt“, sagt der Mann, der seit vielen Jahren in dem Papierwerk arbeitet, das vor allem Thermopapiere für Kassenrollen und Eintrittskarten herstellt.

Stammen mögliche Investoren nicht aus der Papierbranche?

Nach seinen Informationen sollen die Investoren, die noch im Rennen sind, aber mutmaßlich nicht aus der Papierbranche stammen.

Ein Rückblick: Völlig überraschend und ohne Vorwarnungen hatte der Mitsubishi-Konzern am 5. August auf seiner Internetseite eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der der Rückzug aus dem Flensburger Papierwerk angekündigt wurde.

Diese Mitteilung machte in der Belegschaft schnell die Runde – und da zu diesem Zeitpunkt ein großer Teil der Belegschaft aufgrund eines Produktionsstillstandes zu Hause war, verbreitete sich die Meldung unkontrolliert über private Kanäle und sorgte für Angst und Schrecken.

Protest gegen die Entscheidung

Knapp drei Wochen später, am 25. August, wurde der Protest der Belegschaft gegen die Entscheidung dann seh- und hörbar: Vor dem Werkstor demonstrierte ein großer Teil der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Kritik gab es schon damals vor allem an den spärlichen Informationen aus Japan darüber, wie der Konzern sich die Zukunft des Werkes und der Beschäftigten vorstellt.

Ende September kündigte Mitsubishi dann an, was das „Zurückziehen“ vom Standort bedeuten soll. Auf einer Belegschaftsversammlung wurde den Mitarbeitern verkündet, dass der Konzern die Produktion am Standort in Flensburg einstellen will.

Rückzug mit hohen Energiekosten begründet

Begründet wird dieser Schritt mit Unwirtschaftlichkeit durch gestiegene Energiekosten. Ob jedoch gestiegene Kosten für Strom und Gas der einzige Grund für die Entscheidung sind, darf angezweifelt werden. Denn schon in den Jahren zuvor stellte die Geschäftsführung mehrfach die Zahlung von Urlaubs- oder Weihnachtsgeld aufgrund der ungünstigen Geschäftsentwicklung in Frage.

Im Jahr 2021 mussten schon einmal rund 30 Menschen gehen und die verbliebenen Beschäftigten auf Teile ihres Gehalts verzichten, um den Standort zu sichern.

Auch Betriebsrat und Gewerkschaft warten weiter auf konkrete Informationen, wie es nach dem Jahreswechsel im Mühlenstromtal weitergehen soll. Diese bekräftigten, dass man einen Investor unterstützen wolle, der auch Arbeitsplätze sichert.

Neue Informationen erst im Januar

Bislang wurde nur bekannt, dass es vier Interessenten für das über 300 Jahre bestehende Papierwerk geben soll und mit mindestens einem konkreten Interessenten auch Verhandlung geführt werden. Konkrete Informationen gibt es auch nach mehr als vier Monaten Ungewissheit nicht. „Wir produzieren erst einmal weiter, als wenn nichts wäre“, sagt ein Mitarbeiter angesichts der unklaren Situation. Neue Informationen für die Belegschaft soll es dem Vernehmen nach erst im Januar geben.

Die 195 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbringen also auch den Start ins neue Jahr mit einem ungewissen Blick in ihre berufliche Zukunft.

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