Neustädter Weingut Peter Stolleis

Wie die Flensburgerin Julia Standke in der Pfalz den Beruf der Winzerin lernt

Wie die Flensburgerin Julia Standke in der Pfalz den Beruf der Winzerin lernt

Wie eine Flensburgerin den Beruf der Winzerin lernt

SHZ
Flensburg/Neustadt an der Weinstraße
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Julia Standke lernt den Umgang mit sämtlichen Gerätschaften, von der Presse bis zum Gärtank. Foto: Hans Christoph Stolleis

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Eine Weinlese in Bordeaux wurde für die 25-Jährige zu einem prägenden Erlebnis. Derzeit hat sie jede Menge zu tun, denn die Weinlese ist in vollem Gange.

Die Auszubildende hat im Moment wenig Zeit. In Wanderstiefeln und jagdgrüner Hose läuft Julia Standke (25) im Neustädter Weingut Peter Stolleis bald hierhin bald dorthin. Sie kommt aus der Bier- und Rumstadt Flensburg, lernt aber etwas über ein ganz anderes Getränk. Die Norddeutsche möchte Winzerin werden. Am liebsten hätte sie irgendwann mal ein eigenes kleines Weingut.

Es herrscht gerade die hektischste Zeit in der Weinerzeugung: Die Lese. Der Wein wird geerntet und innerhalb kurzer Zeit gepresst oder – in Winzersprache – „gekeltert“.


Am Abend verabreden wir uns zum Gespräch. Die Hektik des Tages ist bei einem Glas Rosé schnell vergessen. Dass sie mal eine Ausbildung zur Winzerin machen würde, hätte Julia während ihrer Schulzeit an der Fridtjof-Nansen-Schule auch nicht gedacht. Wein mag sie schon, trinkt aber gern auch mal ein Bier.

Nach dem Abitur lernte sie „Technische Zeichnerin“, merkte aber, dass ein Schreibtisch-Job nichts für sie ist. Sie sah eine Reportage über Weinbau. „Das sah ganz schön aus, aber ich hatte als Flensburgerin keine Idee, wie das wirklich ist“, erzählt sie.

Die Magie der Weinlese ist berühmt

Mit ihrem damaligen Freund fuhr sie im VW-Bus durch Portugal, Spanien und Italien. Über eine App, die Kost und Logis gegen Arbeit vermittelt, kam sie zur Weinlese nach Bordeaux. Ein prägendes Erlebnis. „Wir waren 20 Leute verschiedener Nationalitäten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren“, sagt sie mit einem gewissen Leuchten in den Augen.

Die Magie der Weinlese ist berühmt. Es gibt Filme darüber (Der Wein und der Wind, 2017): Die Arbeit ist hart und langwierig, aber auch gesellig und am Ende gibt es ein ausgelassenes Fest.

Hans Christoph Stolleis ist Ausbilder in Glücksburg

Wieder zu Hause in Flensburg besorgte sie sich mit Hilfe der Jobbörse einen Ausbildungsplatz im Weinbau. Das Weingut Stolleis im Carl-Theodor-Hof von Gimmeldingen-Neustadt in der südlichen Pfalz nahm sie. Der Junior des Hauses, Hans Christoph Stolleis (28), hat einen Bezug zur Flensburger Förde.

Er ist Segler und in seiner Freizeit Ausbilder an der Hanseatischen Yachtschule Glücksburg. Deshalb hat das Weingut auch immer mal wieder Erntehelfer aus Flensburg. Im Augenblick ist Julias Schwester da. Der Carl-Theodor-Hof ist – wie die gesamte Pfalz – für seinen Riesling bekannt. Familie Stolleis lieferte auch schon ins Haus des Bundespräsidenten.

Duales Studium am Weincampus

Kurz nach Ankunft in der Pfalz legten andere junge Winzer der Flensburgerin nahe, sich um ein Studium am örtlichen Weincampus zu bemühen. Ihre Ausbildung ist jetzt dual und dauert ungefähr dreieinhalb Jahre, davon 15 Monate im Betrieb.


Sie stand schon barfuß in den Trauben, wie man es ebenfalls aus Filmen kennt. Hierbei geht es um das „Einmaischen, um Aromen aus den aufgebrochenen Schalen zu kitzeln“, erklärt Hans Christoph Stolleis. Nach einigen Stunden Standzeit werden die Trauben gekeltert. Danach wird der Most geklärt, in Holzfässern oder Edelstahltanks „vergärt“. Er reift dann zwischen fünf Monaten und zwei Jahren und wird schließlich abgefüllt.

Trauben zur Herstellung von Rotwein werden entrappt oder „abgebeert“ und die Stiele „verworfen“, da sie zu viele Bitterstoffe abgeben würden.

In Neustadt ist es im Sommer heiß

Weinherstellung ist ein komplexes Thema, und es steckt viel Arbeit drin. Bei der Handlese schneiden Erntehelfer jede einzelne Traube ab und untersuchen sie auf faule Stellen. Da der letzte Sommer auch in der Pfalz recht feucht war, gibt es viel herauszuschneiden.

Julia lernt den Umgang mit sämtlichen Gerätschaften, von der Presse bis zum Gärtank. Manchmal braucht sie wegen der Kraft Unterstützung. „Die Starkstrom-Stecker und die GK-Kupplung von einigen Maschinen kann ich alleine nicht lösen oder anbringen“, so Julia. Ansonsten ist sie in ihrem Element. Arbeit, Land und Leute in der Pfalz gefallen ihr gut. Im Sommer fehlt ihr aber das Wasser. Auf der Flensburger Förde ist sie Wakeboard gefahren. In Neustadt bleibt sie bei großer Hitze am liebsten bei geöffneten Fenstern in der kühlen Wohnung.

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