Dänische Minderheitenpartei

Wie Stefan Seidler vom SSW seine erste Woche im Bundestag erlebt hat

Wie Stefan Seidler vom SSW seine erste Woche im Bundestag erlebt hat

Stefan Seidlers (SSW) erste Woche im Bundestag

SHZ
Berlin / Flensburg
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Einzelkämpfer für den SSW im Bundestag: Stefan Seidler. Foto: Kay Nietfeld / SHZ

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Der Flensburger ist der erste Bundestagsabgeordnete des Südschleswigschen Wählerverbands seit 1953. In Berlin wird er es aus mehreren Gründen schwer haben. Doch er weiß auch schon Erfreuliches zu berichten.

Als Stefan Seidler am Dienstag vor der ersten Sitzung des neuen Bundestags seinen Platz in der hinteren Reihe des Plenarsaals aufsuchen will, ist der schon vom designierten Kanzler belegt.

Olaf Scholz unterhält sich gerade mit seinem SPD-Parteifreund und Fraktionschef Rolf Mützenich und stützt sich dabei auf den Stuhl des frisch gewählten SSW-Abgeordneten. „Ich hab' mich vorgestellt – und dann sind wir beiden Norddeutschen leicht ins Gespräch gekommen“, erzählt Seidler am Tag darauf von seiner Begegnung mit dem voraussichtlich neuen Regierungschef.


So einfach wie das Plaudern mit Scholz wird der neue Job im Parlament für Seidler nicht werden. Denn er ist ganz auf sich allein gestellt. Der 42-jährige Flensburger ist der einzige und seit 1953 erste Abgeordnete des Südschleswigschen Wählerverbands im Bundestag. Die Partei der dänischen und friesischen Minderheit ist von der Fünf-Prozent-Sperrklausel befreit und braucht für den Parlamentseinzug nur so viele Stimmen, wie in Schleswig-Holstein für ein Mandat nötig sind. Genau das hat sie im September mit ihrem Spitzenkandidaten Seidler geschafft.

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Zwar hat Seidler in der ersten Woche in Berlin großen Zuspruch erlebt. Viele Abgeordnete inklusive der neuen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas heißen ihn mit einem ebenso freundlichen wie neugierigen „Ach, Sie sind das!“ willkommen. Auch bieten ihm alle Fraktionen außer der Linken und der AfD Unterschlupf an – doch das will Seidler nicht.

Kaum Redezeit und kein Stimmrecht im Ausschuss

„Ich möchte meine Unabhängigkeit behalten und nicht in Fraktionsdisziplin eingebunden sein“, sagt er. „Nur dann kann ich konsequent den Finger in die Wunde legen, wenn die Minderheiten oder Schleswig-Holstein mal wieder zu kurz kommen.“ Dafür muss Seidler aber in Kauf nehmen, dass er kaum Redezeit hat und in seinem Ausschuss – voraussichtlich dem für Wirtschaft oder Verkehr – kein Stimmrecht.

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Zudem muss sich der Neuling alle Gepflogenheiten im Parlament mühsam selbst aneignen. Dabei helfen ihm immerhin die Beschäftigten der Bundestagsverwaltung sehr. „Ich habe den Eindruck, dass die das gern machen – für die ist das ja auch mal eine Abwechslung“, lobt Seidler. Von den Sicherheitsregeln bis zu den Stimmkarten haben die ihm vieles erklärt, was er wissen muss.

Seidlers Büro liegt mitten in CDU-Territorium

Auch ein Büro hat Seidler seit Mittwoch. Allerdings ist es noch leer und das Telefon tot. Das stört Seidler aber nicht: „Ich brauche nur Handy, Tablet und Laptop.“ Außerdem wird er das Büro noch mal wechseln. Sein jetziges gegenüber der britischen Botschaft ist zehn Gehminuten vom Reichstagsgebäude entfernt – zu weit für einen Einzelkämpfer, der oft zwischen Büro, Plenarsaal und Ausschuss hin- und herlaufen muss. Seidler hat daher die Zusage, bald ein anderes Büro zu erhalten.

Das fände er auch deshalb gut, weil er jetzt von CDU-Büros umgeben ist. „Ich habe nichts gegen die Union“, sagt Seidler. „Aber politisch fühle ich mich in vielen Punkten wohler bei den Grünen und der SPD.“ In deren Nähe sitzt er daher auch im Plenarsaal.

Im November trifft er Königin Margrethe II. bei deren Staatsbesuch

Schon in zwölf Tagen wartet in Berlin der nächste Höhepunkt auf Seidler: Vom 10. bis 13. November kommt Dänemarks Königin Margrethe II. zum Staatsbesuch nach Deutschland. Der SSW-Mann wird sie nicht nur treffen, sondern auch eine Veranstaltung mit Wirtschaftsführern aus Dänemark und Deutschland leiten. Schwer wird ihm das nicht fallen: Zuletzt hat er sieben Jahre lang für Schleswig-Holsteins Regierung die Zusammenarbeit mit Dänemark koordiniert.

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