Rentner als „Parkplatz-Rambos“

Wieso verwechseln Senioren so oft Gas und Bremse?

Wieso verwechseln Senioren so oft Gas und Bremse?

Wieso verwechseln Senioren so oft Gas und Bremse?

SHZ
Flensburg
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Anfang August landete der Wagen einer Seniorin auf Supermarkt-Einkaufswagen in Bredstedt. Laut Polizei hatte die Frau bremsen wollen. Foto: dpa/shz.de

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Es passiert beim Ein- oder Ausparken: Autos schießen mit heulenden Motoren los, krachen in Schaufenster, verletzen Menschen. Ein Unfallforscher erklärt, warum bei diesen Unfälle meist Senioren am Steuer sitzen.

Es war ein schockierender Unfall: Am letzten Juli-Wochenende war ein Rentner (81) in Flensburg in eine Jugendgruppe aus Niedersachsen gefahren, die vor einem Schaufenster stand. Drei der Kinder und ihre Betreuerin wurden schwer verletzt. Wie die Polizei berichtete, soll der Fahrer Gas und Bremse verwechselt haben.


Solche Unfälle sind keine Seltenheit. Und meist sitzen Senioren am Steuer.

Drei schwere Unfälle in nur einem Monat

So fuhr wenige Tage später eine Seniorin (76) in Bredstedt (Kreis Nordfriesland) auf die Einkaufswagen eines Supermarktes. Laut Polizei hatte sie bremsen wollen. Knapp einen Monat zuvor hatte in Barmstedt (Kreis Pinneberg) eine Seniorin (77) beim Verlassen eines Parkplatzes einen Radfahrer (58) überrollt. Den Beamten gab sie zu Protokoll, sie habe den Mann passieren lassen wollen, statt auf die Bremse jedoch aufs Gaspedal getreten.

Im Februar 2018 war ein Autofahrer (88) in die Eingangstür eines Aldi-Marktes in Mölln (Kreis Herzogtum-Lauenburg) gefahren. Auch er erklärte den Polizisten, er habe Gas- und Bremspedal verwechselt.


Wieso wird auf das falsche Pedal getreten?

Gangstufen bei Automatikwagen entsprechen nicht der Intuition

Dazu gebe es keine verlässlichen Daten, sagt Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Bei Automatikwagen hält er eine Verwechslung für eher unwahrscheinlich, da die Pedale weit auseinander liegen. „Dafür gibt dort es das Problem, dass die Gangstufen rein intuitiv falsch angeordnet sind“, so Brockmann. Zum Vorwärtsfahren müsse der Hebel nach hinten gezogen werden, um auf Drive gestellt zu werden. Für den Rückwärtsgang sei es genau umgekehrt, der Wahlhebel müsse nach vorne geschoben werden. Daher ist sich der Unfallforscher nicht sicher, ob die Verwechslung von Gas- und Bremspedal wirklich immer die Ursache ist – oder ob die Polizei das nur mutmaßt, weil die Verursacher aus Sorge vor Konsequenzen zu den Gründen des Unfalls schweigen.

Senioren brauchen länger, um zu reagieren

Als viel maßgeblicher für die oft dramatischen Folgen sieht Brockmann das Alter der Unfallfahrer. „Senioren haben viel Erfahrungswissen, ihre Festplatte ist voll. Aber ihr Arbeitsspeicher ist kleiner und sie brauchen daher länger, um auf Ereignisse zu reagieren.“ Stressige Situationen beim Ein- oder Ausparken raubten Senioren zusätzlich viel von ihren altersbedingt bereits eingeschränkten Kapazitäten.

Fehler wird nicht korrigiert, sondern Gaspedal fest durchgedrückt

Ein junger Mensch, der statt auf die Bremse aufs Gas tritt, braucht nur eine Zehntelsekunde, um seinen Fehler zu korrigieren. „Viele Senioren halten in einer solchen Situation das Gas jedoch fest durchgedrückt“, sagt TÜV-Verkehrspsychologe Gerhard Laub. Grund: Äußere Reize würden vom Gehirn nicht schnell genug verarbeitet und daher würden die Signale für ein rasches, motorisches Handeln ebenfalls nicht rechtzeitig genug weitergegeben.

Automatikwagen hält Brockmann trotz des Wahlhebel-Problems besser für Senioren geeignet: „Weil der Schaltvorgang aus der Liste der Dinge, die kognitive Kapazitäten verlangen, herausgestrichen ist.“

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