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„Wir brauchen Menschen jeglicher Herkunft, um den Bedarf an Arbeitskräften zu decken“

„Wir brauchen Menschen jeglicher Herkunft, um den Bedarf zu decken“

„ Arbeitskräfte jeglicher Herkunft notwendig“

SHZ
Flensburg
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<p>Monika Söhler, Basel Taki Alsagher, Dr. Fabian Geyer, Mina Aghazadeh und Heiko Frost auf dem Gelände des Familienzentrums von Adelby 1 in der Bauer Landstraße, Flensburg.</p> Foto: Gohde Foto: Gohde / SHZ

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Mina und Basel kamen aus dem Iran und Syrien nach Deutschland. Bei Adelby 1 arbeiten sie als Kultur-und Sprachmittler.

„Du schaffst das, wir helfen dir!“, ermutigte Monika Söhler von Adelby 1 Mina Aghazadeh vor einigen Jahren. Sie arbeitet für die Familienzentren der Kinder- und Jugenddienste und hatte beobachtet, wie die Iranerin dolmetschte und zwischen den deutschen und internationalen Menschen in einer Kita vermittelte. Monika Söhler riet der jungen Frau ihre Sprachkompetenz bei Adelby 1 nicht nur als Besucherin und Mutter, sondern als Angestellte einzubringen. Sie sah das Potenzial in Mina Aghazadeh und ermutigte sie, sich zu bewerben. Heute ist Mina bei Adelby 1 als Kultur- und Sprachmittlerin tätig und steht finanziell auf eigenen Beinen. Und auch der Syrer Basel Taki Alsagher arbeitet hier in der gleichen Position. Die beiden sind Beispiele, wie die Inklusion heimatvertriebener Menschen in den ersten Arbeitsmarkt gelingen kann. Dies war auch Thema im gemeinsamen Gespräch mit Arbeitgeberverband-Chef Dr. Fabian Geyer und Heiko Frost, Geschäftsführer von Adelby 1.

Ein langer, beschwerlicher Weg

Mit 17 Jahren hat Basel Taki Alsagher seine Heimat Syrien gemeinsam mit einem Freund verlassen. Denn mit seiner bevorstehenden Volljährigkeit wäre Basel als Soldat verpflichtet worden – und das wollte er nicht. Was Krieg bedeutet, das hat Basel Taki Alsagher seit seinem 15. Lebensjahr miterlebt. „Als Soldat muss ich Leute erschießen. Und wenn ich das nicht mache, werde ich erschossen. Also sind wir geflohen. Wir hatten nichts zu verlieren“, sagt der 25-Jährige. Seine Familie hatte Geld für ihn gesammelt. Seine Flucht führte Basel zuerst nach Algerien, dann weiter durch die Wüste nach Libyen, im Boot nach Italien und schließlich nach Deutschland.

2014 kam Basel nach Flensburg und belegte Anfang 2015 den ersten Deutschkurs. Über die Flüchlingshilfe fand er seinen Weg schnell zu Adelby 1, wo er anfing zu arbeiten. Mittlerweile ist Basel in Deutschland eingebürgert. Ihm wurde Unterstützung zuteil, auch, weil er stets freiwillig gearbeitet hat, vermutet Basel.

Mina Aghazadeh lebt bereits seit neun Jahren in Deutschland. Auch ihre beiden Kinder sind hier geboren. Im Gegensatz zu Basel muss die Iranerin allerdings noch bis 2023 warten, bis ihre Einbürgerung geprüft wird, denn das ist je nach Herkunftsland verschieden. Ob Mina in Deutschland bleiben kann, weiß sie also noch nicht. Auch ihre Arbeitsstelle bei Adelby 1 wird jedes Jahr neu befristet, weil diese vom Land Schleswig-Holstein gezahlt wird.  Die Fach- und Sprachkompetenz, die Mina und Basel mitbringen, ist für Adelby 1 unverzichtbar. In den Kitas, den Offenen Ganztag sowie in den Familienzentren übersetzen sie von Arabisch, Dari, Farsi, Türkisch oder Arseri zu Deutsch oder Englisch, erklären kulturelle Unterschiede, wie das deutsche Schul- und Bildungssystem funktioniert und beispielweise, wie man seine Kinder in Deutschland für die Schule anmeldet. Ihre Unterstützung wird dringend benötigt.

Über Adelby 1

Die Adelby 1 Kinder- und Jugenddienste gGmbH ist inklusiver Träger von Kindertagesstätten an 14 Standorten, von Familienzentren, einer interdisziplinären Frühförderung (IFF) und von stationärer Jugendhilfe. Sie hält ambulante Dienste (Schule & Inklusion) an 70 Schulen vor und begleitet an sechs Schulen den „Offenen Ganztag“. Das Ziel: die gleichberechtigte Teilhabe jedes Menschen am Leben und in der Gesellschaft.

„Der Bedarf an pädagogischen Kräften ist enorm und wird in Zukunft noch weiter wachsen. Man weiß jetzt schon, dass im Jahr 2025 in Deutschland etwa 200.000 Erzieher gebraucht werden“, weiß Adelby 1-Geschäftsführer Heiko Frost. Gerne würde er Mina und Basel ermöglichen, eine Ausbildung zum Sozialpädagogischen Assistenten (SPA) zu machen – aber das scheitert an der Bürokratie.

„Die beiden sind super qualifiziert, bringen für die Ausbildung aber nicht die in Deutschland erforderlichen Schulabschlüsse mit“, bedauert Frost. Dass Basel zwei Jahre lang ein FSJ gemacht hat, zählt nicht. Außerdem wurde sein syrischer Hauptschulabschluss erst anerkannt, nachdem er in Deutschland eine halbes Jahr lang zur Abendschule ging. Für die Ausbildung zum SPA benötigt er aber den mittleren Schulabschluss. „Wir haben ein riesiges Potenzial Fachpersonal auszubilden, um den Bedarf an pädagogischem Personal zu decken. Aber es gibt kein Programm, mit dem ich auf Migranten zugehen kann. Da muss sich was ändern“, fordert Frost.

Dr. Fabian Geyer, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands Flensburg-Schleswig-Eckernförde pflichtet ihm bei: „Der Staat vertraut den Unternehmen nicht, dass sie eine gute Lösung haben. Das ist frustrierend. So werden wir die Probleme nicht lösen. Es muss andere, flexiblere Einstiegsmöglichkeiten geben. Sonst bleibt es bei positiven Einzelfällen wie Basel und Mina, die wir bewundern können.“

Dr. Geyer nimmt aber auch die Unternehmen in die Pflicht: „Vielen Unternehmen fehlt es an der Offenheit ein paar Umwege zu gehen, um qualifiziertes Fachpersonal für den eigenen Betrieb zu gewinnen. Sie haben Angst vor fremden Bräuchen oder der Auseinandersetzung mit Ausländerbehörden. Doch wir brauchen Menschen jeglicher Herkunft, um den Bedarf an Arbeitskräften zu decken. Und wir haben Millionen Menschen hier, die arbeiten möchten. Da ist es doch naheliegend, beide Interessen zusammenzubringen. Es ist für mich unverständlich, warum man nicht auf die Migranten zugeht. Stattdessen verwalten wir sie und versuchen die Herausforderung von Integration mit Geld zu lösen.“

Für Dr. Fabian Geyer und Heiko Frost ist der Weg klar, der in Zukunft eingeschlagen werden muss: Der Bedarf, den es am Arbeitsmarkt gibt, kann mit den Menschen gestillt werden, die im Land sind. So schafft man zugleich für beide Seiten eine unkomplizierte und nachhaltige Lösung.

Über den Arbeitgeberverband Flensburg Schleswig-Eckernförde

Der Arbeitgeberverband Flensburg-Schleswig-Eckernförde ist ein Zusammenschluss von Arbeitgebern, der in der Region wirkt. Aktuell betreut das Team um Rechtsanwalt Dr. Fabian Geyer rund 380 Mitglieder aus allen Branchen. Für die rechtliche Beratung, in Personalfragen, im Datenschutz oder bei der allgemeinen Interessensvertretung können die Mitglieder des Arbeitgeberverbands diesen kontaktieren.


Weiterlesen: „Einen Migranten einzustellen ist keine Besonderheit, das ist das Normalste der Welt!“ (Anzeige)

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