Herbststurm „Ignatz“

Wirbelsturm fegt über Schwentinental – Verwüstungen auch in Neumünster

Wirbelsturm fegt über Schwentinental – Verwüstungen auch in Neumünster

Wirbelsturm fegt über Schwentinental

SHZ
Kiel/Hamburg
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Ein entwurzelter Baum liegt auf einem Gehweg in Klausdorf, einem Stadtteil von Schwentinental. Foto: Frank Molter/dpa Foto: 90037

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Einsatzkräfte in Schleswig-Holstein sind am Donnerstag wegen umgestürzter Bäume im Dauereinsatz. Die größten Schäden richtete eine Windhose in Schwentinental an.

Ein Wirbelsturm hat am Donnerstagmorgen schwere Schäden in Schwentinental bei Kiel angerichtet. Feuerwehr-Einsatzleiter Kai Lässig berichtete, er habe den Rüssel des Wirbelsturms selbst gesehen. Der Sturm habe im Ort eine „Schneise der Verwüstung“ auf etwa 100 Metern Breite hinterlassen.

Mehrere Häuser seien schwer beschädigt worden, berichtete Lässig weiter. Bäume seien umgestürzt und hätten Autos unter sich begraben. Verletzte gab es nach seinen Angaben nicht. Der Sturm sei gegen 7.30 Uhr aus Richtung Kiel durch den Ort gezogen. Er habe unter anderem Gartenhäuser, Wintergärten und Gewächshäuser zerstört. Die Polizei in Kiel sprach von 35 Einsätzen.

Ob der Deutsche Wetterdienst (DWD) den Sturm als Tornado einstuft, werde geprüft, wenn Meldungen dazu eingegangen seien, sagte ein Sprecher.

Ähnlich lief es in Neumünster ab. Ab 7 Uhr fielen in Neumünster am Donnerstag die ersten Bäume auf Straßen und Grundstücke. Diverse Gegenstände wirbelten plötzlich durch die Luft. Teile von Dächern hoben ab. Bei der Feuerwehr- und der Polizeileitstelle liefen die Telefone heiß. Offenbar war auch hier eine Windhose am Werk.

Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes gehörte Schleswig-Holstein am Morgen allerdings zu den Bundesländern mit den geringsten Windgeschwindigkeiten in Deutschland. Die stärkste Böe wurde in Travemünde mit 89 Kilometern pro Stunde gemessen.

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Einsatzkräfte im Dauereinsatz

Bereits in der Nacht waren mehrere Bäume auf die Straße gefallen, hieß es etwa aus Flensburg. In Neumünster liefen seit 6 Uhr zahlreiche Notrufe wegen umgestürzter Bäume bei Polizei und Feuerwehr ein. „Zurzeit sind alle Streifenwagen unterwegs. Die Leitstelle spricht von 50 Einsätzen“, erklärte Polizeisprecher Sönke Petersen am Vormittag.

An der Landstraße zwischen Neumünster-Einfeld und Großharrie stürzten mehrere große Bäume um. Dicke Äste wurden abgeknickt. In Neumünster-Tungendorf fielen zahlreiche rund 100-jährige Linden dem Sturm zum Opfer. Teilweise wurden Anbauten in Gärten beschädigt. Wenige Meter weiter entwurzelte der Sturm große Bäume direkt neben Wohnhäusern.

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Auch in Kiel und Umgebung sorgte „Ignatz“ für Schäden, wie die Kieler Nachrichten berichteten. So haben Starkregen und Sturmböen den Berufsverkehr am Donnerstagmorgen auf der B76 in Kiel eingeschränkt. Am Olof-Palme-Damm stürzte kurz nach 7 Uhr in Höhe der Abfahrt Kronshagen ein Baum auf einen Seitenstreifen. Es hat zudem mehrere Einsätze im Stadtgebiet durch herabgefallene Dachziegel und Überschwemmungen gegeben.

In Lübeck und den umliegenden Kreisen Stormarn, Ostholstein und Herzogtum Lauenburg stürzten ebenfalls Bäume um. Die B432 zwischen Ahrensbök und Pönitz (Kreis Ostholstein) war am frühen Morgen wegen Bäumen auf der Straße zweitweise in beide Richtungen gesperrt. In der Vorrader Straße in Lübeck müssen zwei Bäume weggeräumt werden, dort gibt es laut den Lübecker Nachrichten derzeit kein Durchkommen.

Zugverkehr beeinträchtigt

In Wittorf auf der Bahnstrecke ist ein Zug auf ein Teile eines auf die Gleise gewehten Flachdachs gefahren, das sich dann verkantet hat. Auch dort sind Kräfte im Einsatz, um das Metallteil wieder herauszubekommen. Die Bahn stellte den Zugverkehr vorübergehend ein. Rund 120 Fahrgäste wurden auf dem Zug evakuiert, verletzt wurde niemand.

Ein auf eine Oberleitung gestürzter Baum hat zudem für Beeinträchtigungen im Zugverkehr zwischen Hamburg und Kiel sowie Flensburg gesorgt. Die Meldung sei gegen 7.30 Uhr eingegangen, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn. Die Oberleitung auf der Strecke zwischen Neumünster und Rendsburg musste repariert werden. Es kam zu Verspätungen.

Unfall auf nasser Fahrbahn

Im Kreis Rendsburg-Eckernförde musste die Feuerwehr in der Nacht zwölf Mal ausrücken. Nach dem stürmischen Wetter waren auch dort mancherorts Bäume umgestürzt. Zudem waren teils Äste auf die Straße gefallen, berichten Daniel Passig und Carsten Rehder, Pressewarte beim Kreisfeuerwehrverband Rendsburg-Eckernförde.

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Auch der Dauerregen sorgte bereits für Probleme: So kam am Morgen auf der A210 in Fahrtrichtung Kiel gegen 7.30 Uhr in Höhe Melsdorf ein Auto von der nassen Fahrbahn ab – vermutlich in Folge von Aquaplaning.

Sturmflutwarnung für die Nordsee

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie warnt vor einer Sturmflut an der Nordsee sowie im Weser- und Elbegebiet . Das Nachmittag- beziehungsweise Abend-Hochwasser werde am Donnerstag an der Nordseeküste einen bis 1,50 Meter und im Weser- und Elbegebiet etwa 1,50 Meter über dem Mittleren Hochwasser eintreten, hieß es. Weitere Sturmfluten am Freitag seien nicht ausgeschlossen. Der Scheitelpunkt in Hamburg-St.-Pauli soll am Donnerstag um kurz nach 18 Uhr erreicht werden.

Für einen Streifen entlang des Nord-Ostsee-Kanals prophezeite der DWD Schauer und Gewitter mit kräftigen Regenfällen. Hamburg werde davon aber weniger stark betroffen sein, sagte Schmidt. Die Temperaturen steigen bis auf 12 Grad im Norden und 15 Grad in Lauenburg.

Zum Wochenende soll sich das Wetter beruhigen und die Sonne hervorkommen. Der Vorhersage zufolge könnte es in der Nacht zum Sonntag aber ersten Bodenfrost geben.

Schäden auch in Hamburg

Der erste Herbststurm des Jahres hat am Donnerstag in Hamburg nur geringe Schäden angerichtet. Die Feuerwehr musste zu zahlreichen Einsätzen ausrücken. „Das ist nichts Dramatisches“, sagte am Mittag jedoch ein Feuerwehrsprecher.

Im Stadtteil Ohlsdorf stürzten zwei etwa 15 Meter hohe Bäume um, einer gegen die Wand eines viergeschossigen Mehrfamilienhauses, der andere auf ein Auto.

Die Einsatzkräfte hätten drei Stunden gebraucht, um mit Hilfe einer Drehleiter und eines Krans die Bäume von oben nach unten abzutragen, sagte der Sprecher. Verletzt wurde niemand. Die Höhe des Sachschadens konnte zunächst noch nicht beziffert werden. In Hamburg-Curslack drohte ein Baum auf eine Straße und einen Carport zu stürzen. Die Feuerwehr beseitigte die Gefahr.

Das Bezirksamt Altona ordnete vorsorglich die Schließung des Wildgeheges Klövensteen an. Herunterfallende Äste könnten eine Gefahr darstellen, hieß es.

Weitere Sturmfluten erwartet

Am Abend setzte eine Sturmflut den Fischmarkt im Stadtteil St. Pauli unter Wasser. Der Scheitel sei am frühen Abend mit 1,72 Metern über dem mittleren Hochwasser erreicht worden, sagte eine Sprecherin des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Zahlreiche Schaulustige wollten das sehen.

Polizisten halfen einem Mädchen an einer Brüstung. Die Neunjährige habe zwar noch im Trockenen gestanden, doch das Wasser um sie herum sei bis zu 50 Zentimeter hoch gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Die Beamten hätten das Kind in Sicherheit gebracht.

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie warnte unterdessen, weitere Sturmfluten am Freitag seien nicht ausgeschlossen. „Wir erwarten für das Nachthochwasser beziehungsweise das Morgenhochwasser noch deutlich erhöhte Wasserstände, sagte die Sprecherin. Für Hamburg werde am Morgen erneut eine Sturmflut mit etwa 1,5 Metern über dem mittleren Hochwasser erwartet. Ähnlich werde es in Nordfriesland aussehen. Auch am späteren Freitagnachmittag sei mit Hochwasser zu rechnen.

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