Workshop in Kappeln

Das wünschen sich Einheimische für den Tourismus

Das wünschen sich Einheimische für den Tourismus

Das wünschen sich Einheimische für den Tourismus

SHZ
Kappeln
Zuletzt aktualisiert um:
Gemeinsames Arbeiten am Dialogtisch zur Mobilität: OFS-Geschäftsführer Max Triphaus (3.v.r.) moderiert die Diskussion. Foto: Rebecca Nordmann/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Einen Abend lang haben sich Bewohner der Schleiregion mit dem Thema Tourismus befasst. Tenor: Gäste sind erwünscht, aber in einigen Bereichen soll es Strukturen geben, um das intensive Miteinander stressfrei zu gestalten.

Die Vorstellung der Ergebnisse der Online-Befragung zum Thema Tourismus-Akzeptanz war nur ein Aspekt des zweieinhalb Stunden langen Abends in der Kappelner Maschinenhalle. Die meiste Zeit der Veranstaltung der Ostseefjord-Schlei GmbH (OFS) drehte sich nämlich um die Konsequenzen aus eben dieser Befragung. Was muss passieren, damit die Akzeptanz in der Bevölkerung gegenüber der nachweislich gestiegenen Gästezahl wieder wächst?

Weiterlesen: Was nervt am Tourismus an Schlei und Ostsee? Das haben die Einheimischen geantwortet

Gestiegener Urlauberstrom

Dass sie gelitten hat, haben vor allem die beiden zurückliegenden Sommer gezeigt: In dieser Zeit war der Urlauberzustrom nochmals kräftig gestiegen, Einheimische klagten über zu volle Innenstädte und Strände, über verstopfte Straßen und fehlende Parkplätze – die Stimmung drohte zu kippen. Gleichwohl ist allen jederzeit bewusst gewesen, dass die Region und Kappeln allemal ohne Gäste kaum so gut dastehen würde, wie es das tut.

Balance finden

Es ging also darum, eine Balance zu finden zwischen den Menschen, die sich einmal im Jahr für ein paar Wochen in der Region aufhalten, und denen, die ständig da sind. Und deshalb hatte die OFS zum Workshop in die Alte Maschinenhalle geladen, etwa 60 Besucher, überwiegend aus Kappeln und Arnis, aber auch aus dem Amt Geltinger Bucht und aus Schwansen, waren gekommen. Dass sie alle das Thema bewegt, ließ sich gut an der Rechnung ablesen, die Steinbergs Bürgermeister Roy Bonde, aufmachte: „Im Winter habe ich 800 Einwohner, im Sommer 3000.“ Ausbalanciert klingt das nicht.

Auch interessant: Studien zeigen sinkende Tourismusakzeptanz in Schleswig-Holstein

Drei Dialogtische

Abgeleitet aus den Ergebnissen der Online-Befragung hatte die OFS gemeinsam mit der Agentur Project M drei Dialogtische eingerichtet, außerdem eine Stellwand bereitgestellt, an die Aspekte angepinnt werden konnten, die an keinem der Tische einen Platz fanden – Peter Kowalsky von Project M nannte das den Themenspeicher. Dort sollten sich im Laufe des Abends Schlagworte wie Vermieter-Stammtisch oder Wohnungsmangel für Servicekräfte wiederfinden oder auch die Forderung an potenzielle Investoren, vor dem Kauf ihre Serviceketten darzulegen.

Mobilität und Verkehr

Mobilitätsmanagement und Verkehrslenkung war ein schwer gefragter Tisch, an dem das gestiegene Verkehrsaufkommen speziell in Kappeln eine Rolle spielte. Aus den Reihen der anwesenden Einheimischen kam dazu unter anderem der Vorschlag, für den Parkplatz in Ellenberg eine andere Zuwegung anzulegen, die auch bei geöffneter Brücke zu nutzen sei. Ein weiterer Wunsch bezog sich darauf, für die Gäste aus Richtung Flensburg einen ebensolchen Parkplatz vor der Stadt zu schaffen. Und in Kurzform: ein autofreies Arnis, die Arnisser Autofähre zur Fahrradfähre zu verwandeln, einen Anreiseweg per Schiff von Kiel über die Eckernförder Bucht anzubieten.

Weiterlesen: Wo ist die Grenze des Tourismus an Schlei und Ostsee? Konzept soll Antworten liefern

Radwegeinfrastruktur

An Tisch 2 drehte es sich um die Radwegeinfrastruktur. Die Bürger sprachen von einer breiteren Fahrbahn, von Überlegungen, eine Fahrradschnellroute von Kappeln nach Schleswig einzurichten, gleichzeitig davon getrennte Genussrouten, außerdem Fahrradbusse und mehr Leihstationen. Die Kappelnerin Herta Itzke, selbst Vermieterin von Ferienunterkünften, sagte dazu: „Im Sommer meide ich die Stadt mit dem Fahrrad. Es ist kein Durchkommen.“ Die gezielte Trennung von Strecken für Schnell- und Langsamfahrer könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein.

Menschen besser lenken

Der Kappelner Peter Boltz stellte eine Teilung zwischen Wanderwegen und Radwegen heraus – „damit sich wirklich alle entspannt bewegen können“. Und er griff eine Idee auf, die bereits im Vorfeld gefallen war: eine Ampel – „damit man die Menschen besser dahin lenken kann, wo noch nicht so viel los ist“. Etwa weg vom vollen Weidefelder Strand mit roter Ampel, hin auf den leeren Wanderweg um den Schwansener See mit grüner Ampel.

Auch interessant: Kappelns Besucheransturm im Kollektiv bewältigen

Freitzeittouristische Angebote

Schließlich die freitzeittouristischen Angebote, zu denen aus Sicht der Einheimischen ein Schwimmbad gehört, viele halten auch das gastronomische Angebot für ausbaufähig, damit die Chance auf einen spontanen Sitzplatz im Sommer wächst. Um die Urlaubermenge zu entzerren, wurde der Wunsch laut, das Hinterland besser zu fördern, Geheimtipps in zweiter und dritter Reihe anzubieten.

 

Die Arnisserin Elke Horn blickte interessiert, aber gleichzeitig ein wenig skeptisch auf all die Anregungen. „Am Ende kostet das ja alles Geld, und ich weiß nicht, wo das herkommen soll“, sagte sie. Aber sie teilte die Überzeugung ihres Mannes Hendrik Horn, der fand: „Dass das Bewusstsein für das Problem und unsere Bedürfnisse geweckt ist, ist schon mal gut.“ Die beiden Arnisser wissen um die Bedeutung der Urlauber auch für ihre Stadt und erwarten ähnliche Besucherzahlen für das kommende Jahr, das gerade ausklingende Jahr nannte Elke Horn „schon ein wenig stressig, weil der Besucherstrom gar nicht mehr aufhörte“.

Arbeitsaufträge für OFS und Kommune

Auch Herta Itzke war froh, als Bürgerin auf diese Weise Gehör zu finden. „Wir leben von den Gästen“, sagte sie. „Aber wir sind am Limit.“ Ihre Hoffnung? „Dass man uns ernst nimmt.“ Das ließ OFS-Geschäftsführer Max Triphaus zum Ende erkennen. „Wir nehmen aus diesem Abend Arbeitsaufträge mit“, sagte er. Einiges könne die OFS selbst erledigen, anderes wolle man an die Kommunen weiterleiten. „Wir wollten unser Ohr an die Stimmung der Bevölkerung halten“, sagte Triphaus, der von einem sehr konstruktiven Workshop sprach. Das Format wolle man beibehalten.

Weiterlesen: Zu viele Autos, zu oft Stau – Beschwerden werden lauter

Vielleicht damit am Ende das zwischen Einheimischen und Gästen gelten kann, was Peter Boltz so umschrieb: „Im Moment gehen wir uns gegenseitig auf den Geist, weil Chaos herrscht. Aber mit einer besseren Planung und Struktur können wir die Urlaubermengen verkraften.

Mehr lesen