Mobilität

Steuererleichterungen auf Fahrräder nehmen Fahrt auf

Steuererleichterungen auf Fahrräder nehmen Fahrt auf

Steuererleichterungen auf Fahrräder nehmen Fahrt auf

Kopenhagen
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Radfahrende
Es braucht steuerliche Anreize, um das Radfahren zur Arbeit attraktiver zu machen, da sind sich die Parteien einig. Foto: Jens Hasse, Cyklistforbundet

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Um das Radfahren zur Arbeit im Land zu fördern, gibt es seit Jahren Forderungen nach Steuererleichterungen – etwa wenn der Arbeitgebende ein Rad zur Verfügung stellt. Ein Vorschlag der Einheitsliste aus dem Frühjahr bringt nun neuen Wind in die Debatte um eine Gesetzesänderung. Der Ball liegt aktuell bei Steuerminister Jeppe Bruus (Soz.).

„Das Steuersystem muss es einfach und attraktiv machen, grüne und gesunde Entscheidungen zu treffen. Wir wollen, dass mehr Menschen mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, denn das ist gut für das Klima und die öffentliche Gesundheit. Gleichzeitig ist es ein gutes Mittel, um die zunehmende Verkehrsüberlastung in den Großstädten zu bekämpfen“, sagte Steuerminister Jeppe Bruus (Soz.) in der vergangenen Woche bei der Überreichung des Fahrradinitiativpreises des Jahres 2024 (Årets Cykelinitiativpris) an Johannes Saugbjerg von der Firma Vola in Horsens. Das Unternehmen hatte alle Segel gesetzt, damit möglichst viele Mitarbeitende bei der „Vi cykler til arbejde“-Kampagne mitmachen.

Initiative von Einheitslisten

Bruus nimmt damit offenbar Bezug auf eine Debatte, die seit Jahren immer wieder aufkommt und seit dem Frühjahr erneut an Fahrt aufnimmt. Mehrere Politikerinnen und Politiker von der Einheitsliste (EL) wollen eine Änderung des Steuergesetzes erreichen, um den Fahrradverkehr zu fördern. Alle Besteuerungen auf Fahrräder sollen demnach fallen. Konkret geht es um Steuererleichterungen für die, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren wollen. Wird Arbeitnehmenden ein Fahrrad vom Arbeitgebenden gestellt, muss der Mitarbeitende den Wert des Rades bislang versteuern und darf das Rad nicht ohne steuerliche Konsequenzen auch privat nutzen. 

Steuerminister will Wege finden

Weil jedoch Berechnungen fehlten, welchen Effekt eine Steueränderung auf die öffentliche Gesundheit und die Steuereinnahmen hat, konnte EL zunächst keine Mehrheit für ihren Vorschlag hinter sich sammeln. Allerdings war sich der parlamentarische Steuerausschuss (skatteudvalg) über den Zweck des Vorschlags einig und beauftragte Jeppe Bruus, eine vernünftige Lösung zu finden, um Arbeitnehmenden die Wahl zwischen Auto und Fahrrad zu erleichtern. Diese steht noch aus, und es ist noch unklar, wann dem Folketing ein Entwurf unterbreitet wird.

In einer Antwort an den Ausschuss sagte Bruus aber auch: „Ich stimme zu, dass es unangemessen ist, wenn die Steuervorschriften mehr Menschen davon abhalten, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Deshalb glaube ich auch, dass wir Wege finden müssen, wie das Steuersystem das Radfahren noch mehr unterstützen kann.“

Radverkehr soll gefördert werden

Der Grund für den Vorschlag ist simpel. Dänemark möchte als Fahrradnation das Radfahren weiter fördern. Das Problem: In den vergangenen Jahren ging die Nutzung von Zweirädern zurück – laut dem Branchenverband Dansk Industri (DI) um 20 Prozent seit 2014

Und das kostet Geld. Laut DI bedeutet ein Rückgang um 10 Prozent beim Radverkehr einen Anstieg um 2,5 Milliarden Kronen für Gesundheitsausgaben und ein Plus an Krankheitstagen von 102.000. Denn Radfahren beugt erwiesenermaßen Krankheiten vor, was das Gesundheitssystem entlastet. Laut DI reduzieren nur 10 Prozent mehr Fahrradkilometer die Krankheitstage um 34.000 im öffentlichen Sektor, bei Privatangestellten sogar um 68.000.

Eine Berechnung der Verkehrsbehörde (vejdirektoratet) zeigt, dass jeder Kilometer, der statt mit dem Auto mit dem Fahrrad zurückgelegt wird, einen gesamtgesellschaftlichen Gewinn von 8,39 Kronen bedeutet. Bei einem Elektrofahrrad sind es noch 5,36 Kronen.

Karsten Lauritzen, Chef von DI Transport, sagte bei der Preisübergabe: „Es gibt richtig viele gesellschaftsökonomische Argumente für das Radfahren, aber es geht um mehr. Tut man etwas in Gemeinschaft an einem Arbeitsplatz, setzt das Energie frei. Das ist wichtig – sowohl für den Zusammenhalt als auch für den Einzelnen.“

Nur ein „Jobrad“-Anbieter in Dänemark

Wenn Steuererleichterungen kommen, habe dies das Potenzial, der größte Game-Changer für das Radfahren in Dänemark in den vergangenen 10 bis 15 Jahren zu werden, schreibt Kenneth Øhrberg Krag, Direktor des Radfahrendenverbandes (cyklistforbundet), auf Linkedin zu einem entsprechenden Artikel von „TV2 Kosmopol“

In Schweden, den Niederlanden oder Deutschland gibt es das „Arbeitsrad“ schon lange. Hier werden Steuergesetze genutzt, um das Fahrradfahren durch Arbeitgebende zu fördern. In Deutschland ist es etwa möglich, über die Firma ein Rad zu leasen. Vom Lohn wird dann ein steuerfreier Betrag einbehalten – quasi eine Monatsrate. Die Anbieter heißen etwa „Jobrad“ oder „Jobbike“.  Der Vorteil: Das Rad kann auch privat genutzt werden und nach Ablauf des Leasing-Zeitraums gegen ein Entgelt übernommen oder aber zurückgegeben werden. 

Dänemark ist eines der wenigen EU-Länder, in denen es noch keine gezielten Steuerinitiativen zur Förderung des Radfahrens gibt. Bislang gibt es nur ein Unternehmen im Land, das ein Modell im Angebot hat, bei dem man ein Fahrrad über das Gehalt finanzieren kann. Der Arbeitgebende deckt den monatlichen Preis, der Arbeitnehmende wird monatlich besteuert – so das Prinzip. Jooll hat bereits Mitarbeitende in mehr als 2.000 Firmen zu einem neuen Fahrrad gebracht.

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