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Burgenland und Kärnten: Bahnhöfe bekommen zweisprachige Schilder

Burgenland und Kärnten: Bahnhöfe bekommen zweisprachige Schilder

Burgenland und Kärnten: Zweisprachige Schilder an Bahnhöfen

Bleiburg
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ÖBB
Der Landeshauptmann von Kärnten, Peter Kaiser, die österreichische Bundesministerin für Klimaschutz, Leonore Gewessler, und der Vorstand ÖBB-Infrastruktur AG, Johann Pluy, mit dem zweisprachigen Schild. Foto: ÖBB/evmedia

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Die Minderheiten in Österreich werden noch sichtbarer: Die Österreichischen Bundesbahnen haben nun freiwillig begonnen, bei der Modernisierung von Bahnhöfen einsprachige Schilder gegen zweisprachige auszutauschen. Laut ÖBB geschehe dies aus einer gesellschaftlichen Verantwortung heraus. Noch immer bildet Dänemark eine Ausnahme.

An Bahnhöfen in den österreichischen Bundesländern Kärnten und dem Burgenland werden bis Ende 2024 die letzten Schilder an Bahnhöfen gegen zweisprachige Tafeln ausgetauscht. Das geht aus einer Pressemitteilung der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) vom August hervor. 

Freiwillige Verpflichtung

Der Schutz der Rechte von Volksgruppen ist in Österreich im Volksgruppengesetz geregelt. Mit der Überarbeitung des Volksgruppengesetzes 2011 wurden zweisprachige Bezeichnungen der Ortstafeln in definierten Gemeinden verankert. Obwohl für die ÖBB keine gesetzliche Verpflichtung entsteht, hat sich das Unternehmen in der Vergangenheit freiwillig verpflichtet, im Zuge der Modernisierung von Bahnhöfen auch an allen betroffenen Halten schrittweise einsprachige durch zweisprachige Ortstafeln zu ersetzen. 

In St. Michael ob Bleiburg (Šmihel pri Pliberku) wurde das im Zuge der Modernisierung der Haltestelle bereits umgesetzt. Bis Ende 2024 werden jetzt auch die verbliebenen sieben Bahnhofsschilder in Kärnten und dem Burgenland getauscht und eine neu angebracht.

Die von der Umstellung betroffenen Bahnhöfe sind:

Kärnten (slowenische Volksgruppe):

  • Wiederndorf-Aich – Vidra vas–Dob (Halt und Tafel neu, kein Tausch)
  • Bleiburg – Pliberk
  • Bleiburg Stadt – Pliberk mesto
  • St. Michael ob Bleiburg – Šmihel pri Pliberku (bereits zweisprachig)

Burgenland (kroatische Volksgruppe):

  • Wulkaprodersdorf Haltestelle (Umbenennung in Wulkaprodersdorf Rathausgasse) – Vulkaprodrštof Rathausgasse
  • Neudorf – Novo Selo
  • Pama – Bijelo Selo
  • Parndorf – Pandrof
  • Parndorf Ort – Pandrof mjesto

„Als größter, umweltfreundlicher Mobilitätsanbieter in Österreich tragen wir als ÖBB eine besondere gesellschaftliche Verantwortung. Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, entsprechend dem Volksgruppengesetz, schrittweise bestehende Bahnhofsschilder in den definierten Gemeinden auszutauschen“, sagt Johann Pluy, Vorstandsdirektor ÖBB-Infrastruktur, laut Pressemitteilung. „Wir freuen uns, bis Ende des Jahres in allen zweisprachigen Gemeinden in Kärnten und dem Burgenland im Sinne des Volksgruppengesetzes entsprechende zweisprachige Bahnhofsschilder anbringen zu können.“

Zeichen der Wertschätzung

Die österreichische Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie begrüßt die Maßnahme der ÖBB. „Für mich ist klar: Bei der Mobilitäts- und Energiewende wollen wir alle mitnehmen. Dabei geht es eben nicht nur um Technisches, sondern um Vieles, was unsere Demokratie und uns als Gesellschaft ausmacht. Es geht auch um Repräsentation, Vielfalt und Teilhabe.“

Solche Bemühungen sind weit mehr als symbolische Gesten – sie sind Ausdruck der gelebten Vielfalt, und daher bedanke ich mich als Landeshauptmann und Volksgruppenreferent bei allen Verantwortlichen ganz herzlich dafür.

Peter Kaiser

„Die zweisprachige Beschilderung ist ein weiteres wichtiges Zeichen der Wertschätzung der slowenischen Volksgruppe in Kärnten. Dass die ÖBB sich auch ohne gesetzliche Verpflichtung dazu verpflichtet, untermauert ein friedliches Miteinander und den Respekt gegenüber der kulturellen Vielfalt nicht nur in unserer Region, sondern in ganz Österreich“, sagt auch Landeshauptmann Peter Kaiser. „Solche Bemühungen sind weit mehr als symbolische Gesten – sie sind Ausdruck der gelebten Vielfalt, und daher bedanke ich mich als Landeshauptmann und Volksgruppenreferent bei allen Verantwortlichen ganz herzlich dafür.“

Neu sind zweisprachige Schilder an Bahnhöfen indes nicht. In Flensburg hängen schon lange Tafeln, auf denen auch die dänische Schreibweise zu finden ist.  

Bahnhof Flensburg
Zweisprachige Ortstafeln am Bahnhof in Flensburg. Foto: Privat

Dänemark bildet Ausnahme

Dänemark ist eines der letzten europäischen Länder mit Minderheiten, in denen die Minderheitensprache noch nicht auf Ortsschildern sichtbar ist. Zwar ist die Lage in anderen Regionen nicht einfacher, doch vielerorts ist sichtbar, dass es andere Volksgruppen gibt. So heißt das südschleswigsche Harrislee, wo die dänische Minderheit beheimatet ist, nicht nur Harrislee, sondern auch Harreslev.

Die deutsche Minderheit in Nordschleswig würde hier ebenfalls gerne zweisprachige Ortsschilder sehen, und auch einige Politikerinnen und Politiker wollen sie. Das Land hat schon vor Jahren einen internationalen Vertrag ratifiziert, der dazu verpflichtet, diese einzuführen. Bis heute ist nur wenig Bewegung in die Sache gekommen.

„Zweisprachige Ortsschilder sind Symbole für Offenheit, Akzeptanz und Respekt, und sie zeigen – buchstäblich – dass es in Nordschleswig eben nicht nur Dänisch gibt, sondern auch eine deutsche Minderheit, die mit ihren Aktivitäten zum kulturellen Reichtum Nordschleswigs beiträgt“, sagte der Leiter des Sekretariats der deutschen Minderheit in Kopenhagen, Harro Hallmann, vor einigen Wochen zur Debatte über zweisprachige Ortsschilder dem „Nordschleswiger“. Er sei sicher, dass die Schilder kommen werden, da die Akzeptanz mit den Jahren gewachsen sei. 

Zum aktuellen Vorstoß der ÖBB sagt Hallmann: „Es wäre doch passend und gerecht, wenn es am Bahnhof in Sonderburg ein entsprechendes Schild geben würde.“

Sprachencharta Thema bei Kommunentreffen

Bei einem Treffen der vier Bürgermeister der nordschleswigschen Kommunen mit dem Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) am kommenden Mittwoch, 11. September, wird wohl auch die Sprachencharta Thema werden – und somit voraussichtlich auch zweisprachige Ortstafeln.

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