Geschichte

Ein Gymnasium für die deutsche Minderheit

Ein Gymnasium für die deutsche Minderheit

Ein Gymnasium für die deutsche Minderheit

Hauke Grella/aha
Apenrade/Aabenraa
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Das markante Backsteingebäude am Haderslevvej diente bis März 2022 als Polizeiwache. Foto: Esoft

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Vor rund einem dreiviertel Jahr ist die ehemalige Polizeiwache in Apenrade nach längerer Verweildauer auf dem Angebotsmarkt an einen nordschleswigschen Geschäftsmann mit Wohnsitz in Litauen verkauft worden. Das imposante Gebäude am Haderslevvej wurde Mitte der 1920er-Jahre als deutsche Mittelschule erbaut und entwickelte sich dann zum deutschen Gymnasium. Hauke Grella, Leiter des Deutschen Museums Nordschleswig in Sonderburg, hat zu dem Gebäude einen Aufsatz verfasst. Er dient dem „Nordschleswiger“ als Grundlage für diesen Artikel.

Kurz nach der Volksabstimmung im Jahr 1920 äußerte die deutsche Minderheit den Wunsch nach einem weiterführenden deutschen Bildungssystem. Wie auch heute war das Ziel, die neuen Generationen davon zu überzeugen, bei der Minderheit zu bleiben, indem man ihnen eine breite Palette von Möglichkeiten bot. Doch im Gegensatz zu heute war das damalige Ziel, die Minderheit auf diese Weise zu konsolidieren und zu stärken, um bei nächster Gelegenheit eine Grenzrevision durchführen zu können. Das hat sich 1945 mit der Loyalitätserklärung grundlegend geändert. Mit dieser Erklärung hatte die deutsche Minderheit die Grenze von 1920 offiziell anerkannt. 

Gefahr der Migration

Aus Sicht der damaligen Minderheit wäre die Gefahr der Migration ins „dänische Lager“ ohne ein weiterführendes Bildungssystem zu groß gewesen. Alle, die eine akademische Ausbildung anstrebten, wären gezwungen gewesen, die dänischen Gymnasien zu besuchen. Eine weitere Prägung im Sinne der Minderheit wäre dann nicht mehr möglich gewesen. Unter diesem Aspekt können zumindest teilweise die Bestrebungen zur Gründung eines deutschen Gymnasiums in Nordschleswig verstanden werden.

Die Immobilie von Südost aus der Vogelperspektive. Im Hintergrund das Haupthaus, das 1926 eingeweiht worden ist. Die Flügel im Vordergrund sind erst später hinzugebaut worden. Foto: Esoft

Ein Gymnasium für ganz Nordschleswig

Bis 1923 wurden in Hadersleben (Haderslev), Apenrade, Sonderburg (Sønderborg) und Tondern (Tønder) deutschsprachige Mittelschulen gegründet. Zunächst forderte die deutsche Minderheit auch die Gründung deutschsprachiger Gymnasien in diesen vier Städten. Doch als klar wurde, dass die Gründung solcher Schulen schwierig sein würde, wurde ab Ende 1923 ausschließlich die Möglichkeit eines deutschsprachigen Gymnasiums für ganz Nordschleswig diskutiert.

Nach einer negativen Entscheidung des dänischen Unterrichtsministeriums im April 1924 bezüglich der Gründung deutschsprachiger Realklassen und eines deutschsprachigen Gymnasiums gründete die deutsche Minderheit private Mittelschulen in Apenrade, Tingleff (Tinglev), Lügumkloster (Løgumkloster) und Sonderburg. Später entstanden auch private deutsche Realklassen.

Der Eingangsbereich Foto: Esoft

Die beste Platzierung

Dies schuf die Grundlage für ein mögliches Gymnasium in unterschiedlichen Orten. Für die Minderheit stellte sich allerdings die Frage, wo ein Gymnasium gegebenenfalls verortet werden sollte. Es wurde schnell klar, dass der Standort relativ zentral gelegen sein sollte. Dies schloss im Prinzip Hadersleben, Sonderburg und Tondern aus. Übrig blieben somit nur die Standorte Apenrade und Tingleff. Um Platz für ein mögliches Gymnasium in Tingleff zu schaffen, wurde überlegt, die deutsche Volkshochschule von Tingleff nach Hadersleben zu verlegen. Dies erwies sich jedoch als unpraktisch. Nach langen Diskussionen fiel die Entscheidung zugunsten von Apenrade. Dies geschah in einer nicht öffentlichen Sitzung am 16. April 1930.

Das Parkett im Fischgrätmuster Foto: Esoft

Die Vorgeschichte des deutschen Gymnasiums – die Gründung der deutschen Privatschule

Am 27. September 1920 wurde in Apenrade beschlossen, eine deutsche Volksschule zu gründen. Der erste Unterricht fand in Räumen von Sanitätsrat Dr. Wiemer in der Fiskergade (Fischerstraße) statt. Die Leitung hatte Lehrer Wilhelm Krüger. Der Unterricht begann mit 19 Schülerinnen und Schülern in der 1. Klasse. Die Kinderzahl war im Schuljahr 1922/1923 bereits auf 60 gestiegen. Sie waren auf drei Klassen verteilt. Infolgedessen wurde Hans Usinger als zusätzlicher Lehrer eingestellt. 

Aus Platzgründen zog die Schule zu Beginn des Schuljahres in die sogenannte „Kochschule“ um. Dieses Gebäude stellte der Sozial- und Schulverein für Nordschleswig zur Verfügung. 

Im Schuljahr 1924/1925 hatte die Schule bereits fünf Grundschulklassen. Daher wurde schnell überlegt, die 5. Grundschulklasse in eine 1. Mittelschulklasse umzuwandeln. Mittelschullehrer Rasmus Andersen übernahm damals die Schulleitung.

Schüler vermutlich mit einer Nachbildung des Schlachtschiffs „Gneisenau“ der deutschen Kriegsmarine Foto: Deutsches Museum Nordschleswig

Ein Neubau wurde erforderlich

Mit den Zukunftsplänen der Schule im Hinterkopf wurde schnell klar, dass die Kapazitäten der „Kochschule“ nicht ausreichen würden. Deshalb machte man sich bereits Ende 1924 die ersten Gedanken über einen Neubau.

Als klar war, dass das Gebäude errichtet werden sollte, sorgte der Oberbürgermeister von Flensburg (Flensborg), Tordsen, dafür, dass das Gebäude von den Architekten der Stadt, Magistratsbaurat Ziegler und Architekt Theodor Rieve, entworfen wurde. Ziegler hat in seiner Amtszeit unter anderem die Zeichnungen für das Deutsche Haus in Flensburg geliefert.

Laut erster Berechnungen würden die Gesamtkosten 220.000 Kronen betragen. Davon sollten 100.000 Kronen durch ein Darlehen des Landes Schleswig-Holstein finanziert werden. Weitere 28.000 Kronen wurden durch den Verkauf von Zertifikaten aufgebracht. Im Frühjahr 1925 sammelte der Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA) laut einer Mitteilung in der „Neuen Tondernschen Zeitung“ 75.684 Mark (damals ca. 97.000 Kronen). Damit konnte das Projekt finanziert werden. Nachdem geklärt war, dass das Gebäude an der damaligen Norder Chaussee (Nørre Chausse), später Haderslevvej, entstehen sollte, begannen die Bauarbeiten am 21. September 1925. Das Richtfest wurde am 19. April 1926 gefeiert.

Im Werkunterricht werden Segelschiffe gebaut. Foto: Deutsches Museum Nordschleswig

Der Neubau verteuerte sich

Während des Baus wurde klar, dass die veranschlagte Summe wahrscheinlich nicht ausreichen würde. Letztlich stiegen die Gesamtkosten auf 315.000 Kronen. Das waren etwa 99.500 Kronen mehr als geplant. Dies lag unter anderem an einer Änderung des Wechselkurses zwischen Kronen und Mark sowie an einer fehlenden Kalkulation der Außenanlagen. Ein großer Teil der fehlenden Finanzierung wurde von der Kreditanstalt Vogelgesang übernommen.

Ohne dass viele diese finanziellen Schwierigkeiten bemerkten, wurde die Schule somit am 26. Oktober 1926 eingeweiht. Dies geschah ohne hochrangige Vertretung deutscher Reichsvertreter, da man wohl keine weitere Provokation der dänischen Seite wollte.

Der Eingang Foto: Deutsches Museum Nordschleswig

Neue Struktur – neuer Schulleiter

Fast parallel zur Einweihung wurde weiter über die zukünftige Struktur der Schule gefeilscht. Am 1. Februar 1927 wurde beschlossen, eine 4. Mittelschulklasse und eine Realklasse einzurichten. Realklassen bedeuteten auch, dass ein neuer Schulleiter eingestellt werden musste. Für diese Art von Schule musste der Schulleiter nämlich eine akademische Ausbildung haben. Dr. Karl Gäde wurde eingestellt, und er blieb bis 1944 Leiter der Schule.

Obwohl es jedweder rechtlichen und administrativen Grundlage entbehrte, wurde das Gymnasium im Frühjahr 1930 eingerichtet. Dies geschah, indem auch in Tingleff, Tondern, Sonderburg und Hadersleben 1G-Schülerinnen und -Schüler parallel zu den Realklassen unterrichtet wurden. Dies geschah aus wirtschaftlichen Gründen, da es nicht möglich gewesen wäre, die Unterbringung auswärtiger Jugendlicher zu bezahlen. Bereits für das Schuljahr 1931/32 wurde dann beschlossen, nur eine 1G-Klasse in Apenrade einzurichten.

Das Treppenhaus Foto: Deutsches Museum Nordschleswig

Ungeklärte Fragen

Die folgende Zeit war von vielen Unsicherheiten geprägt. Zum einen war nicht klar, ob die Schülerinnen und Schüler letztlich wirklich mit einer Hochschulreife abschließen könnten. Zum anderen war auch die Sache mit der Einquartierung auswärtiger Mädchen und Jungen nicht geklärt. Es gab kein Internat oder Schülerheim, und auch die finanzielle Unterstützung für private Unterkünfte fehlte. Viele Familien wählten daher bewährte Wege. Einer davon war, die Kinder auf die deutschen Gymnasien in Flensburg oder Niebüll (Nibøl) zu schicken. 

Obwohl es Anfang 1931 noch immer keine Aussicht auf Anerkennung des Gymnasiums gab, beschloss der deutsche Schulverein in Nordschleswig, eine 2G-Klasse für das Schuljahr 1931/32 einzurichten.

Verhandlungen auf verschiedenen Ebenen

Viele Verhandlungen über verschiedene Kanäle und auf unterschiedlichen Ebenen folgten, um die Anerkennung des Gymnasiums zu erreichen. Aber erst kurz vor Beginn der Prüfungen im Mai 1933 kam die Anerkennung des deutschen Gymnasiums. In der Genehmigung, die direkt und persönlich an Dr. Gäde erteilt wurde, stand, dass das erworbene Abitur nur das Recht zum Studium in der Universität und an höheren Lehranstalten in der Hauptstadt Kopenhagen gewährte. Die Möglichkeit einer Anstellung im öffentlichen Dienst war damit nicht verbunden.

Ein Unterrichtsraum mit langen Tisch- und Bankreihen Foto: Deutsches Museum Nordschleswig

Ein Anbau wird erforderlich

Verhandlungen mit dem Unterrichtsministerium ergaben, dass mehr Fachräume benötigt wurden. Zum Beispiel für Physik und Chemie. Im Juni 1932 lagen die Baupläne für den Anbau vor. Das Bauprojekt wurde um ein Rektorenhaus ergänzt. Die Fachräume konnten im Schuljahr 1933/34 in Betrieb genommen werden.

Trotzdem war das Gebäude immer noch unzureichend für eine Schule mit 13 Klassenstufen. Daher beschloss der Vorstand, die Grundschulklassen vom Gymnasium zu trennen. Stattdessen sollten sie Teil der deutschsprachigen Abteilung der Kommunalschule werden. Diese Entscheidung führte zu Protesten in der Elternschaft. Dennoch wurde die Entscheidung umgesetzt. Zum Jahresende 1937 wurden die Grundschulklassen an die Kommunalschule verlegt.

Die letzte grundlegende Strukturänderung erfolgte im Schuljahr 1942/43, als ein mathematisch-naturwissenschaftlicher Zweig eingeführt wurde. Aufgrund der Schließung des Gymnasiums im Jahr 1945 nach der Beendigung des Zweiten Weltkriegs konnten jedoch nur zwei Schüler ihr Abitur über diesen Zweig abschließen.

Die Turnhalle Foto: Deutsches Museum Nordschleswig

Das Gymnasium vor und während der Nazi-Zeit

Der Nationalsozialismus, der Zweite Weltkrieg und die deutsche Besetzung Dänemarks am 9. April 1940 spiegeln sich deutlich in den Jahresberichten des Gymnasiums wider. 

Ab Mitte der 1930er-Jahre konnte man allgemein feststellen, dass fast alle Schülerinnen und Schüler Mitglieder der Deutschen Jungenschaft Nordschleswig oder der Deutschen Mädchenschaft Nordschleswig (beides nationalsozialistische Jugendorganisationen der deutschen Minderheit) waren. 

Im Jahresbericht für 1939/40 wird dann erstmals über den Tod von zwei ehemaligen Schülern im Zuge von Kriegshandlungen berichtet. Die Zahlen steigen dann im Laufe der Kriegsjahre.

Der Innenhof Foto: Deutsches Museum Nordschleswig

In der chronologischen Liste der Aktivitäten von 1941/42 fällt die Parallelität zwischen zwei Ereignissen besonders auf. Das eine war die Gedenkfeier für gefallene ehemalige Schüler, und das andere war die Aufforderung des „Volksgruppenführers“ Jens Möller (des nationalsozialistischen Leiters der deutschen Minderheit), sich dem deutschen Heer anzuschließen.

Es ist auch interessant, dass einige Lehrer sowie ältere Schüler im August 1943 während des Ausnahmezustands zum Dienst eingezogen wurden und der Unterricht daher teilweise ausgesetzt werden musste. Die betreffenden Lehrer und Schüler hatten sich bereits als „Zeitfreiwillige“ gemeldet.

Diese Gruppe war im Frühjahr 1943 gegründet worden. „Zeitfreiwillige“ sollten eigentlich „nur“ der deutschen Besatzungsmacht bei Kriegshandlungen auf dänischem Boden assistieren. Aber wie dieses Beispiel der Mobilisierung im Ausnahmezustand zeigt, wurden sie auch direkt gegen ihre dänischen Nachbarn eingesetzt.

Das Schülerheim Ahrensberg Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Kauf eines weiteren Grundstücks

Im Schuljahr 1941/42 gibt es auch einen Bericht über den Kauf eines Grundstücks an der damaligen Nørre Chausse. Dort sollte ein Schülerheim gebaut werden. Dies geschah jedoch nicht. Stattdessen wurde die deutsche Jugendherberge im „Haus Ahrensberg“ (an der heutigen Bjerggade) übernommen.

Eine Änderung in der Schulleitung fand am 1. Juli 1943 statt, als Dr. Erich Bielfeldt zum Stellvertreter von Dr. Gäde ernannt wurde. Am 1. April 1944 übernahm Letzterer auch die Leitung der Sankt Petri Schule in Kopenhagen. Bielfeldt wurde dann offiziell am 6. Januar 1945 zum Schulleiter ernannt. Er war somit auch derjenige, der wenig später die Abwicklung des Gymnasiums überwachen musste.

Schlafsaal des Schülerheims Ahrensberg Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Schülerheim des deutschen Gymnasiums

In den Zwischenkriegsjahren hatte die deutsche Minderheit ein Interesse daran, ein eigenes Netzwerk von Jugendherbergen aufzubauen. Der Verein „Deutsches Jugendheim“ schaffte es, 1928 ein Haus in einer Zwangsversteigerung zu erwerben – das „Haus Ahrensberg“. Nach einer Renovierungsphase öffnete die Herberge im Juni 1929 (Das Gebäude wurde übrigens in den 1960er-Jahren abgerissen, red. Anm.).

Zwei Jahre später bekam die Jugendherberge in Apenrade Konkurrenz aus den eigenen Reihen in Form der neu errichteten Jugendherberge auf dem Knivsberg (Knivsbjerg), das spätere „Langbehnhaus“ (Das Gebäude ist inzwischen in „Haus Knivsberg“ umbenannt worden).

Das Langbehnhaus mit Johannes Schmidt-Wodder (l.) Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Der Zweite Weltkrieg

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs lohnte es sich nicht mehr, die Jugendherberge in Apenrade zu betreiben. Der Verein „Deutsches Jugendheim“ und das deutsche Gymnasium nahmen daraufhin Verhandlungen auf und einigten sich darauf, das Gebäude zukünftig als Schülerheim zu nutzen. Im Winter 1942/43 wurden umfassende Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten durchgeführt. Die Eröffnungsfeier fand am 30. März 1943 statt. Anwesend waren der Vorsitzende der Schleswigschen Partei, Johannes Schmidt-Wodder, der Leiter der Deutschen Jungenschaft Nordschleswig, Jef Blume, sowie Schulinspektor Elholm und der deutsche Konsul Lanwer. Dr. Gäde, Leiter des Gymnasiums, schrieb in seinem Jahresbericht, dass bei dieser Veranstaltung eine „jütländische Kaffeetafel“ (Dänisch: Sønderjysk Kaffebord) serviert wurde.

Johannes Schmidt-Wodder Foto: A. Paul Weber, Deutsches Museum Sonderburg

Das Schülerheim war mit 30 Betten ausgestattet und beherbergte nur Jungen. Neben einem Gemeinschaftsraum und einem Speisesaal gab es einen großen Schlafsaal, mehrere kleinere Schlafsäle, einen Waschraum, ein Badezimmer, einen Schuhputzraum und einen Luftschutzraum.

Anfangs wurde das Schülerheim von Studienassessor Horns geleitet. Als dieser 1943 zum Militärdienst eingezogen wurde, übernahm Studienrat Dr. Hansen die Leitung.

Aus dem Schülerheim wurde eine Flüchtlingsunterkunft

Bis Januar 1945 müssen noch Schüler im Schülerheim gewohnt haben. Zumindest wurde die eingehende Miete der Schüler bis dahin registriert. Aber wie in vielen anderen Gebäuden der deutschen Minderheit wurden dort bald deutsche Flüchtlinge untergebracht. Das Schülerheim wurde mindestens bis April 1947 als Flüchtlingsunterkunft genutzt.

Während die deutschen Geflüchteten noch im Haus untergebracht waren, entspann sich ein Rechtsstreit über das Gebäude. Der Kern des Streits war die Konstruktion, die der Verein „Deutsches Jugendheim“ und das deutsche Gymnasium gewählt hatten. Obwohl der Verein noch Eigentümer des Gebäudes war, hatte er keine Miete vom Gymnasium verlangt. Das Geld für die Renovierung und Erweiterung kam vom Gymnasium oder von Dritten. Das war der Grund dafür, dass das Gebäude später vom dänischen Staat beschlagnahmt wurde. Infolgedessen mussten die Pläne zur Errichtung einer neuen deutschen Schule an diesem Ort aufgegeben werden.

Damit war das Schülerheim Geschichte. 

Das weitere Schicksal des Gymnasiums

Die letzten schriftlichen Prüfungen konnten noch im Zeitraum vom 1. bis 7. Mai 1945 abgehalten werden. Am 8. Mai 1945 wurde das Gymnasium von dänischen Freiheitskämpfern besetzt und damit zwangsläufig geschlossen. Die mündlichen Prüfungen konnten daher nicht wie geplant durchgeführt werden. Davon abgesehen waren einige Schüler Teil der „Zeitfreiwilligen“ gewesen; sie wurden daher unmittelbar nach dem Krieg im Faarhuslager interniert.

Am 4. Juli 1945 teilte das dänische Unterrichtsministerium Dr. Bielfeldt mit, dass er unter den jetzigen Umständen nicht mit einer Erneuerung seines Prüfungsrechts rechnen könne, mit der logischen Folge, dass die staatliche Unterstützung mit Wirkung vom 31. Juli 1945 aufhören würde. Ohne Prüfungsrecht und staatliche Unterstützung war das Schicksal des Gymnasiums besiegelt.

Schließung der Schulkonten 

Die Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Prüfungen zum Abitur fanden in den privaten Wohnungen der Lehrer statt. Dr. Bielfeldt führte seine Tätigkeiten ebenfalls von zu Hause aus durch.

Ab dem 4. Juli wurden alle Konten der deutschen öffentlichen Schulen auf Veranlassung des dänischen Unterrichtsministeriums geschlossen. Das hinterließ die Verantwortlichen am Gymnasium mit der Frage, wie die laufenden Kosten, wie Steuern und Kredite, bezahlt werden sollten. Die finanzielle Situation war so angespannt, dass der Vorstand des deutschen Gymnasiums beschloss, die Immobilie an der Nørre Chausse zu verkaufen. Der Vorsitzende bot die Gebäude dem dänischen Unterrichtsministerium zum Kauf an. Der Brief war datiert vom 7. Juli 1945.

Rumoren in der Minderheit

Dieser Vorstandsbeschluss erregte Unmut in der Minderheit, besonders in Apenrade und unter den Inhaftierten im Faarhuslager, und führte zu Diskussionen. Formal hatte der Vorstand wahrscheinlich das Recht, diese Entscheidung zu treffen. Aber das Fortbestehen des Gymnasiums wurde als von allgemeinem Interesse der gesamten Minderheit gesehen.

Wahrscheinlich als Reaktion auf die hitzige Diskussion innerhalb der Minderheit über den Verkaufsbeschluss des Gebäudes wurde auf der Generalversammlung des „Vereins deutsche Privatschule“ am 2. August 1945 ein neuer Beschluss gefasst. Das Angebot an das Unterrichtsministerium wurde geändert. Die Entscheidung, ob die Immobilie überhaupt verkauft werden sollte, sollte erst danach getroffen werden, wenn die Rahmenbedingungen für den künftigen Schulbetrieb geklärt waren.

Ernst Siegfried Hansen war bei dem ersten Treffen zwischen der Minderheitenspitze und der dänischen Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg ein Hauptakteur. Er war Mitbegründer und erster Chefredakteur des „Nordschleswigers" Anfang 1946. Foto: Archiv Der Nordschleswiger

Verkaufsangebot wird zurückgezogen

Zu diesem Zweck hatte das Unterrichtsministerium eine besondere Kommission für Nordschleswig eingesetzt. Der Bericht der Kommission lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Der Vorsitzende teilte am 13. August 1945 dem Unterrichtsministerium mit, dass das Gebäude vorläufig nicht verkauft werden solle.

Ernst Siegfried Hansen, später Chefredakteur der Tageszeitung „Der Nordschleswiger“, warf dem Vorstand und dessen Vorsitzenden vor, die Kosten für eine zukünftige deutsche Schule zu hoch anzusetzen. Seiner Meinung nach sollte man mit einer geringeren Anzahl von Lehrern beginnen. Er schlug darüber hinaus vor, dass alle Institutionen und Vereine der deutschen Minderheit in Apenrade im Gymnasiumsgebäude untergebracht werden sollten. Durch den Verkauf der Gebäude der anderen Institutionen könnte man die Immobilie des Gymnasiums bewahren, meinte Hansen.

Unterschiedliche Meinungen

Bei einem Treffen im Oktober zwischen Ernst Siegfried Hansen und dem Vorsitzenden stellte Letzterer erneut fest, dass die Kosten für den Betrieb des Gebäudes weit über die Möglichkeiten der deutschen Minderheit in Apenrade hinausgehen würden. Seine Idee war, die Verkaufserlöse zu verwenden, um ein kleineres Gebäude zu kaufen, um eine neue deutsche Privatschule zu gründen.

Frederik Christensen, Geschäftsführer des deutschen Schulvereins, mischte sich ebenfalls in die Diskussion ein. Grundsätzlich war auch er gegen einen Verkauf. Aber wenn es dazu käme, sollte der Verkaufserlös dem deutschen Schulverein für Nordschleswig zufließen, der zu diesem Zeitpunkt im Aufbau war. Apenrade könnte dann vielleicht einen Anteil am Verkaufserlös erhalten.

Frederik Christensen (1882-1975) war in Nordschleswig zunächst als Lehrer und später als Hauptbibliothekar des deutschen Büchereiwesens in Nordschleswig tätig. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war er Geschäftsführer und Schulkonsulent/Schulrat des Deutschen Schulvereins, der 1948 seinen Namen in Deutscher Schul- und Sprachverein für Nordschleswig änderte. Foto: nordschleswigwiki.info

Gesetz Nummer 500

Letztlich stellte sich heraus, dass die ganzen Diskussionen über die Zukunft des Gebäudes überflüssig gewesen waren. Nach dem Krieg wurden nämlich Berechnungen angestellt, wie viel Geld das Deutsche Reich Dänemark aus der Besatzungszeit noch schuldete. 

Das Gesetz Nr. 500 vom 9. Oktober 1945 bestimmte, dass Personen, Unternehmen oder juristische Personen verpflichtet werden konnten, Gelder zurückzuzahlen, die sie von Deutschland erhalten hatten. Diese Mittel wurden dann mit der deutschen Schuld an Dänemark verrechnet und gingen an den dänischen Staat. Berechnungen zeigten, dass fast 4 Millionen Kronen an die deutsch-nordschleswigschen Schulen aus Deutschland überwiesen worden waren. Um die Forderungen des dänischen Staates gegenüber der deutschen Minderheit zu begleichen, wurden die Schulgebäude der deutschen öffentlichen Schulen genutzt. Dazu gehörte auch das Gebäude des Gymnasiums in Apenrade. Am 21. November 1946 erging ein Urteil des Gerichts in Apenrade, dass die Vermögenswerte des deutschen Schulvereins in Apenrade beschlagnahmt werden sollten.

Das Gebäude kam unter den Hammer

Die Zwangsversteigerung des Gebäudes erfolgte am 5. Oktober 1949. Das dänische Finanzministerium erhielt das Gebäude. Später fand die Heimwehr in dem Gebäude Unterkunft. Mitte der 1970er-Jahre kaufte das Justizministerium die Immobilie, wo dann Polizei und Gericht einzogen. In einer Gerichtsreform wurde 2010 das Gericht in Apenrade geschlossen, und auch in der Polizeistruktur gab es umfassende Änderungen; mit der Folge, dass das große Gebäude am Haderslevvej 52 viel zu groß für die heutigen Bedürfnisse der Apenrader Polizei wurde. Im März 2022 erfolgte der Umzug der Apenrader Polizeiwache an die H. P. Hanssens Gade 23.  

Die imposante Immobilie am Haderslevvej wurde am 3. Oktober 2022 dann öffentlich zum Verkauf angeboten – für 11 Millionen Kronen.

Hans Christian Nissen und seine Frau Ruta Foto: privat/JV

Lange tat sich auf dem Immobilienmarkt nichts. Rund 14 Monate später konnte das Maklerbüro „Freja“ dann tatsächlich Vollzug melden und einen Käufer präsentieren. Laut Maklerbüro habe es „einige Interessenten gegeben“. Den Zuschlag erhielt letztlich Hans Christian Nissen, der in Ahretoft (Aartoft) bei Klipleff (Kliplev) aufgewachsen ist, in einer Bieterrunde. Der nordschleswigsche Landwirt betrieb viele Jahre lang einen großen Hof in Koldmoos (Koldmose). Er hat inzwischen seinen Wohnsitz nach Litauen verlegt, wo er als Geschäftsmann auf verschiedenen Gebieten erfolgreich ist. Interessante Randnotiz: Hans Christian Nissen stammt aus einer Familie deutschen Minderheit in Nordschleswig. 

Anfangs hatte Nissen vor, das Gebäude in ein Gesundheitshaus zu verwandeln. Inzwischen hat er seine Pläne konkretisiert. Statt eines Gesundheitshauses sollen dort nun auch 16 seniorengerechte Eigentumswohnungen eingerichtet werden. Er war im Frühsommer in Apenrade auf Stippvisite.

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