Kommentar

„Die Minderheit repräsentieren – mehr als nur Schnittchen und Kaffee“

Die Minderheit repräsentieren – mehr als nur Schnittchen und Kaffee

Minderheit repräsentieren – mehr als Schnittchen und Kaffee

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Den Schnittchen-Teller schieben die BDN-Funktionäre (vorne links) zur Seite, wenn es an die Liste mit Lob und Kritik geht. Foto: Marle Liebelt

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Hände schütteln, essen gehen, Kontakte pflegen – die Köpfe des Bundes Deutscher Nordschleswiger sind auch die Lobby der Minderheit und viel in Dänemark und Deutschland unterwegs, um sich mit Politikerinnen und Politikern zu treffen. Neben allen Annehmlichkeiten und warmen Worten kann es aber auch ernst werden.

Das sind keine Spaßtermine, betont Harro Hallmann oft sinngemäß, wenn er erklärt, dass zu den Terminen, die er als Leiter des Sekretariats der deutschen Minderheit in Kopenhagen wahrnimmt, auch so etwas wie Essengehen gehört. Nicht nur er, auch die anderen Köpfe aus der Dachorganisation der Minderheit, dem Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN), haben solche Termine. 

Ein Empfang mit Kaffee und Kuchen hier, ein Abendessen da und leckere Schnittchen bei Sitzungen sowieso. Als Journalistinnen und Journalisten des „Nordschleswigers“ werden auch wir gern zu Anlässen wie einem Empfang geladen. Für die Schnittchen kommen wir immer gern, vornehmlich zum Netzwerken können diese Termine für uns sinnvoll sein. 

Leckereien und warme Worte

Redaktionell gesehen, ist bei diesen Terminen häufig nicht viel zu holen. Gern werden Reden geschwungen, die wenig nachrichtlichen Wert haben. Über die gute Zusammenarbeit zum Beispiel. Und darüber, wie vorbildlich die grenzüberschreitenden Beziehungen in Süd- und Nordschleswig oder wie wichtig die Anliegen der Minderheit den Politikerinnen und Politikern in Kopenhagen oder Berlin sind. 

Wenn die wirklich wichtigen Dinge ausgehandelt werden, hat man uns Journalistinnen und Journalisten ungern am Tisch. Dafür gibt es Pressekonferenzen und Pressemeldungen, in denen die Ergebnisse präsentiert werden. Wer sich in den Verhandlungen aus welchen Gründen besonders gesträubt oder besonders engagiert hat, finden wir meist nur über Umwege heraus. 

Auch aus Uwe Jessen (BDN-Generalsekretär), Hinrich Jürgensen (BDN-Hauptvorsitzender) und Harro Hallmann würden wir manchmal gern mehr herausquetschen, als sie uns liefern. Aber sie sind keine Zitronen, sondern Diplomaten. Mit Kritik an ihren Verhandlungspartnerinnen und -partnern sind sie gegenüber der Presse vorsichtig. 

Rückgrat für die Minderheit

Anfang dieser Woche durfte „Der Nordschleswiger“ aber mal mit am Tisch sitzen, als das Nordschleswig-Gremium in Kiel zusammenkam. Wie erwartet, fielen zwischen den Minderheiten-Vertretern sowie Politikerinnen und Politikern aus Kiel und Berlin viele lobende Worte der guten Zusammenarbeit. Aber die BDN-Funktionäre schmieren den Geldgebern nicht nur Honig um den Mund und essen Schnittchen. Vor allem zeigen sie, wenn es darauf ankommt, auch Rückgrat für die Interessen ihrer Volksgruppe. 

Denn Gelder, die das Bundesinnenministerium für den Bau des Campus in Apenrade zugesagt hatte, tauchen im jetzigen Haushaltsentwurf plötzlich nicht mehr auf. Seine Enttäuschung darüber hat Uwe Jessen den anwesenden Vertreterinnen bzw. Vertretern aus Berlin – in dem Fall Petra Nicolaisen (CDU) und Sönke Rix (SPD) – ins Gesicht gesagt. Diese wundern sich natürlich selbst und versprechen, selbstverständlich noch einmal nachzuhaken. Man könne ja gleich ein Treffen in Berlin dingfest machen, lautet Jessens Vorschlag. Und sein erster Gang nach Ende der Sitzung war ohne Umwege zu Sönke Rix. 

Die Situation zeigt, es gehört diplomatisch und zwischenmenschlich schon einiges dazu, den Spagat zwischen dem gemeinsamen Schnittchen-Essen und ernsten Worten hinzubekommen.

Die deutsche Minderheit in Nordschleswig ist eine Volksgruppe, die es gibt, weil sie Gelder bekommt. Sie kann europaweit mit Minderheitenrechten argumentieren, vor allem aber muss sie Klinken putzen und erklären, warum zum Beispiel gerade der Bau eines Campus in Apenrade so wichtig für ihren Erhalt ist. 

Rechte hin oder her – am Ende ist die Volksgruppe auch auf das Wohlwollen einzelner Politikerinnen und Politiker angewiesen. Diese können mit ihrem Engagement für Minderheitenangelegenheiten eventuell ein wenig Ruhm einfahren. Besonders stark erregen die Anliegen die Gemüter der Nation aber nicht. Entsprechend hat die Minderheit auch keine internationale Presse im Rücken, die es sonderlich juckt, wenn versprochene Gelder für ein Häuschen in Apenrade nun doch nicht fließen. 

Sie kann nur darauf setzen, dass ihre Vertreterinnen oder Vertreter aus dem Haus Nordschleswig in Situationen wie in Kiel den richtigen Ton treffen. Bei Schnittchen und am Verhandlungstisch.

Nordschleswig-Gremium

Alle Fragen, die die deutsche Volksgruppe in Nordschleswig betreffen, wie Finanzen, Kultur oder politische Repräsentation, werden in zweimal jährlich stattfindenden Sitzungen unter Vorsitz der Kieler Landtagspräsidentin im Gremium für Fragen der deutschen Minderheit in Nordschleswig erörtert.

Dem Gremium gehören acht Abgeordnete des Landtages sowie je eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter jeder Bundestagsfraktion an. Der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) entsendet vier Mitglieder. Hinzu kommen als ständige Gäste unter anderem der Minderheitenbeauftragte des Ministerpräsidenten, der Referatsleiter III im Kieler Kulturministerium, der Kopenhagener Sekretariatsleiter der Minderheit sowie der Beauftragte für die Minderheit an der deutschen Botschaft in Kopenhagen.  

Quelle: Landtag SH

Mehr lesen