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„75 Jahre Menschenrechte – Eine Deklaration gegen den politischen Zeitgeist“

75 Jahre Menschenrechte

75 Jahre Menschenrechte

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
Dänemark
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Anlässlich des 75. Jahrestages der Menschenrechtserklärung macht sich Jan Diedrichsen in seiner Kolumne Gedanken, wie es angesichts der Krisen in der Welt um diese Rechte steht.

Am 10. Dezember 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Dieses Dokument ist noch heute das wichtigste Memorandum über die bürgerlichen Freiheiten und setzte in der Nachkriegszeit Maßstäbe für die Welt.

Die Erklärung der Menschenrechte stand für die Überzeugung eines „Nie wieder“. Die Überzeugung, dass die Menschheit Regeln und Grundsätze festlegen müsse, um sicherzustellen, dass sich der Zivilisationsbruch des Zweiten Weltkriegs nicht wiederholen werde.

Angesichts des Zustands der Welt stimmt der 75. Jahrestag der Menschenrechtserklärung nachdenklich. 

Durch den von uns hervorgerufenen Klimawandel drohen wir den Generationen nach uns einen lebensfeindlichen Planeten zu überlassen. Konflikte und Kriege gehören weltweit zur neuen Normalität. Autoritäre Kräfte stehen stark da, wie lange nicht mehr.  Menschenrechte werden von Regierungen aller Couleur infrage gestellt. Armut und Hunger sind wieder auf dem Vormarsch, während die Technologie unsere Gesellschaften umzukrempeln droht, ohne dass wir zu wissen scheinen, wie wir darauf zu reagieren haben. Wir agieren wie Getriebene in einem sich immer schneller drehenden Hamsterrad.

Unser Unvermögen, gerechte und wirksame Lösungen für die Weltprobleme zu finden, hat das Vertrauen in die politischen Institutionen und ihre Akteure ausgehöhlt. Weit verbreitet ist der Eindruck, dass die Menschenrechte dabei selektiv angewendet werden. Kritiker behaupten, dass diese Rechte Ausdruck westlicher Werte, Sitten und Normen seien und dass die Menschenrechte zwar universelle Gültigkeit haben, aber aus dem Westen stammen, dabei westliche Interessen widerspiegeln und eine Waffe der kulturellen Hegemonie und eines neuen Imperialismus seien.

Darauf ist unmissverständlich zu erwidern, dass alle Kulturen – ob westlich oder nicht – die Erfahrung von Ungerechtigkeiten kennen, die zu Forderungen der unterdrückten Bevölkerung nach Anerkennung der Menschenrechte führen. Es ist diese kollektive Erfahrung der Ungerechtigkeit, die eine maßgebliche Grundlage für den Aufbau einer Theorie der Rechte darstellt, auch wenn die Deklaration der Menschenrechte ohne Zweifel ein politisches, aus der Zeit geborenes Dokument ist. 

Die Behauptung, dass die Menschenrechte nicht universell seien, ist auch dann nicht stichhaltig, wenn die historische Entwicklung in den Blick genommen wird. Achtundfünfzig Länder kamen 1948 zusammen, um ihren „Glauben an die Würde und den Wert aller Menschen“ zu bekräftigen. Unter diesen Staaten befanden sich afrikanische, asiatische und lateinamerikanische Länder.

Es war ein ägyptischer Delegierte, der vorschlug, auf die „Universalität“ der Menschenrechte zu verweisen und darauf zu drängen, dass diese Rechte auch für „nicht autonome Nationen und Völker“ gelten sollten, d. h. für Menschen, die damals noch unter kolonialer Herrschaft standen. Die sozialen und wirtschaftlichen Rechte wurden auf Drängen der arabischen Staaten und des Sowjetblocks auf die Tagesordnung gesetzt. 

Die aktuelle Kritik an der Deklaration erscheint daher verfehlt. Viel trauriger sollte da der Zustand der ihr zugrunde liegenden Organisation – die Vereinten Nationen – stimmen. Von einer „Weltregierung“ zu sein, ist man weit entfernt. Es fehlt an Kompetenzen, Ressourcen und die Sicherheitsratsmächte blockieren mit ihren Vetorechten jegliche Entwicklung. Die Vereinten Nationen sind ein zahnloser Tiger, in dem schon mal die Diktatoren aus dem Iran im Menschenrechtsrat eine Arbeitsgruppe leiten. Bei dieser Misere sollten wir froh sein, dass die politischen Mütter und Väter des Gedankens eines Weltfriedens vor 75 Jahren eine Deklaration zustande bekommen haben, die – wollte man diese heute verhandeln – wohl keine Chance auf Einigkeit haben würde.

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