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„Profit sticht Menschenrechte: Uiguren zahlen für unsere Konsumgewohnheiten einen hohen Preis“

Profit sticht Menschenrechte

Profit sticht Menschenrechte

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
Dänemark
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Profit steht oftmals an oberster Stelle, da wird bei der Einhaltung der Menschenrechte nicht immer ganz genau hingesehen. In seiner Kolumne nimmt Jan Diedrichsen Bezug auf die kürzlich veröffentlichte Studie, in der deutlich wurde, dass auch in der EU ansässige Konzerne Bekleidung verkaufen, die unter Zwangsarbeit von Uiguren hergestellt wurde.

In Europa neigen wir dazu, die sogenannten „westlichen Werte“ wie Freiheit, Demokratie und Menschenrechte als besondere Errungenschaften unsererseits hervorzuheben. Doch für immer mehr Menschen auf der Welt erscheinen diese moralisierenden Verweise zunehmend als heuchlerisch und inkonsequent.

Ein zentraler Kritikpunkt liegt in der selektiven Anwendung dieser Werte. Während wir uns öffentlichkeitswirksam als Hüterinnen von Freiheit und Menschenrechten präsentieren, werden gleichzeitig politische Allianzen mit autoritären Regimen geschmiedet, wenn es den eigenen Interessen dient. Diese Doppelmoral wird schnell in den Verantwortungsbereich der Politik geschoben. Doch was, wenn unser moralisches Überlegenheitsgefühl auf lieb gewonnene Konsumgewohnheiten trifft? Würden wir auf unsere Lieblingsklamotten verzichten, wenn wir wüssten, woraus diese bestünden oder wer diese herstellen musste? Und nein, es geht nicht um Billigprodukte und Kinderarbeit. Wir sprechen von High-End-Produkten von Marken wie Ralph Lauren, Burberry, Zara, aber auch Bestseller aus Dänemark oder Hugo Boss aus Deutschland.

Ein Anfang der Woche veröffentlichter Bericht deckt auf, dass diese und zahlreiche andere große Bekleidungsmarken, die in der EU ansässig sind oder in die EU verkaufen, ihre Produkte aus China beziehen, die mit uigurischer Zwangsarbeit hergestellt wurden.

Die uigurische Region, aus der die Produkte für unsere geschätzten Modeprodukte stammen, produziert etwa 23 Prozent des weltweiten Baumwollangebots und 10 Prozent des weltweiten PVC, einem Schlüsselmaterial für die Herstellung von Schutzkleidung und Zubehör. „Infolgedessen besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein großer Teil der weltweit hergestellten Kleidung und Schuhe auf die Ausbeutung der uigurischen Bevölkerung zurückzuführen ist, einschließlich der 39 renommierten Marken, die namentlich aufgeführt sind“, heißt es in dem Bericht.

Die Studie ist in einer Zusammenarbeit zwischen dem Uyghur Rights Monitor, dem Helena Kennedy Centre for International Justice an der Sheffield Hallam University und dem Uyghur Center for Democracy and Human Rights erarbeitet worden und zeigt detailliert die betroffenen Lieferketten nach. Es darf davon ausgegangen werden, dass die betroffenen europäischen Unternehmen von der Provenienz dieser Produkte wissen und somit die Versklavung der Uiguren zumindest billigend in Kauf nehmen.

Seit 2017 hat China ein beispielloses System der Zwangsarbeit gegen Uiguren und andere mehrheitlich muslimische Bewohnerinnen und Bewohner der Region eingeführt. Staatlich verordnete Zwangsarbeitsprogramme sollen die Uiguren assimilieren und ihre Kultur auslöschen. Mehrere Länder und internationale Organisationen haben das Vorgehen als Völkermord gebrandmarkt.

In dem Bericht werden verschiedene Lieferketten von Ostturkestan, wo die Uiguren leben, bis hin zu den in der EU operierenden und dort verkauften High-End-Marken nachgezeichnet. Für diese Bestandsaufnahme ermittelte das Forschungsteam vier große Stoff- und Bekleidungshersteller mit Hauptsitz in China. Anhand von öffentlich zugänglichen Quellen wie Versanddaten, Finanz- und Medienberichten von Unternehmen, staatlicher Propaganda und Karten konnten die Lieferketten dieser Unternehmen bis hin zu den Einzelhändlern in der EU zurückverfolgt werden.

Der Bericht führt den Nachweis, dass verschiedene Unternehmen versuchen, ihre Beteiligung zu verschleiern. Dies lässt den Schluss zu, dass die Unternehmen trotz besseren Wissens weiterhin gewillt sind, von der Zwangsarbeit der Uiguren zu profitieren. So viel zu den westlichen Werten.

Hier ist nun der Gesetzgeber gefragt – diese unsägliche Unterstützung der Ausbeutung muss gestoppt werden. Doch auch wir als Verbraucherinnen und Verbraucher müssen bewusster einkaufen und mehr Fragen stellen.

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