Interregprojekt

Letzte-Hilfe-Kurse erleichtern Sterben im eigenen Zuhause

Letzte-Hilfe-Kurse erleichtern Sterben im eigenen Zuhause

Letzte-Hilfe-Kurse erleichtern Sterben im eigenen Zuhause

Sonderburg/Sønderborg
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Per Video-Konferenz wurde die Abschlussveranstaltung mit einer Auswertung des deutsch-dänischen Projektes „Letzte Hilfe“ durchgeführt. Der Leiter des Palliativteams am nordschleswigschen Krankenhausverbund „Sygehus Sønderjylland“, Georg Bollig, erforscht auch als Wissenschaftler dieses alle Menschen betreffende Aufgabengebiet. Er informierte und diskutierte per Videoprojektion. Foto: Volker Heesch

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Der Wunsch nach fachlichen Informationen über Palliativmedizin zu beiden Seiten der Grenze ist vorhanden. Projektleiter Georg Bollig: Es werden weiter Kurse für die Menschen aus Mehrheits- und Minderheitsbevölkerung für Begleitung am Lebensende angeboten.

Als Video-Konferenz ist am Mittwoch die Abschlussveranstaltung des deutsch-dänischen Pilotprojekts „Letze Hilfe“ im deutsch-dänischen Grenzland durchgeführt worden. Dabei hat der Projektleiter, Dr. Georg Bollig, Oberarzt am Krankenhausverbund „‚Sygehus Sønderjylland“ mit Dienstort Sonderburg, zusammen mit Netzwerkpartnern und -partnerinnen im deutsch-dänischen Grenzland über den Verlauf der angebotenen Kurse zur Vermittlung von Kenntnissen berichtet.

Alle können am Lebensende Begleitung bieten

Die Kurse ermöglichen es allen Menschen, Sterbende möglichst während ihres Lebensendes im eigenen Zuhause begleiten zu können. Von den Beteiligten berichteten Dr. Hermann Ewald, Katharinenhospiz Flensburg (Flensborg), Pastorin Dorothea Lindow, Kirchengemeinde in Tondern (Tønder),  und Marina Schmitz, Geschäftsführerin bei „Letzte Hilfe“ in Schleswig-Holstein, über gemeinsame Erfahrungen. „Das zurückliegende Pilotprojekt ist so konzipiert worden, dass es sich an Bedürfnissen der Menschen aus der deutschen und dänischen Minderheit orientiert“, so Projektleiter Bollig, der seit Jahren als Leiter der Palliativbetreuung in Nordschleswig tätig ist und das Thema Begleitung der Menschen am Lebensende zugleich als Wissenschaftler an der Süddänischen Universität (SDU) erforscht.

Bei dem Pilotprojekt standen Beteiligte aus der dänischen und der deutschen Minderheit im Grenzland im Mittelpunkt. Foto: Volker Heesch

 

Bollig erklärte, die letzte Hilfe für die Mitmenschen sollte ebenso wie der Erste-Hilfe-Einsatz zum Alltagswissen der Menschen gehören. „Sterben ist ein Teil des Lebens“, so Marina Schmitz, die viele Kurse im Bereich „Letzte Hilfe“ organisiert hat. Und sie unterstrich, dass alle Menschen an den Kursen teilnehmen könnten, unabhängig von Bildung oder Berufstätigkeit. Mithilfe eines Films wurden Beispiele präsentiert, wie Personen, unterstützt durch solche Kurse, Angehörigen ein Lebensende im eigenen Heim ermöglichen konnten.

Wunsch nach Sterben in eigener Wohnung

„Die meisten Menschen wollen am liebsten in ihrer gewohnten Umgebung sterben“, so Bollig. Es wurde berichtet, dass 99 Prozent der Teilnehmenden an den Kursen anschließend angaben, sie hatten von diesen profitiert. Bemerkenswert sei gewesen, dass Frauen mit einem Anteil von 88 Prozent in den Kursen dominierten.

Anrede in Muttersprache

Georg Bollig, der in Schleswig (Slesvig) lebt und der dänischen Minderheit zugehörig ist, berichtete, er habe bei seiner Tätigkeit in Nordschleswig festgestellt, dass viele Menschen im Grenzland in ihrer letzten Lebensphase Anrede in der eigenen Muttersprache benötigten. Das sei auch bei den in diesem Jahr im Rahmen des Interreg-Förderprojekts deutlich geworden, das als Pilotprojekt auf die Mitwirkung von Akteuren aus den Grenzlandminderheiten ausgerichtet war. Bollig berichtete über die Probleme während des Projektes aufgrund der Corona-Pandemie, die Präsenzkurse verhindert habe. Letztlich hätten aber 79 Personen teilgenommen, 38 dänische und 31 deutsche. „Herausgekommen ist, dass es bei der Unterstützung am Lebensende weniger auf kulturelle Unterschiede als auf individuelle Unterschiede der betroffenen Menschen ankommt“, so der Mediziner.

Neben der Verwendung der Muttersprache der Sterbenden als ein Wunsch im Kreis der Teilnehmenden habe sich herausgestellt, dass durchweg mehr Informationen über die Angebote der Palliativversorgung nachgefragt werden. „Es gibt auch viele Angehörige, die auf beiden Seiten der Grenze zu Hause sind oder Menschen, die ein Leben über die Grenze hinweg leben“, so Bollig. Er berichtete über Begegnungen mit Menschen, bei denen eine Ansprache in ihrer Kindheitssprache eine zuvor spürbare Demenz deutlich weniger ausgeprägt erscheinen ließ.

Weitere Kurse in Sicht

Er nahm auch die Erfahrung mit, dass in Organisationen in Dänemark das Thema „Letzte Hilfe“ weniger bekannt ist als bei ähnlichen Verbänden in Deutschland. „Ich habe auch festgestellt, dass viele Menschen Informationen nachfragen, wie sie mit Trauernden umgehen sollten“, berichtete Dorothea Lindow, die Pastorin des deutschen Teils der dänischen Volkskirche in Tondern und Uberg (Ubjerg). Auch die Kultur und die Religion der Menschen sollten Teil der Sterbebegleitung sein. Zum Abschluss des Pilotprojekts unterstrich Georg Bollig, dass es weitere Kurse im Grenzgebiet geben werde. Geplant sei ein größeres Projekt, für das EU-Interregmittel beantragt werden sollten. Ziel seien Angebote in ganz Schleswig-Holstein und der gesamten Region Süddänemark. Informationen liefert die Internetseite www.letztehilfe.info

 

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