Unternehmensgründer

Jacobs Idee hilft gegen Einsamkeit

Jacobs Idee hilft gegen Einsamkeit

Jacobs Idee hilft gegen Einsamkeit

Apenrade/Aarhus
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Der Laptop ist ein wichtiges Arbeitsgerät für den 26-jährigen Firmengründer. Foto: Karin Riggelsen

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Zu viele seiner Kommilitonen haben schon während der ersten Semester das Handtuch geworfen. Der Apenrader Jacob Nielsen hat untersucht, woran das liegt und eine Lösung gefunden, die jetzt auch in Deutschland und anderen Ländern eingesetzt werden soll. Heute hilft ihm der Besuch der deutschen Schule bei seinen Expansionsplänen.

„Es war traurig zu sehen“, erinnert sich Jacob Nielsen an die Anfangszeit seines Studiums. Er hatte vor wenigen  Jahren an der Uni in Aarhus ein Wirtschaftsstudium begonnen und beobachtet, dass schon nach einem Semester ein Teil seiner Kommilitonen das Handtuch warf und aufhörte.

Jacob stellte sich die Frage, woran das liegen könnte und fand heraus, dass viele  von ihnen keinen Anschluss fanden und einsam waren. „Sie fühlten sich einfach nicht wohl. Für viele war es das erste Mal, dass sie alleine wohnten, manche weit von den Eltern entfernt“, berichtet der heute 26-Jährige. Selbst Freunden ging es nicht gut mit den neuen Anforderungen des Uni-Starts.

Unis konnten Problem nicht lösen

Deshalb stand für Jacob fest: Es musste eine Lösung her. Gespräche mit Studienleitern und Mitarbeitern der Uni zeigten, dass Studentengruppen helfen könnten. Die Frage war nur, wie  die Studierenden zusammenfinden sollten.

Die Universitätsleitung hatte das Problem zwar auch schon erkannt, doch der Aufwand, solche Gruppen zu bilden, ist für die Verwaltung einfach zu groß.

Firmengründung mit drei weiteren Teilhabern

Das sollte so nicht stehen bleiben, fand Jacob und beschloss zu helfen. Er machte sich Gedanken, wie sich das Problem in den Griff bekommen lassen könnte. Bei einem Netzwerktreffen lernte er zufällig drei Programmierer kennen. Die vier jungen Männer kamen ins Gespräch, und Jacob erzählte von seinen Plänen. Die drei Programmierer waren überzeugt, dass er damit eine Lücke entdeckt hatte und stiegen mit in das „Unternehmen“ ein.

Jacob begann – neben seinem Studium – für das Programm zu recherchieren. Er unterhielt sich mit Studienleitern und Studierenden und entwickelte dann ein Frageschema, mit dem die Studierenden miteinander „gematcht“ werden können.

Die Firma wurde gegründet. CEO bei „Unihelper“ stand nun auf der Visitenkarte des Firmengründers.

Auf dem Smartphone funktioniert das Programm von Jacob Nielsen und seinen Kompagnons auch. Besser sei es allerdings, die Fragen auf dem PC zu beantworten, empfiehlt der Mitentwickler. Foto: Karin Riggelsen

Programm funktioniert

Das Programm erlangte bald Benutzerreife und kam zum ersten Mal an der Uni in Aarhus zum Einsatz. „Und es funktionierte gut“, berichtet Jacob Nielsen. Zwar gab es noch einige Stellschrauben, an denen die Entwickler drehen mussten, doch die ersten Erfahrungen mit dem System zeigten, dass es funktionierte. „Es gab viele Studierende, denen wir zu einer Studiengruppe verhelfen konnten.“

Nun begann Jacob, das Programm zu vermarkten, und auch andere Unis im Land zeigten großes Interesse daran.

Persönlicher Tiefpunkt

Dann kam Ende 2019 der Zusammenbruch. „Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes zusammengeklappt“, erzählt der Wahl-Aarhusianer. Das Studium und die Firma forderten ihren Tribut. Jacob konnte nicht mehr.

Corona und der Lockdown waren für Jacob ein „Segen“. „Ich habe mich in das Sommerhaus der Familie zurückgezogen und mich in Isolation begeben. Das hat mir wieder Kraft und Ruhe gegeben. Ich habe mich in dieser Zeit entschieden, das Studium vorerst ruhen zu lassen und mich ganz um ,Unihelper‘ zu kümmern“, erzählt er.

Viel genutztes Programm

Heute benutzen schon viele Universitäten in Dänemark das Programm. Die Studierenden werden unter anderem gefragt, ob sie am Wochenende oder am auch am Abend arbeiten wollen. Haben sie 25 Fragen am Computerschirm beantwortet, werden dann diejenigen Studienanfänger innerhalb weniger Minuten miteinander „gematcht“, die die meisten gleichen Antworten geben. Ein sicheres System, wie der Mitentwickler sagt.

Neueste Zahlen belegen Erfolg

„Unihelper“ ist zudem sehr flexibel. „Es eignet sich nicht nur für Universitäten, sondern kann auch in allen anderen Bildungseinrichtungen eingesetzt werden“, wie Nielsen sagt. In 70 Ausbildungsbereichen konnten inzwischen über 10.000 Studierende vermittelt werden. Zudem gab es bis zu 80 Prozent weniger Studienabbrecher in den Einrichtungen. Umfragen der Bildungsstätten zeigten außerdem: Die jungen Menschen waren weniger einsam, hatten weniger Stress und fühlten sich beim Studienstart  insgesamt sicherer. Eine große Freude für Jacob Nielsen, der sich ja am Anfang zur Aufgabe gesetzt hatte, seinen Kommilitonen zu helfen.

Weltweit den Markt erobern

Nach den persönlichen und geschäftlichen Erfolgen vermarktet Jacob das Modell nun weiter und blickt dabei weit über die Landesgrenzen hinaus. Denn wie er bei seinen Recherchen feststellte, gibt es die Studiengruppen-Problematik nicht nur in Dänemark, sondern auch in vielen anderen Ländern, so unter anderem in den USA, einem „riesigen Markt“, wie er sagt. Auch Deutschland hat schon eine Stecknadel auf der Weltkarte bekommen.  Dort soll „Unihelper“ ebenfalls eingesetzt werden.

Deutsch als großer Vorteil

Hier hilft Jacob Nielsen nun die deutsche Sprache, die er zum einen in der Deutschen Privatschule Apenrade, aber auch im Kreise der Familie gelernt hat. Jacobs Mutter Marianne, eine geborene Andresen, ist nämlich in der deutschen Minderheit aufgewachsen und hat, wie ihre Kinder nun auch, die deutschen Institutionen besucht.

„Ich möchte die Erfahrungen, die ich an der DPA sammeln konnte, nicht missen, und mit der deutschen Sprache im Gepäck hat man einfach mehr Möglichkeiten. Nun hilft die Sprache mir natürlich dabei, unseren Kundenkreis auszubauen“, erklärt Jacob, der schon bei „SønderjyskE“ Fußball gespielt hat, wegen einer Verletzung den Traum vom Profi-Fußballer jedoch aufgeben musste.

Er mag die kleinen Klassen an den deutschen Schulen und den sehr persönlichen Kontakt zu den Lehrern, fügt er hinzu. Er freue sich immer sehr, wenn er in Deutschland bei Veranstaltungen die Gesprächspartner überraschen kann, wenn er mit ihnen, von anderer Seite vollkommen unerwartet, plötzlich Deutsch spricht.

Irgendwann, wenn die Firma „allein“ läuft, will Jacob Nielsen seinen Masterabschluss nachholen, erklärt der Hobby-Rennradfahrer abschließend.

 

 

Jacob Nielsen

Jacob Nielsen wurde 1995 in Apenrade geboren. Er besuchte den Deutschen Kindergarten Margrethenweg und im Anschluss die Deutsche Privatschule Apenrade.

Er absolvierte in Hadersleben (Haderslev) das „Blaue Gymnasium“ (Blå Gymnasium). Nach dem Besuch der Nachschule „Sine“ begann er eine Profi-Fußballkarriere bei „SønderjyskE", die er jedoch verletzungsbedingt abbrechen musste.

Er lebt mit seiner Lebensgefährtin Astrid aus Thy und Katze Kela in einem Reihenhaus nahe Aarhus.

Jacobs großer Bruder Michael arbeitet bei einer Spedition in Pattburg (Padborg), seine jüngere Schwester Anna Christine lebt derzeit in London.

Seine Mutter ist Marianne Nielsen, geborene Andresen. Der Vater ist Flemming Nielsen.

Jacobs Urgroßvater ist Andreas Andresen, der in Leck geboren und dann nach Rødding gezogen ist. Der Opa ist Hans Friedrich Andresen, der viele Jahre Vorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN)  im Bezirk Rothenkrug (Rødekro)  war. 1954 zog er mit seiner Frau (Jacobs Oma) Christine Dall aus Schnabek (Snogbæk) nach Christiansminde. Dort erblickten Marianne und Andreas Andresen das Licht der Welt.

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