Auch Deutsche betroffen

DF will Einwanderern das Wahlrecht nehmen

DF will Einwanderern das Wahlrecht nehmen

DF will Einwanderern das Wahlrecht nehmen

Kopenhagen
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Martin Henriksen
Hat Angst vor zu viel Einfluss von Menschen nichtdänischer Herkunft: Martin Henriksen. Foto: Scanpix

Die Dänische Volkspartei macht einmal mehr einen provokanten Vorschlag: Einwanderer ohne dänischen Pass sollen kommunal nur wählen dürfen, wenn sie einen komplexen Sprachtest bestanden haben. Hintergrund: fast 350.000 ausländische Staatsbürger sind bei der Kommunalwahl im November stimmberechtigt. Und die stimmen nur selten für DF...

Die Dänische Volkspartei macht einmal mehr einen provokanten Vorschlag: Einwanderer ohne dänischen Pass sollen kommunal nur wählen dürfen, wenn sie einen komplexen Sprachtest bestanden haben. Hintergrund: fast 350.000 ausländische Staatsbürger sind bei der Kommunalwahl im November stimmberechtigt. Und die stimmen nur selten für DF...

EU-Bürger und Bürger aus Norwegen oder Island dürfen bei der Kommunalwahl im November mitbestimmen, wie die Stadträte vor Ort zusammengesetzt sein sollen. Einwanderer aus anderen Ländern müssen mindestens seit drei Jahren in Dänemark leben, bevor sie wählen dürfen – und auch selbst in der Kommunalpolitik mitmischen dürfen.

Dieselben Rechte genießen Dänen, die zum Beispiel nach Schleswig-Holstein ziehen, im Ausland. Doch Martin Henriksen, ausländerpolitischer Sprecher der Dänischen Volkspartei (DF), hält nichts davon, neue Mitbürger in den lokalpolitischen Demokratieprozess mit einzubeziehen. „Wenn man an der öffentlichen Debatte teilnimmt und dazu Stellung bezieht, welche Politiker und Parteien man wählen will, muss man auch in der Lage sein, zu verstehen, was vor sich geht, und deshalb muss man auch eine Dänischprüfung bestehen“, fordert er in TV2.

350.000 Ausländer stimmberechtigt – alles andere als DF-Klientel

Dass die nationalkonservative Partei die Hürden für Ausländer anheben will, kommt wenig überraschend. Fast 350.000 ausländische Staatsbürger sind bei der Wahl im November stimmberechtigt. Und aus dieser großen Menge an Wählern ist für DF kaum großer Zuspruch zu erwarten. Bei der Folketingswahl 2015, bei der lediglich Bürger mit dänischem Pass stimmberechtigt waren, wurde dies erneut deutlich. 90 Prozent der Wähler mit ausländischen Wurzeln haben damals für eine Partei aus dem sogenannten roten Block gestimmt, sagte Yosef Bhatti, Wahlforscher beim KORA-Institut, damals zu Danmarks Radio.

Die Wahlbeteiligung, zumal bei Kommunalwahlen, ist unter den Einwanderern ohne dänischen Pass zwar sehr gering – 2013 gingen nicht einmal 100.000 zur Wahlurne – ihr Einfluss auf die Wahlergebnisse in den Kommunen ist dennoch beachtlich.

„Es stimmt schon, dass es einige verschiedene Konventionen gibt und einige Vorgaben, die sagen, dass EU-Bürger von Tag eins an wählen können müssen, während einige Jahre vergehen, wenn man aus einem Dritte-Welt-Land kommt“, sagt Henriksen zu TV2, „daran halten wir fest. Aber wir wollen einen Kompromiss mit den übrigen Parteien, die akzeptieren sollen, dass Ausländer mindestens einen Sprachtest bestehen müssen, um bei der Kommunalwahl abzustimmen.“

Die Drei-Jahres-Regel gilt derweil nicht nur für Bürger aus nicht näher definierten „Dritte-Welt-Ländern“, sondern für alle Bürger, die nicht aus der EU, Island oder Norwegen stammen. Also auch für Australier, Kanadier, US-Amerikaner, Japaner und so weiter.

Samsøs Bürgermeister ist Niederländer – und hält nichts von Sprachtests

Bei der sozialliberalen Partei Radikale Venstre stößt der Vorstoß Henriksen unterdessen auf wenig Gegenliebe. Wer Bürger in Dänemark integrieren wolle, müsse sie früh in die lokalen Gestaltungsprozesse mit einbinden, findet deren ausländerpolitische Sprecherin Sofie Carsten Nielsen. „Wenn man seit einigen Jahren in einer Kommune gelebt hat, ist es ein Recht, an der Demokratie teilzunehmen und dieselben Rechte zu haben, wie die anderen Bürger in der Kommune“, sagt sie.

Ähnlich sehen das Sprachschüler in Kopenhagen, die TV2 befragt hat. Eine der Schülerinnen berichtet, sie fühle sich „als richtiger Teil der Gesellschaft, wenn ich bei der Kommunalwahl abstimme“. Dass eine Sprachprüfung obligatorisch werden sollte, dagegen haben die befragten Schüler nichts. Allerdings halten sie die von DF geforderte Stufe 3 der Sprachprüfung für zu hoch – dabei handelt es sich um die letzte Stufe vor dem Hochschulniveau.

Auf Samsø ist der Bürgermeister Niederländer und 15 Stadtratsmitglieder sind Ausländer. Bürgermeister Marcel Meijer meint, es sei keineswegs notwendig, perfekt Dänisch zu können, um die Lokalpolitik mitgestalten zu können. Vielmehr müsse es darum gehen, mehr Einwanderer an die Wahlurnen zu bringen.

Martin Henriksen sieht das anders. Er will es Ausländern erschweren, sich lokalpolitisch einzubringen. Nach den Sommerferien soll dem Folketing ein Entschließungsantrag vorliegen. Ursprünglich wollte die Dänische Volkspartei es ausländischen Staatsbürgern komplett verbieten, bei Kommunalwahlen abzustimmen oder anzutreten. Diese Pläne wurden jedoch als nicht umsetzbar bewertet und nun angepasst.

Hier leben die deutschen Staatsbürger in Dänemark. In den dunkelblau gefärbten Kommunen leben mindestens 500 deutsche Staatsbürger. Foto: Danmarks Statistik

Viele Deutsche wären betroffen

In Dänemark lebten im zweiten Quartal 2017 laut Danmarks Statistik 24.431 deutsche Staatsbürger. Davon waren 21.333 älter als 19 Jahre, also bei der Kommunalwahl stimmberechtigt. Über die genaue Zahl der 18- bis 19-Jährigen liegen keine Angaben vor.

In der Region Süddänemark leben demnach 8.136 deutsche Staatsbürger. In der Kommune Apenrade sind es 1.930, in Hadersleben 474, in Tondern 718 und in Sonderburg 1.262.

Auch aus anderen westlichen Ländern wären viele Bürger von der Regelung betroffen. Fast 17.000 Norweger leben in Dänemark, mehr als 15.000 Schweden, knapp 18.000 Briten, rund 8.500 Isländer, 8.000 Niederländer und fast 10.000 US-Amerikaner. Rund 1.400 Österreicher und 1.700 Schweizer leben in Dänemark.

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