Nerz-Fall

Kritik von Opposition: Gelöschte SMS-Nachrichten sind verloren

Kritik von Opposition: Gelöschte SMS-Nachrichten sind verloren

Kritik von Opposition: Gelöschte SMS sind verloren

Ritzau/nb
Kopenhagen
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Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) und Justizminister Nick Hækkerup (Soz.) auf einer Pressekonferenz zu den gelöschten SMS-Nachrichten Anfang November. Jetzt steht fest, dass die Nachrichten nicht wiederhergestellt werden können. (Archivfoto) Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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Die Nerzkommission bekommt keinen Zugang zu den gelöschten SMS-Nachrichten von Staatsministerin Mette Frederiksen und einigen ihrer Angestellten, da sie nicht wiederhergestellt werden konnten. Die Opposition kritisiert, dass die Regierung die Mitteilung darüber unmittelbar nach der Kommunalwahl verkündet.

Den Technikern der Reichspolizei ist es nicht gelungen, die gelöschten SMS-Textnachrichten von Staatsministerin Mette Frederiksen und drei leitenden Angestellten im Staatsministerium wiederherzustellen. Deshalb kann die Nerzkommission nicht wie gewünscht Zugang zu den SMS-Textnachrichten bekommen.

Das teilt das Justizministerium am Mittwochnachmittag mit.

Es sei lediglich gelungen, eine begrenzte Zahl an SMS-Textnachrichten des Staatssekretärs im Justizministerium wiederherzustellen.

„Ich wünschte mir, dass es möglich gewesen wäre, die SMS-Nachrichten wiederherzustellen, sodass der Kommission alles von Relevanz vorgelegt werden könnte und diese Verdächtigungen aufhören“, sagt Justizminister Nick Hækkerup (Soz.).

Ich kann durchaus nachvollziehen, dass man darüber spekuliert, aber nachdem ich jetzt den Prozess, der mit der Nerzkommission abgestimmt ist, erläutert habe, sollte ein solches Misstrauen meiner Meinung nach verschwinden.

Nick Hækkerup (Soz.), Justizminister

Er hatte die Techniker der Reichspolizei damit beauftragt zu versuchen, die gelöschten SMS-Nachrichten wieder zugänglich zu machen, nachdem die Angelegenheit ans Licht der Öffentlichkeit gekommen war.

Mitteilung am Tag nach der Kommunalwahl

Die Mitteilung aus dem Justizministerium erfolgte am Mittwochnachmittag und damit einen Tag nach der Kommunalwahl, bei denen die Sozialdemokraten landesweit Federn lassen mussten.

Hækkerup kann durchaus nachvollziehen, wenn der Zeitpunkt der Mitteilung Misstrauen weckt.

„Ich kann durchaus nachvollziehen, dass man darüber spekuliert, aber nachdem ich jetzt den Prozess, der mit der Nerzkommission abgestimmt ist, erläutert habe, sollte ein solches Misstrauen meiner Meinung nach verschwinden“, so Hækkerup.

Die Techniker der Reichspolizei haben ihre Arbeit am vergangenen Freitag beendet. Das Justizministerium konnte trotz der Anfrage mehrerer Nachrichtenmedien zu diesem Zeitpunkt nicht mitteilen, ob die SMS-Textnachrichten wiederhergestellt worden waren.

Ergebnis in versiegelten Umschlägen verwahrt

Stattdessen kommt die Mitteilung fünf Tage später. Das Ergebnis der Untersuchungen wurde vom Ministerium in versiegelten Umschlägen verwahrt, und Justizminister Hækkerup ist der Auffassung, dass eine Antwort gar nicht früher hätte vorgelegt werden können.

Es ist bemerkenswert, dass diese Informationen ausgerechnet bis zum Tag nach der Kommunalwahl unter Verschluss bleiben sollten. Die Erklärung, dass das Material in versiegelten Umschlägen aufbewahrt wurde, die man zufällig erst nach der Kommunalwahl öffnet, ist lächerlich.

Morten Dahlin (Venstre), Vorsitzende des Rechtsausschusses

Am Montag haben das Justizministerium, die Anwälte der betroffenen Personen und die Nerzkommission über die Unterlagen beraten. Dabei wurde vereinbart, dass die Betroffenen eventuell wiederhergestellte Nachrichten selbst durchgehen sollten, und die Kommission im Anschluss daran eine Kontrolle vornehmen würde.

Venstre: Keinerlei Vertrauen in die Regierung

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Morten Dahlin (Venstre), bezeichnet es als „naheliegend, anzunehmen“, dass die Regierung die Mitteilung darüber, dass die SMS-Textnachrichten nicht wiederhergestellt werden konnten, bewusst zurückgehalten habe, sodass sie keine Auswirkungen auf die Sozialdemokraten während Kommunalwahl hätten.

„Wir haben in dieser Angelegenheit keinerlei Vertrauen in die Regierung und die Staatsministerin. Die Staatsministerin hat mehrfach gezeigt, dass sie persönlich alles, was ihr in der Zentralverwaltung unter die Finger kommt, bis ins kleinste Detail steuert. Es ist bemerkenswert, dass diese Informationen ausgerechnet bis zum Tag nach der Kommunalwahl unter Verschluss bleiben sollten“, sagt Morten Dahlin.

Es ist im Ganzen ein riesengroßer juristischer Skandal, dass man die SMS nicht wiederherstellen kann, sodass man sich ein besseres Bild von dem verschaffen kann, was eigentlich passiert ist. Aber ein noch größerer Skandal ist es, dass diese Nachricht erst wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale kommt.

Peter Skaarup, juristischer Sprecher der Dänischen Volkspartei

Diese Darstellung weist Justizminister Nick Hækkerup zurück.

„Das ist schlichtweg nicht richtig. Der Vorgang verlief so, dass das Justizministerium am Freitag versiegelte Umschläge erhielt. Danach vereinbarten wir mit der Nerzkommission, dass wir uns am Montag mit ihr und den Beisitzern treffen würden, die das Material mit ihren Klienten durchgehen sollten. Das ist also ein Vorgang, der mit der Nerzkommission abgesprochen ist“, sagt Hækkerup.

Dazu sagt Morten Dahlin: „Die Erklärung, dass das Material in versiegelten Umschlägen aufbewahrt wurde, die man zufällig erst nach der Kommunalwahl öffnet, ist lächerlich. Das ist nichts anderes als ein weiteres Puzzleteil in einer Reihe von merkwürdigen Erklärungsversuchen und Halbwahrheiten, die wir vonseiten der Regierung in diesem riesengroßen Skandal serviert bekommen.“

Kritik auch von der Dänischen Volkspartei

Auch der juristische Sprecher der Dänischen Volkspartei, Peter Skaarup, nennt den Verlauf durch die Regierung „manipulativ“: „Ich finde, dass es eindeutig Kritik verdient und zudem sehr manipulativ ist, dass die Informationen, die die Grundlage für die jetzige Mitteilung bilden, dass die SMS nicht wiederhergestellt werden können, vermutlich bereits vor der Kommunalwahl vorlagen. Es ist im Ganzen ein riesengroßer juristischer Skandal, dass man die SMS nicht wiederherstellen kann, sodass man sich ein besseres Bild von dem verschaffen kann, was eigentlich passiert ist. Aber ein noch größerer Skandal ist es, dass diese Nachricht erst wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale kommt.“

Konservative: Private Firmen sollen SMS wiederherstellen

Der Vorsitzende der Konservativen, Søren Pape Poulsen, fordert dem Nachrichtenmedium „B.T.“ zufolge, dass private Firmen versuchen sollen, die den Nerzfall betreffenden SMS-Nachrichten von Mette Frederiksen wiederherzustellen.

Mette Frederiksen muss Angst vor der Reaktion der Bevölkerung haben, wenn die Regierung zentrale Informationen zu den gelöschten SMS bis zum Tag nach der Wahl zurückhält.

Søren Pape Poulsen, Vorsitzende der Konservativen

„Mette Frederiksen muss Angst vor der Reaktion der Bevölkerung haben, wenn die Regierung zentrale Informationen zu den gelöschten SMS bis zum Tag nach der Wahl zurückhält. Die Polizei ist kompetent, aber wenn es noch kompetentere Experten in privaten Firmen gibt, dann sollen sie die Möglichkeit bekommen, die SMS-Nachrichten wiederherzustellen. Wir müssen alles unternehmen, um in diesem Skandal die Wahrheit an die Öffentlichkeit zu bringen“, so Pape Poulsen gegenüber „B.T.“.

Radikale: Arbeit der Nerzkommission abwarten

Auch bei Radikale Venstre, die Stützpartei der Regierung ist, sieht man es „mit großem Ernst“, dass die Nachrichten von Mette Frederiksen und ihren drei engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelöscht wurden und bislang nicht wiederhergestellt werden konnten.

„Letzten Endes bedeutet das, dass die Kommission das Material, um das sie gebeten hat, nicht bekommen kann“, sagt die rechtspolitische Sprecherin der Partei, Samira Nawa gegenüber „B.T.“.

Allerdings will die Partei noch keine Konsequenzen ziehen. „Wir warten darauf, dass die Nerzkommission ihre Arbeit beendet. Danach müssen wir über Konsequenzen sprechen“, so Nawa.

Verwunderung unter Experten

Mehrere Experten mit Fachkenntnis im Bereich IT-Sicherheit wundern sich jedoch über den Verlauf. Insbesondere, weshalb nur vier Personen im Staatsministerium und nicht alle Mitarbeiter die automatische Löschung von Nachrichten aktiviert hatten. 

Die Angelegenheit um die gelöschten SMS-Textnachrichten hatte an Fahrt aufgenommen, als bekannt geworden war, dass die Nerzkommission vergeblich versucht hatte, die Nachrichten von der Staatsministerin und ihren drei hochrangigen Verwaltungsangestellten im Staatsministerium ausgehändigt zu bekommen.

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