Folkemøde

Politiker diskutieren Zähmung der Techgiganten

Politiker diskutieren Zähmung der Techgiganten

Politiker diskutieren Zähmung der Techgiganten

Allinge
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Mette Frederiksen will die Techgiganten zähmen. Foto: Walter Turnowsky

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Wie mit Facebook, Google und Co. umgehen? Dies ist eines der zentralen Themen beim Folkemøde auf Bornholm.

Bei brütender Hitze lauschten die Besucherinnen und Besucher vor der großen Bühne in Allinge den Worten von Mette Frederiksen (Soz.). Wer konnte, hat sich einen Platz unter den Sonnensegeln geschnappt, doch viele mussten in der prallen Sonne sitzen.  

Der Applaus als die Staatsministerin auf die Bühne stieg, deutete bereits an, dass dies wohl ein Heimspiel für sie werden würde.

 

Der Inhalt ihrer Rede hat dann vermutlich doch einige überrascht. Die Corona-Pandemie hat sie mit einigen wenigen Sätzen abgehakt, denn Frederiksen hatte anderes auf dem Herzen, ihr ging es um die Rolle der Techgiganten. Sie mache sich Sorgen um die demokratische Auseinandersetzung, erzählte sie.

„Ich sehe die Tendenz, dass vieles immer stärker als schwarz oder weiß dargestellt wird. Die Nuancen gehen verloren. Es besteht die Gefahr einer Polarisierung“, sagte sie.

Weißbuch

Parallel zu Frederiksen Rede hat die Regierung ein Weißbuch mit neun Prinzipien für eine Regulierung von Facebook, Google und Co. vorgestellt.

„Die Hälfte der Jugendlichen in Dänemark sagt, sie würden an Debatten in den sozialen Medien nicht teilnehmen, weil der Ton dort häufig so hässlich ist“, meinte die Staatsministerin.

Es sei Verantwortung jedes einzelnen einen ordentlichen Ton auch in der virtuellen Welt einzuhalten, doch es bedürfe auch einer Regulierung durch die Politik.

Zu den neun Prinzipien im Weißbuch zählt, dass die Techgiganten sich einem demokratischen Rahmen unterordnen sollen, Kinder das Recht auf eine sichere Kindheit mit einer Balance zwischen der digitalen und der physischen Welt haben und die Techgiganten die demokratische Auseinandersetzung fördern sollen.

„So wie die Algorithmen funktionieren, wird man vor allem in eigenen Meinungen bestätigt. Für die demokratische Unterhaltung ist es jedoch entscheidend, dass wir uns mit Menschen mit anderen Ansichten auseinandersetzen“, sagte Frederiksen.

Dilemmas

Wie schwierig die Regulierung des Inhalts in den sozialen Medien ist, und welche Dilemmas darin stecken, zeigte eine Veranstaltung einer der Techgiganten, selbst am Tag davor. Der politische Chef von Facebook, Martin Ruby, betonte, dass, was für den einen Hatespeech ist, der anderen als lebhafte Debatte erscheine. Auch gebe es große Unterschiede unter den Ländern.

Muss ein Beitrag bei Facebook gelöscht werden oder nicht? Martin Ruby fragte am Donnerstag das Publikum. Foto: Walter Turnowsky

Er begrüßt Initiativen zu einer politischen Regulierung.

„Früher waren wir da skeptisch, aber seit geraumer Zeit unterstützen wir, dass ein Rahmen geschaffen wird, auch wenn wir vermutlich nicht sämtliche der konkreten Vorschläge lieben werden“, meint er.

Der Direktor des juridischen Think-Tanks Justitia, Jacob Mchangama, stellt sich einen anderen Weg vor. Er schlug vor, man solle es den einzelnen überlassen, zu entscheiden, was man sehen möchte und was nicht. Dies könne eventuell von NGOs unterstützt werden.

Vestager begrüßt nationale Regulierung

Am Freitag war nach der Rede von Frederiksen, die EU-Wettbewerbskommissarin Magrethe Vestager dran. Sie hat bekanntlich so einige Auseinandersetzungen mit den Techgiganten gehabt.

Magrethe Vestager im Gespräch mit Lea Korsgaard von „Zetland“. Foto: Walter Turnowsky

Insgesamt meint sie jedoch, die sozialen Medien hätten die demokratische Diskussion bereichert, da nun alle daran teilnehmen könnten. Doch müsse man, die Entwicklung steuern, damit dies tatsächlich gewährleistet ist, meint auch sie.

„Die Regulierung der Inhalte muss in den einzelnen Ländern stattfinden, denn die Unterschiede, was alles akzeptabel empfunden wird und was nicht, sind zu groß“, sagte Vestager in einem Interview.

Sie diskutierte das Thema mit dem Konzernchef von „Berlingske“, Anders Krab-Johansen und Kulturministerin Joy Mogensen (Soz.). Mogensen hat am eigenen Leib erfahren, wie hasserfüllt der Ton in den sozialen Medien sein kann. Sie hat vor eineinhalb Jahr ihr ungeborenes Kind verloren. Sie bekam Bescheide, sie habe dies verdient.

Sie sorgt sich auch darum, dass die sozialen Medien, den etablierten Medien, die sich ethischen Richtlinien untergeordnet haben, das Wasser abgraben.

Martin Ruby (Facebook), Anne Sofie Christensen-Dalsgaard (Verband Nye Medier), Anders Krab-Johansen („Berlingske“) und Kulturministerin Joy Mogensen (Soz.) diskutieren über Techgiganten. Lea Korsgaard moderiert. Foto: Walter Tutnowsky

„Dänemark ist ein kleines Land. Wir müssen unsere eigenen Medien einen Heimvorteil gewähren“, meinte sie.

Facebook: Die Medien verdienen an uns

Wenig überraschend konnte Krab-Johansen nur beipflichten; den etablierten Medien seien wegen Facebook, Google und Co. massiv Werbeeinnahmen verloren gegangen.

Facebook-Chef Martin Ruby, der sich nun zu der Gesprächsrunde gesellt hatte, wies jedoch darauf hin, dass 67 dänischen Medien insgesamt pro Stunde 22 Artikel auf Facebook posten.

„Vergangenes Jahr bekamen die dänischen Medien dadurch 1,3 Milliarden Klicks, und jeder dieser Klicks hat einen Wert für die Medien, manchmal sind es einige Øre und manchmal einige Kronen. Das Verhältnis zwischen Medien und Facebook ist ein Vorteil für die Medien“, meinte er.

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