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Verteidigungsvorbehalt 31-mal aktiviert

Verteidigungsvorbehalt 31-mal aktiviert

Verteidigungsvorbehalt 31-mal aktiviert

Kopenhagen
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Die EU will die Streitkräfte in Mosambik besser darin ausbilden, auf Angriffe von islamistischen Extremisten in der Cabo Delgado Provinz zu reagieren. Dänemark kann nicht an der Mission teilnehmen. Foto: Simon Wohlfahrt/AFP/Ritzau Scanpix

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Der EU-Vorbehalt zur Verteidigungspolitik bedeutet, dass Dänemark an unter anderem nicht einer Ausbildungsmission in Mosambik und einer Militäroperation gegen Piraten an der Küste Somalias teilnehmen konnte.

Dänemark kann derzeit an sieben militärischen Missionen oder Operationen der Europäischen Union (EU) nicht teilnehmen. Das verhindert der EU-Vorbehalt zur Verteidigungspolitik, über den die Bevölkerung am 1. Juni abstimmen wird.

Laut „Folketingets Oplysning“ hat Dänemark seit 1993 den Vorbehalt mindestens 31-mal aktiviert.

Bei 14 der Fälle ging es um militärische Missionen oder Operationen. In den übrigen Fällen waren es um andere Fragen zur sicherheitspolitischen Zusammenarbeit wie die Einrichtung einer Europäischen Friedensfazilität oder zur Teilnahme an einer Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit.

Mission in Mosambik

Zu den jüngsten Militärmissionen zählt die Ausbildung der mosambikanischen Streitkräfte, die im Juli vergangenen Jahres beschlossen wurde. Laut dem Beschluss soll die Mission „ein effizienteres und wirksameres Vorgehen der mosambikanischen Streitkräfte gegen die Krise in der Provinz Cabo Delgado, das im Einklang mit den Menschenrechtsnormen und dem humanitären Völkerrecht steht, unterstützen“.

In der nördlichsten Provinz des Landes führen islamistische Extremisten seit 2017 Angriffe aus, die seit vergangenem Jahr verstärkt wurden. Laut UNO sind mehr als 700.000 Menschen aus der Cabo Delgado geflohen.

Der Verteidigungsvorbehalt hinderte Dänemark daran, an einer EU-Operation gegen Piraten an der Küste Somalias oder dem Schutz von Flüchtlingen in der somalischen Darfur-Provinz teilzunehmen.

Vorbehalte nach Nein zur Europäischen Union

Der Verteidigungsvorbehalt wurde 1993 eingeführt, nachdem eine knappe Mehrheit der Bevölkerung das Jahr davor gegen die Maastrichter Verträge zur Europäischen Union gestimmt hatte. Gemeinsam mit dem Vorbehalt zur Münzunion, zur Rechtspolitik und zur europäischen Staatsbürgerschaft überzeugte der Verteidigungsvorbehalt eine Mehrheit von 56,7 Prozent der Bevölkerung den Maastrichter Verträgen zuzustimmen.

In Dänemark habe traditionell große Skepsis gegenüber einer europäischen sicherheits- und verteidigungspolitischen Zusammenarbeit neben der Nato geherrscht, erläutert Ph.D. Anne Ingemann Johansen von der Süddänischen Universität in einem Artikel zum Verteidigungsvorbehalt. Ihr Forschungsfeld ist die EU als sicherheitspolitische Akteurin.

Sorge vor Konkurrenz zur Nato

Dänemark war daher auch nicht Mitglied der Westeuropäischen Union, die eine Vorläuferin der gemeinsamen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik war.

„Im Licht unserer Erfahrungen während des Zweiten Weltkriegs ergibt es Sinn, dass wir das gute Verhältnis zu den USA (und damit der Nato) priorisiert haben, auf Kosten von etwas, das sich – aus dänischer Sicht – möglicherweise zu einer konkurrierenden europäischen Initiative entwickeln könnte“, schreibt Ingemann Johansen.

Keine Pläne für ein EU-Heer

Von politischer Seite sei es vor allem darum gegangen, den Befürchtungen der Wählerinnen und Wähler zu begegnen, die Zusammenarbeit könne zu einem gemeinsamen EU-Heer führen. Wurzel dieser Sorge sei „eine etwas unklare Formulierung“ in den Maastrichter Verträgen, in der es zur gemeinsamen Verteidigungspolitik heißt, sie könnte „zu gegebener Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung führen.“

Die Forscherin meint jedoch, dass die Sorge um ein EU-Heer unbegründet ist.

„Es ist wichtig festzustellen, dass zu keinem Zeitpunkt der Weltgeschichte ein überstaatliches Heer existiert hat, ebenso hat es nie politische Unterstützung für eine solche Konstruktion in der EU gegeben“.

Stattdessen arbeite man daran, Kontingente an Soldatinnen und Soldaten aufzustellen, die mit relativ kurzer Vorwarnung entsendet werden können. Ebenso wie in der Nato entscheidet jedoch jeder Mitgliedsstaat selbst, an welchen Operationen er teilnehmen möchte.

 

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