Corona-Impfung

Eventveranstalter managt Impfkampagne

Eventveranstalter managt Impfkampagne

Eventveranstalter managt Impfkampagne

Dieter Schulz/shz.de
Kiel
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Seit 4. Januar in Betrieb: das Flensburger Impfzentrum. Foto: Michael Staudt

Als einziges Bundesland setzt Schleswig-Holstein bei Vergabe von Impfterminen auf Europas Marktführer im Eventbereich.

Termine statt Tickets – als einziges Bundesland hat Schleswig-Holstein das Bremer Unternehmen Eventim mit der Vergabe der Impftermine beauftragt. Normalerweise verkauft der Marktführer beim Ticketverkauf pro Jahr über 250 Millionen Eintrittskarten für Konzerte und Live-Events. „Als wir von den geplanten Impfzentren hörten, war uns schnell klar, dass die Anforderungen bei der Terminvergabe vergleichbar sind mit denen beim Ticketverkauf für Veranstaltungen“, erklärt Eventim-Sprecher Frank Brandmaier den Umstieg. Das Unternehmen entwickle sich auch in der Krise weiter und suche nach neuen Marktchancen.

„Wenn etwa 60 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner Schleswig-Holsteins bis zum Ende des Sommers ein Impfangebot erhalten sollen, wie es die Bundesregierung verspricht, müssen rund 3,4 Millionen Impftermine vergeben werden können“, begründet der Sprecher des Kieler Gesundheitsministeriums, Frank Zabel, die Zusammenarbeit mit Eventim. Eine Software zu nutzen, die auch bei anderen Großereignissen wie Fußballweltmeisterschaften genutzt wurde, sei daher naheliegend, so Zabel.

Ein weiterer Vorteil für die Ticketverkäufer: Ihre Datenbank konnte im Gegensatz zu anderen Anbietern die Vergabe einer gleichzeitigen Erst- und Zweitimpfung sicherstellen. Zudem kam die Möglichkeit, Impftermine sowohl am Wohn- als auch am Arbeitsort buchen zu können sowie die Kombination von Telefon- und Onlinebuchung.

Für diese Pandemie gibt es keine Blaupausen, ebenso wenig für die größte Impfkampagne aller Zeiten.

Frank Zabel, Sprecher des Gesundheitsministeriums Schleswig-Holstein

„Das Eventim-Team hat rund um die Uhr und über die Weihnachtsfeiertage gearbeitet, um rechtzeitig kurz vor dem Jahreswechsel mit dem System am Start zu sein“, zeigt sich Brandmaier stolz. Am 4. Januar nahm das Callcenter die Arbeit auf, seitdem sind Terminbuchungen in den Impfzentren möglich.

Zabel zeigt sich mit den Ergebnissen zufrieden. Für diese Pandemie gebe es keine Blaupausen, ebenso wenig für die größte Impfkampagne aller Zeiten, betont der Sprecher. So seien innerhalb von einer Minute mehr als 4000 Termine reserviert worden. In der Spitze habe es bis zu 3225 Klicks pro Sekunde auf impfen-sh.de gegeben. Das habe das System technisch problemlos bewältigt.

Schwierigkeiten räumte Zabel bei der Hotline ein, die an den Buchungstagen nur schwer zu erreichen war. Dieses Problem hätten auch andere Bundesländer zu verzeichnen, keine Hotline könne gleichzeitig 25000 Anrufe annehmen, so der Sprecher und betont: „Wenn ein so begrenztes Gut einer so großen Nachfrage in kurzer Zeit gegenübersteht, kommt es zwangsläufig zu Enttäuschungen.“

Trotz der zeitweisen Überlastung sieht das Ministerium keine Mängel. Die Terminvergabe habe funktioniert und auch die Zielgruppe sei erreicht worden. So wurden nach Angaben des Ministeriums 87 Prozent aller Termine an über 80-Jährige vergeben, die übrigen an weitere ebenfalls berechtigte Personengruppen. Mit Stand gestern wurden in Schleswig-Holstein 167100 Impfstoffdosen verimpft. Das Land liegt sowohl bei Erst- als auch bei Zweitimpfungen im Vorderfeld. Den Vergleich zu anderen Bundesländern sieht Zabel allerdings gelassen. Das zentrale Problem sei überall dasselbe: „Es ist derzeit zu wenig Impfstoff verfügbar. Daran ändern auch Management-Systeme nichts.“

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