Leitartikel

„Bitte den zweiten nicht vor dem ersten Schritt machen“

Bitte den zweiten nicht vor dem ersten Schritt machen

Bitte den zweiten nicht vor dem ersten Schritt machen

Apenrade/Aabenraa
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Mit ihrem Ziel, die CO2-Emissionen bis 2030 um 70 Prozent zu reduzieren, hat sich die Regierung ein ambitioniertes Vorhaben gesetzt. Aber der am Montag vorgestellte Infrastrukturplan und die am Tag darauf präsentierte Elektrifizierungsstrategie lassen Zweifel aufkommen, ob die grünen Pläne tatsächlich realistisch angegangen werden, meint Nils Baum.

Erst Straße und Schiene – jetzt das Stromnetz: Die dänische Regierung will massiv investieren. Zumindest sagt sie das. 

Am Montag waren es 161 Milliarden Kronen für einen umfassenden Infrastrukturplan, der Projekte bis ins Jahr 2035 vorsieht. Am Dienstag dann eine neue Elektrifizierungsstrategie, die sich unter Verweis auf mehr Ladesäulen für Elektroautos als einer von vielen Punkten auch am Infrastrukturplan bedient.

Die einfache Botschaft von Klima-, Energie- und Versorgungsminister Dan Jørgensen lautet: Wir werden in Zukunft noch mehr Strom verbrauchen, und deshalb müsse Dänemark dringend weiter elektrifiziert werden.

Strom wird an allen Ecken und Enden gebraucht. Neben der Industrie als Großverbraucher denke man beispielsweise an Serverfarmen, die uns die sogenannten Cloud-Dienste im Internet zur Verfügung stellen, die große Mengen Strom verschlingen, oder die steigende Anzahl an Wärmepumpen in privaten Haushalten, die sich längerfristig bemerkbar machen wird. Vor allem aber haben Regierung und Industrie das Elektroauto als das Fortbewegungsmittel der Zukunft ausgerufen.

Schön, dass die Regierung in diesem Zusammenhang einige Vereinbarungen eingeht, mit denen die Strominfrastruktur für die Zukunft fit gemacht werden soll, um so Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Nehmen wir also das Beispiel der Ladesäulen für Elektroautos und werfen noch mal einen Blick in den am Montag verkündeten Infrastrukturplan.

Hier heißt es, dass im Zeitraum von 2022 bis 2030 insgesamt 500 Millionen Kronen zur Verfügung gestellt werden sollen, um den Bau eines Netzes an Ladesäulen entlang des öffentlichen Straßennetzes zu unterstützen. Auf diese Weise sollen bis zum Ende dieses Jahrzehnts insgesamt etwa 630 Ladesäulen aufgestellt werden.

Damit soll sichergestellt werden, dass dann eine Million Fahrer von Elektroautos auch zu Stoßzeiten mit weniger als zehn Minuten Wartezeit ihr Auto aufladen können.

Bei der Dänischen Allianz für Elektroautos sorgt das für Stirnrunzeln. Denn wenn weiterhin so viele Elektroautos wie zur Zeit verkauft werden, wird es im Jahr 2030 nicht 1, sondern 1,5 Millionen Elektroautos auf dänischen Straßen geben.

Wenn aber die grüne Umstellung des Individualverkehrs gelingen soll, dann sollte der Ausbau an Ladesäulen schneller vorangehen als der Verkauf von Elektroautos. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass der elektrisch angetriebene Autofahrer genauso einfach ans Ziel kommt wie der, der noch Benzin tankt.

Und für Letzteren kann es noch teuer werden. Denn in der Elektrifizierungsstrategie steht auch, dass eine Abgabe auf Treibhausgase ein entscheidendes Instrument sei, um das 70-prozentige CO2-Reduktionsziel einzuhalten. Und das bedeutet nichts anderes, als dass die Benzinpreise weiter steigen werden.

Wie allerdings passt das zusammen mit einem Punkt, der ebenfalls Teil der Elektrifizierungsstrategie ist, und zwar dem Versprechen einer grünen Umstellung unter Berücksichtigung der sozialen Balance?

Für die Politiker ist es sicher verlockend, schon jetzt noch mehr Steuergelder in die Staatskasse zu spülen. Aber man sollte den zweiten nicht vor dem ersten Schritt machen. Deshalb, liebe Klima-Politiker: Bitte zunächst das Netz an Ladesäulen ausbauen, Versorgungssicherheit herstellen und erst danach die CO2-Bepreisung in die Höhe schrauben.

Denn Auto gefahren wird auch dann noch, wenn die Benzinpreise weiter steigen, allerdings führt dies nur zu einer Schieflage in der Lastenverteilung, denn in ländlichen Regionen wie in Nordschleswig kann man das Auto nicht einfach stehen lassen und stattdessen mit der S-Bahn weiterfahren – da hilft auch der größte Infrastrukturplan nichts. Und noch kann man es ja auch nicht einfach so aufladen.

Oder man müsste das mit dem Elektroauto als dem Fortbewegungsmittel der Zukunft noch mal überdenken. Denn es gibt noch eine Alternative, an der fleißig entwickelt wird, von der man hierzulande nur nicht besonders viel hört. Sie hört auf den Namen Brennstoffzellen-Auto.

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