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„An Elektroautos zeigt sich der Wille zur Mobilitätswende“

An Elektroautos zeigt sich der Wille zur Mobilitätswende

An Elektroautos zeigt sich der Wille zur Mobilitätswende

Apenrade
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Ein Elektroauto lädt in einem Parkhaus
Noch immer werden mehr Verbrenner zugelassen als Elektroautos neu auf die deutschen Straßen kommen. In Dänemark ist ihr Anteil deutlich höher. Foto: Michael Fousert/Unsplash.com

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Die Mobilitätswende in Dänemark und Deutschland geht unterschiedlich schnell voran. Während hierzulande die Menschen eher die positiven Effekte eines Elektroautos sehen, dominiert im Nachbarland noch immer die Skepsis. Doch Reichweitenangst und zu geringe Förderungen werden sich bald in Luft auflösen, meint Journalist Gerrit Hencke.

Während in Dänemark immer wieder Rekorde bei der Zahl der neu zugelassenen Elektroautos vermeldet werden, hinkt Deutschland der Entwicklung etwas hinterher. Zuletzt machte Volkswagen Schlagzeilen, weil die Produktion der beiden Elektroautos ID.4 und ID.7 aufgrund geringerer Nachfrage als erwartet, gedrosselt wird. Warum die Deutschen skeptischer sind? Eine Analyse. 

30 Prozent der in Dänemark neu zugelassenen Fahrzeuge waren im ersten Halbjahr Elektroautos. Spitzenreiter waren neue Teslas mit einem Anteil von 11,5 Prozent. Das zeigen Zahlen des Branchenverbandes dänischer Fahrzeugimporteure (De Danske Bilimportører). Insgesamt wurden von Januar bis Ende Mai 66.030 Pkws neu zugelassen.

Allein im Mai 2023 waren 32 Prozent der 14.012 neuen Pkw auf dänischen Straßen rein elektrisch angetrieben. Mit 30 Prozent wurden somit sogar weniger Benziner neu zugelassen. Nur sechs Prozent der Bürgerinnen und Bürger entschieden sich für einen Diesel-Pkw. 

Während in Dänemark die E-Mobilität boomt, sind die Menschen in Deutschland skeptischer – auch wenn die Neuzulassungen dort ebenfalls steigen. Nach Zahlen des Automobilclubs ADAC betrug der Anteil an E-Autos an den 246.966 Neuzulassungen im Mai aber nur 17,3 Prozent. Zwar wurden knapp 47 Prozent mehr Elektroautos zugelassen, als im Vorjahresmonat, der Großteil entfällt im Mai aber weiterhin auf Diesel (17,6 Prozent) und Benziner (35,5).

Von den insgesamt 48,5 Millionen Pkws in Deutschland sind 2023 nur 2,1 Prozent E-Autos. In Dänemark waren Ende 2022 knapp 2,8 Millionen Personenkraftwagen registriert, davon 112.679 Elektroautos. Deren Anteil in Dänemark ist somit etwa doppelt so hoch wie in Deutschland. 

Deutsche Skepsis 

Doch woher kommt die „German Angst“ vor dem Stromer? Verschiedene Umfragen zeichnen hier immer ein ähnliches Bild. Genannt werden in unterschiedlicher Reihenfolge etwa

  • der hohe Preis,
  • die niedrigen Reichweiten, 
  • das lückenhafte Netz an Ladestationen,
  • sowie Zweifel an der Umweltbilanz. 

Nur 22 Prozent der Deutschen wünscht sich eine Verkehrswende hin zum Elektroauto, für 23 Prozent kommt ein Kauf überhaupt in Betracht. Die Vorurteile bauen sich offenbar nur langsam ab. Eine Umfrage in Dänemark zeigt hingegen, dass die Menschen eher die positiven Effekte sehen. 55 Prozent geben an, ein Elektroauto wegen seiner geringeren Klimabelastung zu wählen, dass es zu Hause aufgeladen werden kann (51 Prozent) und es günstiger ist als ein Benzin- oder Dieselfahrzeug (40 Prozent). Eine weitere Umfrage zeigt, dass 71 Prozent der Bürgerinnen und Bürger als nächstes Neufahrzeug ein E-Auto oder Hybrid anschaffen wollen. 

Hoher Preis?

Zum Preis: Ja, Elektroautos sind teuer. Aber nicht unbedingt teurer als herkömmliche Pkws. Ein VW ID.4 beispielsweise ist in Deutschland ab 40.000 Euro zu bekommen. Ein VW Touran mit Verbrennermotor kostet ebenfalls dort ebenfalls 38.000 Euro (283.000 Kronen) aufwärts. Das Problem ist die Förderung. 

Während in Dänemark der Kauf eines E-Autos derzeit noch massiv staatlich subventioniert ist, und die Bürgerinnen und Bürger bei der ansonsten teuren Zulassung viel Geld sparen, wurde die staatliche Förderung in Deutschland zum Jahreswechsel herabgesetzt. Aktuell gibt es bis zu 6.750 Euro (50.200 Kronen) Zuschuss für ein E-Auto – je nach Anschaffungspreis. Plug-in-Hybride werden seit Januar nicht mehr gefördert. 2024 fällt die maximale Förderung dann auf maximal 4.500 Euro (33.500 Kronen) ab. Auch in Dänemark sinkt die Förderung jährlich weiter ab. 

Zwar sind E-Autobesitzende in Deutschland noch bis Ende 2030 von der KfZ-Steuer befreit, angesichts kaum messbarer Fortschritte beim Erreichen der Klimaziele im deutschen Verkehrssektor liegt es nahe, die Elektromobilität stärker zu fördern. Aktuell stammen 60 Prozent der Emissionen in dem Bereich von Pkws. Das Bundesverkehrsministerium will daher den Anreiz zum Kauf von Elektroautos steigern. 

Reichweitenangst

Auch die anderen Kritikpunkte lassen sich entschärfen. Das Netz an Ladestationen wächst in beiden Ländern rasant. Stand Juni 2023 gab es in Deutschland mehr als 70.000 öffentliche Normalladepunkte sowie 14.000 Schnellladepunkte. Die Ampel-Koalition in Berlin hat sich selbst das Ziel gesetzt, bis 2030 eine Million öffentlicher Ladepunkte zur Verfügung zu stellen.

In Dänemark sind allein in den vergangenen zwölf Monaten 4.975 neue Ladepunkte hinzugekommen, was einer prozentualen Steigerung von 84 Prozent entspricht. Auch die Zahl der Schnellladestationen ist deutlich gestiegen. Im ersten Quartal 2022 gab es in Dänemark 506 öffentlich zugängliche Säulen, jetzt sind es 951. Dänemark will den Ausbau forcieren, auch weil die Ladeinfrastruktur noch immer als größtes Kaufhemmnis der Kundinnen und Kunden gesehen wird.

Was die Reichweite betrifft, da reicht ein Blick auf die durchschnittliche Kilometerzahl, die deutsche Autofahrerinnen und Autofahrer pro Tag zurücklegen. Es sind 39,6. Ähnlich sieht es in Dänemark aus. 9 von 10 Pendlerinnen und Pendler hierzulande können jeden Tag zur Arbeit und zurück fahren, ohne ihr Elektroauto aufzuladen. Ihr täglicher Arbeitsweg beträgt insgesamt weniger als 100 Kilometer, was moderne Elektroautos problemlos bewältigen können.

Für die wenigen Strecken im Jahr, die länger als die 400 Kilometer Reichweite der meisten Elektroautos liegt, bedarf es also ein wenig mehr Planung. Denn das Laden dauert etwas länger. Vor allem entlang der Autobahnen finden sich aber immer mehr Schnellladesäulen, an denen die Batterien in 15 bis 30 Minuten für 100 bis 200 Kilometer aufgeladen werden können.

Umweltbelastung

Mittlerweile gibt es auch neuere Studien zur Umweltbilanz von Stromern. Batteriebetriebe Fahrzeuge sind demnach auch inklusive Batterieherstellung und selbst bei der Nutzung des derzeitigen Strommixes für deutlich weniger CO₂-Emissionen verantwortlich als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Dabei hängt das Einsparpotenzial natürlich von verschiedenen Faktoren ab – etwa von der Größe und Herkunft der Batterie, dem verwendeten Ladestrom, dem Stromverbrauch des Autos und der jährlichen Fahrleistung.  

Der Mythos, Akkus für E-Autos würden das Klima mit 17 Tonnen CO₂ belasten, ist inzwischen widerlegt. Natürlich sei aber auch gesagt: Klar belastet ein neues Auto das Klima – egal, ob es mit Strom oder Benzin fährt. Wer das nicht möchte, der muss Radfahren oder zu Fuß gehen.

Keine Alternative

Am Umgang mit der Elektromobilität zeigt sich der Wille zur Mobilitätswende. Viele haben erkannt, dass der Verbrenner keine Zukunft mehr hat. Aktuelle Hemmnisse, die viele noch vom Kauf abhalten, werden in naher Zukunft egalisiert sein. Die Versorgung mit ausreichend Ladepunkten und größere Reichweiten der Fahrzeuge sind keine Frage von Jahrzehnten mehr. Gerade in Deutschland, wo der Wille zur Veränderung etwas langsamer wächst, bedarf es mehr Anreize.

Aber auch in Dänemark wird mit dem Rückgang der Subventionen der E-Auto-Boom zum Erliegen kommen. Da auch hier das Erreichen der Klimaziele im Blickpunkt steht, wird Dänemark in Zukunft vermutlich Fahrzeuge mit höherem CO₂-Ausstoß noch höher besteuern, als es bisher der Fall ist.

Der Verbrenner wird so in naher Zukunft keine Alternative mehr sein. Angesichts negativer Strompreise, wie es sie in den vergangenen Tagen bereits gab, bekommt man dann sogar noch Geld dafür, dass man sein Elektroauto lädt. Ist das nichts?

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