Jütland-Korridor

Fernzüge auf der Hamburg-Route im Sommer mit großen Verspätungen

Fernzüge auf der Hamburg-Route im Sommer mit großen Verspätungen

Fernzüge auf der Hamburg-Route mit großen Verspätungen

Kopenhagen/Hamburg
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Zum Ärger vieler Passagiere waren aus vielfältigen Gründen die Fernzüge nach Hamburg in den Sommermonaten massiv verspätet. Foto: René Strandbygaard/DSB

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Fast 60 Prozent aller Fernzüge, die im Sommer zwischen Kopenhagen, Aarhus und Pattburg (Padborg) verkehrten, sind deutlich zu spät in Hamburg angekommen. Manche Züge fielen sogar aus. Grund sind unter anderem Gleisbauarbeiten gewesen.

Sie ist eine der bedeutendsten Strecken für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr: die Jütland-Route. Von Kopenhagen und Aarhus fahren die Züge der dänischen Staatsbahnen (DSB) über den Grenzbahnhof Pattburg weiter nach Hamburg. Die Hansestadt ist der Dreh- und Angelpunkt für Bahnreisende, die mit dem Zug Ziele in Europa erreichen wollen. 

Umso überraschender sind neue Zahlen, wonach 57,7 Prozent der Züge auf der Route im Zeitraum vom 12. Juni bis zum 6. August 2023 verspätet waren. Das schreibt „Politiken“. Die Zeitung prüfte auf dem Portal „Zugfinder.net“, wie hoch die durchschnittlichen Verspätungen der grenzüberschreitenden Fernzüge waren, wenn sie den Zielort Hamburg erreichten und nicht komplett ausfielen. Der Durchschnitt lag bei 48 Minuten Verspätung. 

Gleisbauarbeiten sorgen für Verspätungen

„Die aufgetretenen Verspätungen sind in erster Linie auf die umfangreichen Gleisbauarbeiten zurückzuführen, die den Zugverkehr über den zentralen Teil Fünens und Seelands in Dänemark – insbesondere im Hochsommer – geprägt haben“, sagt DSB-Pressesprecher Tony Bispeskov auf Nachfrage des „Nordschleswigers“. Die Gleisbauarbeiten, für die Banedanmark verantwortlich ist, haben demnach zu Ausfällen und zahlreichen Verspätungen geführt. Es habe etwa Störungen an Signalsystemen und Weichen gegeben.

Zusätzlich seien auch Verspätungen aufgrund von Grenzkontrollen und technischen Problemen vorgekommen, aber vor allem die umfangreichen Gleisarbeiten haben am Ende den Zugverkehr zwischen den beiden Ländern verzögert.

Probleme bei Zusammenarbeit zwischen DSB und Banedanmark

Aus einer Reihe von Dokumenten des Beratungsunternehmens Valcon, zu denen das Nachrichtenportal „MobilityWatch“ Zugang erhalten hat, geht hervor, dass es in der Zusammenarbeit von DSB und Banedanmark erhebliche Probleme gibt. Darin liege ein Grund für die vielen Verspätungen, heißt es in einem entsprechenden Bericht. Laut der Beratungsfirma sind „schwierige und widersprüchliche Anforderungen“ einer der Faktoren, die zum mangelnden Zusammenhalt in der Zusammenarbeit bei den Gleisarbeiten beitragen. Ebenfalls fehle es an einem „Gesamtmanagement des Prozesses“.

Erst kürzlich wurde bekannt, dass die DSB in sieben der vergangenen acht Jahre die staatlichen Anforderungen an die Pünktlichkeit der Züge nicht erfüllt haben. Peter Svendsen, Verkehrsdirektor bei Banedanmark erklärte gegenüber „MobilityWatch“, er sehe gute Gründe, die Zusammenarbeit beider Unternehmen durch eine externe Person überprüfen zu lassen. 

Die gute Nachricht: „Die meisten größeren Gleisarbeiten sind inzwischen abgeschlossen, und die Pünktlichkeit hat sich deutlich verbessert“, so DSB-Sprecher Bispeskov.

Boom auf der Hamburg-Route 

Gerade die Route nach Hamburg ist extrem gefragt. Ein Boom bei den Auslandsreisen mit dem Zug und mehr als 25.000 verkaufte Interrail-Tickets im vergangenen Jahr sprechen für sich. „In den vergangenen Jahren haben die DSB ein wachsendes Interesse an Zugreisen zwischen Dänemark und Deutschland sowie in andere europäische Länder festgestellt. Der Verkauf unseres Interrail-Passes ist um 40 Prozent höher als im vergangenen Jahr. Insgesamt erwarten wir einen Zuwachs von etwa 20 Prozent bei den Zugreisen ins Ausland im Vergleich zum Vorjahr“, so Bispeskov. 

So stelle man bei DSB eine Nachfrage nach klimafreundlichen Reiseformen vor allem bei jungen Leuten fest, bei denen der Zug aufgrund der geringeren CO2-Bilanz oft im Vordergrund steht. Die Verspätungen und Zugausfälle in diesem Sommer seien daher „superärgerlich“, so Bispeskov.

Höhere Kapazität durch IC1-Wagen

Weil Bahnfahren wieder populärer geworden ist, haben die DSB IC1-Wagen von der Deutschen Bahn geleast. Bispeskov nennt auf Nachfrage 50 Prozent mehr Sitzplätze gegenüber den bestehenden IC3-Zügen der DSB als Hauptargument für den Wechsel. 

Auch die Deutsche Bahn (DB) betont auf Nachfrage des „Nordschleswigers“ die Wichtigkeit des Verkehrs nach Dänemark. Der Ausbau der Kapazität um rund 30 Prozent sei auf den nachfragestarken Strecken in die dänische Hauptstadt nur durch einen Wechsel im Fahrzeugeinsatz möglich, so ein Bahn-Sprecher.  

„Da die DB im Jahr 2023 im Schnitt jeden Monat drei neue ICE bekommt, können IC-Züge nach erfolgter Zulassung für Dänemark jetzt mit einer Vectron-Mehrsystemlokomotive der DSB, anstelle der bisherigen dänischen Dieseltriebzüge, von und nach Kopenhagen eingesetzt werden.“

Zulassung verzögerte sich

Die Zulassung verzögerte sich länger, weshalb die Wagen erst ab dem 17. Juni in Betrieb genommen werden konnten. „Es hat einige Zeit gedauert, bis die Zulassung des IC1 erteilt wurde, aber schließlich gelang es der Europäischen Eisenbahnagentur ERA, die endgültige und notwendige Genehmigung für den Betrieb der IC1-Wagen in Dänemark zu erhalten. Da die Züge der DB gehören, werden sie in Deutschland gewartet“, sagt Bispeskov.

Bei der Deutschen Bahn ist man ebenfalls nicht glücklich über die Verspätungen. „Wahr ist, dass die enttäuschende Pünktlichkeit im Fernverkehr weder dem Anspruch unserer Fahrgäste noch unserem eigenen Anspruch an Zuverlässigkeit und Qualität gerecht wird“, so der Bahn-Sprecher. Die Hauptgründe dafür würden aber derzeit in Dänemarks Infrastruktur liegen.

Gestrandet am Grenzbahnhof

Mehrere Reisende schilderten „Politiken“ die teils massiven Verspätungen und Zugausfälle. Einige nahmen sich ein Taxi, um schlussendlich von Pattburg nach Hamburg zu kommen. Andere berichten, dass an der Grenze das Zugpersonal nicht erschien, weshalb Züge nicht weiterfahren konnten. Verpasste Anschlusszüge und verlorene Sitzplatzreservierungen waren die Folge.

Von der Deutschen Bahn heißt es dazu: „Wir planen für alle Zugleistungen ausreichend Personal ein, welches dann auch zuverlässig am Einsatzort erscheint.“ Es sei jüngst nur ein Fall bekannt, in dem ein Zug aus Dänemark am 3. August mit so großer Verspätung ankam, dass es zu einer Überschreitung der maximalen Schichtlänge der Zugbegleiterinnen und -begleiter der DB kam. Deshalb konnte der Zug auf deutscher Seite nicht übernommen werden. „In diesem Fall bestellten die Verkehrsleitungen der DB Fernverkehr und DSB unverzüglich in Kooperation Busse von Pattburg nach Hamburg“, so der Sprecher.

Bauarbeiten für dieses Jahr abgeschlossen

Gute Nachrichten kommen von DSB: „Die großen Gleisbauarbeiten in Dänemark sind für dieses Jahr abgeschlossen, und die DSB haben eine zusätzliche Zuggarnitur erhalten, die bei Verspätungen von Deutschland nach Kopenhagen rechtzeitig eingesetzt werden kann. Es ist daher zu erwarten, dass die Pünktlichkeit auf der Strecke zwischen Aarhus und Hamburg sowie zwischen Kopenhagen Hauptbahnhof und Hamburg in diesem Zeitraum deutlich höher sein wird“, so Bispeskov.

Bei der Deutschen Bahn gibt es ebenfalls Grund zu Hoffnung: „Derzeit kommt es zu keinen durch Bauarbeiten bedingten Verzögerungen im Fernverkehr in Schleswig-Holstein und Hamburg. Über mittelfristige Baustellen und deren Auswirkungen werden wir wie gewohnt informieren“, heißt es. 

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