Lokalpolitik

Stadtrat diskutierte: 50-Millionen-Projekt, Jollenhafen und Solarpark

Stadtrat diskutierte: 50-Millionen-Projekt, Jollenhafen und Solarpark

Debatten: 50-Millionen-Projekt, Jollenhafen und Solarpark

Apenrade/Aabenraa
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Der Apenrader Stadtrat 2022 Foto: Aabenraa Kommune

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Unter anderem die Pumpstation mitten im Zentrum Apenrades, die die Stadt vor Überschwemmungen schützen soll, war ein heiß diskutiertes Eisen im Stadtratsfeuer. Ein Fall, der gar nicht auf der Tagesordnung stand, wurde trotzdem häufig genannt und zeigte die Brisanz des Themas.

Schon der Blick auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung am Mittwoch zeigte, dass es emotionale und hitzige Debatten geben würde. Und wer das dachte, behielt recht.

Jollenhafen: Parkplatz und Hafenanlage sind zwei separate Themen

Der Jollenhafen von Loddenhoi, der den Stadtrat schon seit 2014 beschäftigt, war eines der heißen Eisen, die die Stadtratsmitglieder schmieden mussten. Es ging um die Entscheidung, ob für den Parkplatz, der am Jollenhafen angelegt wurde, eine Ausnahmegenehmigung beim Küstendirektorat beantragt wird. Der Antrag soll gleichzeitig mit einem Antwortschreiben der Kommune an das Küstendirektorat herausgehen, so der Wunsch von Venstre, Dänischer Volkspartei und Schleswigscher Partei. Das Küstendirektorat soll wiederum entscheiden, ob der Jollenhafen selbst genehmigt wird – oder nicht.

Mit einer knappen Mehrheit von einer Stimme (16:15) setzten sich jedoch die Konservative Volkspartei, Sozialdemokraten, Neue Bürgerliche und Sozialistische Volkspartei durch. Begründet wird die Entscheidung mit dem Hinweis, dass der Parkplatz nichts mit dem Hafen zu tun habe. Es seien zwei eigenständige Fälle, die jeder für sich behandelt werden müsste.

Für die Jollenhafen-Gilde gibt es damit weiterhin Unsicherheit. Wird der Parkplatz genehmigt? Wird der Jollenhafen genehmigt? Diese Fragen stehen weiterhin ungeklärt im Raum.

Loddenhoi – Chronik eines Bürgerzwistes

2012
Februar: Auf Betreiben von drei Sommerhausbesitzern in Loddenhoi wird die Idee eines Jollenhafens geboren. Die Jollengilde Loddenhoi wird am 29. Februar gegründet.

September: Die Küstenverwaltung erteilt der Gilde die Genehmigung, den Hafen zu bauen.
Der Verein beginnt mit der Beschaffung von Geldmitteln.

2015
August: Das Projekt Jollenhafen wird auf einer Bürgerversammlung vorgestellt und diskutiert. Ein Flächennutzungsplan (lokalplan) wird erstellt.

September: Die Kommune Apenrade reserviert in ihrem Haushaltsplan eine Million Kronen für bestimmte Maßnahmen u. a. einen erweiterten Sandstrand in Verbindung mit dem Hafenbau.

2016
Januar: Am Jollenhafen scheiden sich die Geister in Loddenhoi und auf der Halbinsel Loit. Die Hafengegner verweisen auf die Folgeschäden, die durch den Bau entstehen können, während die Befürworter eine bedeutende Touristenattraktion sehen.

Februar: Die kommunale Verwaltung schlägt Änderungen im Flächennutzungsplan vor. Der Finanzausschuss beschließt, den Flächennutzungsplan ruhen zu lassen, bis die Bevölkerung sich auf ein Projekt geeinigt hat.

März: Eine neu gegründete Bürgerinitiative schlägt ein vereinfachtes Projekt vor, das aus einer Rampe und einem Bootsanleger besteht.

Juni: Mit knapper Mehrheit verabschiedet der Stadtrat den Flächennutzungsplan 85; der Bau des Jollenhafens kann beginnen.

September: Die Hafengegner formieren sich im Verein Loddenhøj Bevar NaturStranden

Oktober: Der Technische Ausschuss gibt die eine Million Kronen an kommunalen Zuschussgeldern frei. Der Bürgermeister setzt die Freigabe später aus.

Dezember: Der Stadtrat bewilligt im Zuge eines begünstigenden Verwaltungsaktes dem Hafenprojekt einen zweckgebundenen Zuschuss in Höhe von einer Million Kronen.

2017

Mai: Eine Appellinstanz der Natur- und Umweltbehörde stellt fest, dass die Kommune in der Anhörung zum Flächennutzungsplan LP85 einen Formfehler begangen hat, und daher ist der Plan ungültig. Gildevorsitzender Carsten Lau Kjærgård erkennt, dass die Rechtsgrundlage für den Hafenbau verschwunden ist.

September: Die Kommune fordert die Bürger auf, Vorschläge für einen Flächennutzungsplan einzusenden. Vier verschiedene Modelle legen die kommunalen Planer selbst vor: 1. das Projekt der Jollengilde, 2. beim Barsøanleger, 3. eine Position in Höhe des Schullandheimes oder 4. eine Nulllösung.

Oktober: 111 Kommentare wurden eingegeben. Die Mitglieder des Entwicklungsausschusses erzielen keine Einigung, ob das Planverfahren eingeleitet werden soll, und daher landet der Fall im Stadtrat.

2018

März: Der Stadtrat ändert die Zweckbindung des kommunalen Zuschusses, ohne die Jollengilde davon zu informieren.

August: Bürgermeister Thomas Andresen (Venstre), Vizebürgermeister Ejler Schütt (Dänische Volkspartei) und Philip Tietje (Venstre) treffen sich mit dem Vorstand der Gilde, um sich über das Projekt informieren zu lassen. Der Bürgermeister schreibt kein Protokoll. Tietje erklärt Jahre später, dass „einige Politiker der Jollengilde mehr versprachen als vertretbar war“.

2019
März: Eine politische Mehrheit schickt den LP85 erneut in die öffentliche Anhörung.

Juni: Die Küstenverwaltung verlängert die Baugenehmigung bis April 2022, sonst wäre sie im September 2019 verfallen.

November: Die Partei Einheitsliste in Apenrade würdigt den Einsatz der Hafengegner mit dem Demokratiepreis 2019.

2020
April: Alle erforderlichen Genehmigungen für den Hafenbau liegen vor. Der kommunale Zuschuss wird ausgezahlt.

Juni: Die Bauarbeiten beginnen. Die Hafengegner zeigen laufend bei der Küstenverwaltung und der Kommune Verstöße seitens der Hafenbauer gegen die vorliegenden Genehmigungen an.

Oktober: Die Hafenanlage ist fertiggestellt.

2021

Februar: Die Schiedsstelle der Umweltbehörde hebt die 2019 von der Küstenbehörde erteilte Verlängerung auf und fordert eine wiederholte Sachbearbeitung. Die Hafengegner verlangen den sofortigen Abriss des Hafens.

Mai: Die Planungsschiedsstelle (Planankenævnet) hebt sowohl den Bebauungsplan LP 85 als auch den Flächennutzungsplan 122 mit dem Hinweis auf, dass auf einer freien Küstenstrecke wie Loddenhoi kein Hafen gebaut werden darf. Die Kosten für externen Fachbeistand für die Erstellung der beiden Bebauungspläne belaufen sich auf rund 210.000 Kronen.

August: Die Jollengilde reichte nach mehrfachen Anmahnungen im August eine Abrechnung über die Verwendung des vom Stadtrat 2016 bewilligten Zuschusses in Höhe von einer Million Kronen ein.

September bis November: Im Kommunalwahlkampf verpflichten die Sozialdemokraten sich für die Entfernung des Hafens, falls sie eine Stadtratsmehrheit finden können.

2022

Januar: Die Küstenbehörde schickt den erneuten Bauantrag der Jollengilde bis zum 10. Februar in die öffentliche Anhörung.

Februar: Nach Fristablauf liegen zehn Eingaben vor. Sowohl die Kommune Apenrade als auch die Umweltbehörde bitten um Fristverlängerung, der stattgegeben wird. Aufgrund des umfassenden Materials geht die Behörde von einer mehrmonatigen Sachbearbeitung aus.

Dezember: Der Jollenhafen wird vom Küstendirektorat als legal eingestuft.

Was wurde aus dem Zuschuss?

Der Betrag wurde vollends laut „Zweckbindung“ ausgegeben. Damals durfte das Geld u. a. für einen Parkplatz sowie eine Mole verwendet werden. Nach der Änderung von 2018 war nur noch der Parkplatz umfasst, und daher witterten einige Politiker, dass die Gilde rund 800.000 Kronen zurückzahlen muss.

Warum daraus nichts wurde, erläutert Bürgermeister Jan Riber Jakobsen gegenüber dem „Nordschleswiger“: „Der Zuschuss wurde dreimal von einem Haushaltsjahr ins darauffolgende übertragen, weil er nicht genutzt wurde.“

Dabei wurde übersehen, dass der Verwendungszweck falsch formuliert wurde. Erst nachdem der Zuschuss ausgezahlt worden war, entdeckte die Verwaltung den Fehler und schickte 14 Tage später ein berichtigtes Begleitschreiben.

Zu dem Zeitpunkt hatte die Jollengilde den Zuschuss bereits verbaut, und ein juristisches Gutachten sieht die Verantwortung bei der Kommune. Das hat der Stadtrat zur Kenntnis genommen und das Geld abgeschrieben.

2023

Januar: Der Verein „Loddenhøj – Bevar naturstranden“ klagt gegen die Entscheidung des Küstendirektorats. Die Umwelt- und Lebensmittelbehörde (miljø- og fødevarestyrelsen) muss jetzt Stellung zum Fall nehmen.

August: Die Umwelt- und Lebensmittelbehörde weist die Klage zurück. Der Fall scheint abgeschlossen.

Dezember: „Loddenhøj – Bevar naturstranden“ bekommt von der Zivilbehörde (civilstyrelsen) das Recht, einen freien Prozess zu führen.

https://www.nordschleswiger.dk/de/apenrade-tingleff/akte-jollenhafenzus…

Solarpark geht zurück in den Ausschuss

Auch der Solarpark bei Schweilund (Svejlund) war erneut auf der Tagesordnung zu finden. Das umstrittene Projekt, das von den Anwohnerinnen und Anwohnern im Ort heftig kritisiert wird, gab jedoch wider Erwarten wenig Fläche für Diskussionen. Es wurde schnell deutlich, dass die Pläne für den Solarpark wieder an den Ausschuss für Planung, Technik und ländliche Räume gesendet wird, um dort erneut diskutiert zu werden.

Der Ausschuss wird sich jetzt damit beschäftigen müssen, ob der Solarpark – möglicherweise mit einer reduzierten Fläche – gebaut wird.

Neue Bürgerliche: Überschwemmungsschutz nicht notwendig

Große Uneinigkeit zeigte der Stadtrat beim Thema Schöpf- und Sperrwerk, die an der Kreuzung Kystevej, Møllemærsk und Skibbroen entstehen und vor Überschwemmungen aufgrund der Klimaänderungen schützen soll. 53,4 Millionen Kronen sind dafür schon abgesetzt. Jetzt ging es darum, weitere 500.000 Kronen zu bewilligen.

Besonders die Neuen Bürgerlichen sind gegen das Projekt. Nur weil man meine, dass es in Zukunft Überschwemmungen geben könnte, sollten nicht über 50 Millionen Kronen ausgegeben werden, so die Meinung von Jan Køpke Christensen. Die Partei stand mit dieser Aussage jedoch allein da.

Nicht-Thema wurde zum Thema

Ein Thema, das gar nicht auf der Tagesordnung stand, jedoch immer wieder wie eine erlöschende Flamme aufflackerte, war die „Fjordskole“. Die Spezialschule ist, das zeigten jüngste Untersuchungen, von Schimmelpilz befallen, was für schlechtes Raumklima sorgt. Um die Schule zu sanieren, müssen mehr als 50 Millionen Kronen aufgebracht werden. Venstres Thomas Andresen machte den Vorschlag, 17 Millionen Kronen als Anschub für die Sanierung zu verwenden. Das Geld kommt aus dem Anlagebudget der Kommune und ist im vergangenen Jahr nicht verwendet worden. Es sollte in das neue Jahr überführt werden. Das nutzte Sozialdemokrat und Vizebürgermeister Erik Uldall Hansen zum Widerspruch. 17 Millionen reichten bei Weitem nicht aus, die Schule wieder für Menschen nutzbar zu machen, sagte er.

An dieser Stelle griff der konservative Bürgermeister Jan Riber Jakobsen ein und beendete den politischen Zwist mit dem Hinweis, dass die Fjordskole nicht Thema der Tagesordnung sei und man sich doch an die Spielregeln halten solle.

Die Fjordskole wird wohl bei einer der kommenden Stadtratssitzungen auf die Agenda kommen und die Politiker erneut beschäftigen.

 

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