Diese Woche in Kopenhagen

„Lieber erst einmal meckern“

Lieber erst einmal meckern

Lieber erst einmal meckern

Kopenhagen
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Die Regierung hat in dieser Woche in Kopenhagen ihren Vorschlag für eine Reform der Jugendausbildungen vorgestellt. Es waren noch nicht einmal alle Details bekannt, da gab es schon die ersten Proteste. Vielleicht sollte man nicht immer reflexartig alles Neue ablehnen, überlegt Walter Turnowsky.

Wer meint, ich würde den Politikerinnen und Politikern im Allgemeinen und der SVM-Regierung im Besonderen unkritisch gegenüberstehen, der hat diese Kolumne wohl bislang nicht beziehungsweise nur oberflächlich gelesen.

Dennoch gibt es Momente, an denen ich die Damen und Herren aus der Politik nur allzu gut verstehe, wenn sie meinen, ihre Vorschläge und Gedanken würden von den Bürgerinnen und Bürgern häufig doch sehr negativ und wenig konstruktiv aufgenommen. Einen solchen Moment erlebte ich, als die Regierung in dieser Woche ihre Vorschläge zu einer Reform der Ausbildungswege nach der Volksschule vorgestellt hat.

Bereits im Vorfeld war durchgesickert, dass die 10. Klassen an den Volksschulen abgeschafft werden sollen. Kaum gesickert, waren auch schon die landesweiten Protestaktionen geplant, denen sich auch die 10. Klasse in Apenrade (Aabenraa) am Donnerstag angeschlossen hat.

Und als Unterrichtsminister Mattias Tesfaye (Soz.) flankiert von seinen beiden Ministerkolleginnen Christina Egelund (Moderate) und Stephanie Lose (Venstre) die Reformpläne vorgestellt hatte, lautet die Überschrift bei der Nachrichtenagentur „Ritzau“: „Regierung möchte Zugangsanforderungen für das Gymnasium anheben und Hf abschaffen“.

Das ist alles vollkommen korrekt, und ich habe zugegebenermaßen auch keine große Ahnung von Pädagogik. Ich kann also nicht einschätzen, wie viel rein inhaltlich an der Kritik dran ist.

Was mir jedoch dennoch auffällt, ist, dass das zentrale Ziel der Reform bei diesen Einwänden nicht vorkommt. Die Regierung strebt an, dass (fast) alle Jugendlichen die Möglichkeit erhalten sollen, eine Studentenmütze aufzusetzen. Das gilt auch für jene, die lieber einen Lötkolben bedienen, als dicke Bücher zu lesen (vor denen ich den tiefsten Respekt habe, denn meine handwerkliche Begabung liegt bei -0).

So wie das System heute ist, müssen sie sich bereits nach der 9. Klasse für eine Fachausbildung entscheiden, es sei denn, sie hängen noch die 10. Klasse dran oder besuchen doch das allgemeine Gymnasium. Da erscheint es mir doch kein schlechter Gedanke, eine zweijährige gymnasiale Ausbildung maßgeschneidert für praktisch begabte Menschen dranzuhängen.

Ob das dann auch alles richtig geplant und durchdacht ist, vermag ich – wie bereits erwähnt – nicht einzuschätzen. Aber vielleicht wäre es ja sowohl erfrischender wie auch gehaltvoller, zu diskutieren, ob das geplante Epx-Gymnasium eventuell doch das bessere Angebot als die 10. Klasse und das Hf ist – statt an deren Abschaffung herumzunörgeln. 

Es könnte ja sein – das ist nur so ein Gedanke von mir – dass das geplante Neue tatsächlich besser ist als das Alte, das abgeschafft werden soll – das Epx tatsächlich die 10.Klasse ersetzen kann. Bequemer ist natürlich, das verstehe ich schon, am Bestehenden festzuhalten. 

Man muss sich dann jedoch die Frage gefallen lassen, ob das nun wirklich in allen Bereich so ganz fantastisch toll funktioniert – oder ob es doch noch Platz nach oben gibt. Und auch die Frage, ob man, nur weil man einen guten Zugang zu den Medien hat, man deshalb auch recht hat. 

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