Kultur und Natur

Deshalb kann das Backwochenende wie geplant stattfinden

Deshalb kann das Backwochenende wie geplant stattfinden

Deshalb kann das Backwochenende wie geplant stattfinden

Apenrade/Aabenraa
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Bei den Backwochenenden im Michelsen-Hof werden Brote und Kuchen nach überlieferten Rezepten zubereitet (Archivfoto). Foto: Karin Riggelsen

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Die Linde vor dem Michelsen-Hof am Toften ist rund 300 Jahre alt. Der hohle Baum hätte eigentlich gefällt werden sollen, doch nach vehementen Bürgerprotesten wurde eine zweite Meinung eingeholt, die schließlich zu einer salomonischen Lösung führte: Nur die Baumkrone wurde deutlich eingekürzt.

Die Linde am Michelsen-Hof am Toften stellt keine Gefahr mehr für das unter Denkmalschutz stehende Apenrader Heimatmuseum dar – zumindest vorerst. Das traditionelle Backwochenende kann also wie geplant am 10. und 11. Juni stattfinden.

Die Krone des ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Baumes wurde in dieser Woche fachmännisch eingekürzt. Zu dieser salomonischen Lösung hatten sich die verantwortlichen Behörden – die Kommune Apenrade sowie die für Denkmalschutz zuständige Schloss- und Kulturbehörde – auf einer gemeinsamen Sitzung am 6. Juni durchgerungen.

Die Kolstruplinde, wie der historische Baum genannt wird, reicht jetzt nur noch bis zum Dachfirst.
 

Die Linde reicht nur noch bis zum Dachfirst. Foto: Katrine Lassen Jørgensen, jv.dk

Proteste gehört

Eigentlich hätte der rund 300 Jahre alte, hohle und asymmetrisch gewachsene Baum komplett gefällt werden sollen, wie es ein erstes Gutachten empfohlen hatte. Nach vehementen Protesten von Bürgerinnen und Bürger wurde jedoch ein zweites Gutachten eingeholt.

Dieser herangezogene Experte war indes überzeugt, dass durch ein Einkürzen des Baumes eine Balance zwischen dem Gewicht der Krone und der Stärke des Stammes geschaffen werden könne, weshalb die akute Einsturzgefahr gebannt würde. Durch die Reduzierung der Krone könne der Baum im gesetzten Fall zudem nicht auf das Gebäude fallen.

Die Linde – vor dem Einkürzen – überragte das Gebäude um mehrere Meter. Foto: Jacob Schultz/jv.dk

Rinde trägt die Krone

Durch diese Lösung haben sich die Behörden vermutlich nur etwas mehr Zeit verschafft, denn wie beide Gutachter festgestellt haben, ist die Linde hohl; die Krone wird eigentlich nur von der Rinde gehalten.

So hat denn auch der zweite Gutachter ganz klar empfohlen, dass der Zustand der Linde künftig häufiger kontrolliert wird. Sollte es notwendig werden, könne der Baum dann noch immer gefällt werden, lautete die Konklusion von Wald- und Landschaftsfachtechniker Brian Terp gegenüber „jv.dk“, der am Donnerstag das Einkürzen der Krone vornahm.

Bent Thomsen, Chefkonsulent der zuständigen Kultur- und Freizeitverwaltung des Rathauses, hat „jv.dk“ gegenüber dann auch festgestellt, dass die Kommune Apenrade in diesem Fall ihre Rolle als Aufsichtsbehörde offenbar nicht gut genug wahrgenommen hat, dass man dies jedoch künftig tun werde und nun auch die volle Verantwortung für die Baumarbeiten übernehme.

Die Kolstruplinde

Die Linde am Michelsen-Hof am Toften in Apenrade ist mehr als „nur“ ein Hausbaum, der für Güte und Gastfreundschaft seiner Hausbewohnerinnen und -bewohner steht. Einem Aberglauben zufolge schützt dieser Baum den Hof explizit vor Feuer und wird deshalb auch als „Brandbaum“ (dän. brandtræ) bezeichnet. Wird er gefällt, beschwört dies nicht nur Feuer, sondern Tod und Verderben herauf.

Bei einer Bauminspektion im Frühjahr wurde festgestellt, dass der Lindenstamm komplett hohl ist. Foto: Katrine Lassen Jørgensen, jv.dk

Der Michelsen-Hof (Jacob Michelsens Gård)

Die Geschichte des Hofes lässt sich bis auf eine Seite im Grundbuch von 1535 zurückverfolgen, auf der vier Höfe im Dorf Kolstrup genannt sind, die auch auf Johannes Mejers Landkarte von 1641 erscheinen.

1847 kam der Hof in den Besitz der Familie Michelsen. Heute sind das Wohnhaus, der Brennholzschuppen, das Backhaus mit gemauertem Ofen und der unter Denkmalschutz stehende Garten bei besonderen Gelegenheiten für Gäste geöffnet.

Bereits im Jahre 1958 hatte eine Tochter der Familie Küche und Wohnzimmer für die Allgemeinheit zugänglich gemacht – der Startschuss für ein kleines Heimatmuseum. Ausstellungsstücke sind Arbeitsgeräte aus Küche und Stall, für die Feldarbeit und die Arbeit im Wald, untergebracht in einem alten Gebäudeteil.

Darüber hinaus besteht die Sammlung aus alten Bauernmöbeln und einer Vielzahl von Kleidungsstücken und Handarbeiten.

Heute ist der Hof an den traditionellen Backwochenenden für Gäste geöffnet. Im Backhaus von 1876 werden Brot und andere Köstlichkeiten zubereitet. Gleichzeitig werden auch wechselnde Ausstellungen über das Leben auf dem Hof in den vergangenen 200 Jahren gezeigt. Quelle: jacobmichelsensgaard.dk

Backwochenenden haben Tradition

Die Kommune Apenrade ist seit 1986 die offizielle Besitzerin des einstigen Hofes und damit auch des dazugehörigen Baumes. Betrieben wird das Heimatmuseum von einer Gruppe von Ehrenamtlichen. Und die hatten darauf gedrungen, dass möglichst noch vor diesem Wochenende die Baumarbeiten durchgeführt würden, da am 10. und 11. Juni das nächste Backwochenende im Museumshof angesetzt ist.

Die Backwochenenden am Toften gehören zu den Höhepunkten im Veranstaltungsjahr des Heimatmuseums. An diesen Tagen wird das alte Backhaus angefeuert. Dort werden Brote und Kuchen nach überlieferten Rezepten gebacken, die die stets zahlreich erscheinenden Gäste dann in gemütlicher Runde bei leckerem Kaffee verspeisen. Darüber hinaus bietet ein kleines Aktivitätsprogramm Abwechslung für Groß und Klein.

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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
„Orbáns Schatten reicht bis zu uns ins Grenzland“