Ehrenamtlicher Einsatz

Mit der Rikscha zu Ausflügen verhelfen: Zwei Zugezogene machen mit

Mit der Rikscha zu Ausflügen verhelfen: Zwei Zugezogene machen mit

Mit der Rikscha zu Ausflügen: Zwei Zugezogene helfen

Tingleff/Tinglev
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Koordinator John Thomsen mit den Rikscha-Freiwilligen Rainer und Agnes Schneider (v. l.) Foto: Karin Riggelsen

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Über den Bürgerverein „Tinglev Forum“ sollen nicht so mobilen Bürgerinnen und Bürgern Fahrten ins Grüne mit einem speziellen Fahrrad ermöglicht werden. Dafür werden freiwillige Rikscha-Piloten gesucht. Agnes und Rainer Schneider haben sich umgehend gemeldet.

„Ich habe es auf Facebook bei ‚Tinglev Info’ gesehen und fand die Idee einfach gut. Wir haben uns dann spontan dafür gemeldet. Ich mag es, spontan zu sein. Bei dem Projekt werden Menschen zusammengebracht. Außerdem ist man in Bewegung“, so Agnes Schneider aus Tingleff.

Sie und ihr Ehemann Rainer stellen sich als freiwillige Helfer bzw. Fahrer für das Rikscha-Projekt zur Verfügung.

 

Rainer und Agnes Schneider haben das spezielle Ausflugsfahrrad bei einer Testfahrt bereits auf Herz und Nieren geprüft. Foto: Karin Riggelsen

Das Dreirad mit einem Sitz in Fahrtrichtung hat die Kommune Apenrade (Aabenraa) dem Bürgerverein „Tingev Forum“ angeboten, mit der Möglichkeit, älteren oder anderen in der Bewegung eingeschränkten Menschen Ausflüge ins Grüne zu ermöglichen.

Treibende Kräfte schnell gefunden

Der Bürgerverein nahm das Angebot an und fand mit Per Nielsen und John Thomsen zwei ehrenamtliche Projektleiter.

Während der passionierte Fahrradtüftler Per Nielsen sich um die Wartung und Reparatur des speziellen Fahrzeugs kümmert, hat sich John Thomsen in erster Linie für die Koordinierung des Fahrdienstes zur Verfügung gestellt.

Vom Projekt angetan ist auch Rainer Schneider. Er hat sich in das spezielle Dreirad und dessen Handhabung einführen lassen und hat mit der Ehefrau als Testpassagierin auch schon eine längere Probefahrt unternommen.

Bis ganz nach Harrislee und zurück sind die beiden unterwegs gewesen.

Sind vom Rikscha-Projekt angetan: Rainer und Agnes Schneider Foto: Karin Riggelsen

„Es fährt sich ganz leicht. Man gewöhnt sich schnell daran“, erwähnt Rainer Schneider, der mit seiner Frau 2019 von Süddeutschland aus dem Raum Stuttgart nach Tingleff gezogen ist.

Auch er kann dem Vorhaben vieles abgewinnen. „Ich fand gleich, dass sich das gut anhört. Ich fahre gerne Rad und das Projekt ist eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen“, so der 52-Jährige.

Man leiste zudem einen guten Dienst an älteren Menschen, die solche Ausflüge allein nicht machen können, ergänzt Rainer Schneider am Kellereingang des alten Pflegeheims „Grønningen“, wo das Ausflugsfahrzeug untergestellt ist.

Testphase

Bei der Probefahrt ins 23 Kilometer entfernte Harrislee und zurück sei alles reibungslos gelaufen, so der gelernte Elektrotechniker und IT-Fachmann.

Selbst bei Wind fahre sich die Rikscha gut. „Es war allerdings sinnvoll, dass wir einen zweiten Akku dabeihatten, denn der erste war unterwegs leer“, so Schneider mit einem Schmunzeln.

John Thomsen kennt das spezielle Dreirad schon ganz genau und hat freiwillige Piloten wie Rainer Schneider in die Technik und das Fahren eingeführt. Agnes Schneider schwebt ebenfalls vor, sich als Fahrerin zur Verfügung zu stellen. Foto: Karin Riggelsen

Diese Info hat sich John Thomsen sogleich notiert, denn noch ist man beim Projekt in der Findungs- und Testphase.

„Wir sind noch dabei, Erfahrungswerte zu sammeln, damit die Touren möglichst reibungslos stattfinden können“, erwähnt der Tingleffer.

Er hat auch selbst Hand angelegt, um technische Verbesserungen vorzunehmen. Die Sitzfläche ist mit Gurten versehen und der Fahrgastbereich mit einem wegklappbaren Tisch ergänzt worden, der zugleich als Zusatzsicherung für die Passagiere dient.

„Uns schwebt auch vor, noch einen Griff als Einstiegshilfe anzubringen und das eine und andere zusätzlich zu machen“, ergänzt der Rikscha-Experte.

Noch ein wichtiges Detail zu klären

Technisch scheint dem Fahrservice mit freiwilligen Piloten nichts mehr im Wege zu stehen. Abgesehen davon, dass die nahende kalte Jahreszeit nicht gerade zu Ausflugsfahrten einladen, gibt es aber noch eine entscheidende Hürde.

„Wir müssen die Versicherungs- und Haftungsfrage klären. Man kann von den freiwilligen Fahrerinnen und Fahrern nicht verlangen, dass sie sich zusätzlich selbst absichern“, erwähnt Koordinator Thomsen.

Wir müssen die Versicherungs- und Haftungsfrage klären. Man kann von den freiwilligen Fahrerinnen und Fahrern nicht verlangen, dass sie sich zusätzlich selbst absichern.

John Thomsen

Mit einer normalen Haftpflicht- und Unfallversicherung sei es nicht getan. Man stehe in Kontakt mit Andreas Brandenhoff vom Ortskomitee der Seniorenorganisation „Ældre Sagen“, um eine Versicherungslösung für alle Piloten zu finden.

Aussicht gebe es für eine Versicherung mit einem Beitrag in Höhe von 5.000 Kronen im Jahr, die über „Ældre Sagen“ läuft und für die Rikscha einschließlich aller Fahrerinnen und Fahrer gilt.

„Die Piloten müssen nicht Mitglied werden, aber registriert sein“, erwähnt John Thomsen.

Man hoffe, dass diese Versicherung unter Dach und Fach kommt und man die Kommune als Versicherungsnehmer gewinnen kann.

Bislang elf Piloten

Die Initiatoren liebäugeln damit, dass im kommenden Frühjahr alles geregelt ist und die Ausflugstouren mit bewegungseingeschränkten Fahrgästen losgehen können.

„Wir haben bislang elf freiwillige Fahrerinnen und Fahrer auf unserer Liste. Weitere können sich gern melden“, so Koordinator Thomsen, den man unter der Telefonnummer 60 80 59 16 erreichen kann.

John Thomsen ist Buchungskoordinator und Ansprechpartner für das Rikscha-Projekt. Foto: Karin Riggelsen

„Die Voraussetzung für das Fahren der Rikscha ist allerdings eine Einführung in die Technik des Rades. Man muss da doch einiges beachten und kennen“, erwähnt John Thomsen, der  Rainer Schneider und den anderen Piloten und Pilotinnen den Umgang nähergebracht hat.

Auch Agnes Schneider schwebt vor, sich zur Fahrerin ausbilden zu lassen. Sie werde sich ebenfalls mit dem Dreirad vertraut machen, so die 50-jährige Architektin.

„Das dauert nur etwa zwei Stunden, dann ist man mit dem Dreirad vertraut“, so Fahrlehrer und Prüfer Thomsen.

Wenn die Fahrgäste schmächtig sind, kann auch zu zweit in der Rikscha Platz genommen werden. Das zulässige Gesamtgewicht des Fahrrads beträgt 260 Kilogramm.

Rainer Schneider hat bereits Erfahrung als Rikscha-Pilot gemacht. Erste Passagierin war Ehefrau Agnes. Foto: Karin Riggelsen

Ob man als Pilot für jedermann und jedefrau in die Pedale tritt oder ausschließlich mit Angehörigen unterwegs sein möchte, sei jedem selbst überlassen.

Für Touren reservieren

Über ein Buchungssystem sollen die Räder mit entsprechenden Angaben reserviert werden können. Geplant ist laut John Thomsen, sich der Buchungsplattform „cykeludenalder“ anzuschließen. Über diese Plattform werde er die interne Vergabe weiter koordinieren.

„Praktisch wäre es, wenn die Piloten für eine bestimmte Gruppe zuständig sind. Das macht es organisatorisch leichter, und es kann ja auch sein, dass Fahrende und Mitfahrende sich gut verstehen und daher ein Dauergespann bilden wollen“, erwähnt John Thomsen.

Agnes und Rainer Schneider ist dabei der Sozialdienst Tingleff in den Sinn gekommen. Es wird sicherlich so manche Mitglieder geben, die Freude an so einer Spazierfahrt haben, mit der Gelegenheit, sich mit dem Fahrer oder der Fahrerin auszutauschen, so der Ansatz der beiden Rikscha-Freiwilligen.

Generell kann jeder oder jede um Ausflugstouren bitten.

„Wir hoffen, dass sich niemand zurückhält. Das Fahrrad ist ja da und soll auch gebraucht werden, und zudem freuen sich die freiwilligen Piloten schon darauf, Touren zu unternehmen“, betont der Koordinator.

Vielleicht bald zwei Fahrzeuge

Eine weitere Rikscha könnte bald dazukommen. Die Kommune habe dies zurückgemeldet. Man werde es aber nur in Betracht ziehen, „wenn das jetzige Fahrzeug auch angemessen benutzt wird“, beton John Thomsen.

John Thomsen weist Rikscha-Chauffeurin Agnes Schneider mit Fahrgast Rainer ein. Foto: Karin Riggelsen

Den Piloten und den Passagieren ist es selbst überlassen, wohin sie fahren und wie lange sie mit dem unterwegs sind.

„In der Regel sollten Touren aber nicht länger als 45 Minuten dauern, wenn nicht eine längere Pause mit Kaffeetrinken oder so eingelegt wird. Für Ältere wird es sonst zu strapaziös“, so Thomsen.

Eine Sache gelte es noch zu beachten: „Das Dreirad ist nicht für Einkaufstouren, Arztbesuche oder Ähnliches gedacht. Wir wollen es uns mit Taxiunternehmen oder anderen Transportbetrieben nicht verscherzen. Es geht einzig und allein um kommunikative Ausflüge ins Grüne.“

Zweckgebunden

Das Fahrzeug sei zudem Passagieren vorbehalten, die nicht selbst radeln können und in ihrer Bewegung eingeschränkt sind.

„Es ist nicht für Leute gedacht, die eine Spritztour unternehmen wollen, aber noch ganz mobil sind. Wenn ein Ehepaar das Dreirad beispielsweise zu einer Feier mitnehmen möchte, damit der Partnerin oder der Partner alkoholisiert sicher nach Hause gebracht werden kann, dann ist der Zweck des Projekts verfehlt. Dafür ist es nicht gedacht“, skizziert John Nielsen mit einem Lachen, wie die Rikscha nicht zu nutzen ist.

Die Tour von Rainer und Agnes Schneider nach Harrislee war als Testfahrt genehmigt.

„Von denen werden wir noch so einige machen, um alles für den offiziellen Beginn des Fahrdienstes zu optimieren“, ergänzt der Rikscha-Koordinator.

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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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